Datum: Wochentag, der 05.01.2015
Mittagsposition: 09°34,8′ N; 079°40,9′ W
Etmal: 66 sm
Wetter: Lufttemperatur: 27°C, Wassertemperatur: 27,5°C, Wind: NE 4
Autor: Lars
Die Gänge waren leer. Komplett! Es hingen keine Ölzeugjacken und Klettergurte mehr im Gang. Das Licht brannte in einem hellen weißen Schein, doch es gab keine Klamotten oder andere Sachen, die Schatten spenden konnten. Es herrschte Stille im Gang. Alle Kammern waren leer geräumt. In welche Kammer man auch schaute, man sah die weißen Böden der Fächer und alle Matratzen standen in den Betten. Es war ein unbehagliches Gefühl, diese Leere auf dem Schiff zu sehen. In den Kammern, in denen normalerweise Chaos herrscht, war nichts zu sehen. Nicht ein einziges Staubkorn lag mehr in den Fächern und kein Ton war zu hören, außer das Stampfen der Personen, die über Deck liefen…
Am Tag zuvor, den 05. Januar:
Als alle Schüler am Morgen geweckt wurden, lagen wir nicht mehr vor den San-Blas-Inseln. Der Stamm hatte über Nacht die „Thor Heyerdahl“ nach Portobelo verholt. Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es dann los. Wir sollten für die Landexkursion, die 17 Tage dauern sollte, packen. Doch was nimmt man mit, wenn man nur einen Tagesrucksack und einen Treckingrucksack zur Verfügung hat?
Wichtig war auch die Frage, was für Anziehsachen man im Regenwald oder im Hochland von Boquete benötigt. Doch zum Glück bekam jede Kammer eine Packliste, auf der alles stand, was wir mitnehmen sollten und durften. Diese Liste mag zwar „nur“ eine Richtlinie sein, doch mehr konnte man auch nicht mitnehmen, doch weniger wollte auch keiner einpacken.
Es erschien wie eine ganz normale Packliste zu sein, die jeder von zu Hause kennt, doch auf den zweiten Blick standen dort Sachen, die man zu Hause nicht unbedingt benötigt. Dies waren Dinge wie Micropur oder ein Spanisch-Wörterbuch, aber wenn man durch Panama reisen möchte, sind solche Dinge von großem Nutzen.
Die nächste Frage, die man sich gestellt hat, war: Wer darf zuerst packen? In meiner Zweierkammer war das kein allzu großes Problem, doch in den kleinen Viererkammern und den beiden Sechserkammer war das schon etwas komplizierter. Als sich dann schließlich alle geeinigt hatten, wer in welcher Reihenfolge packen darf, ging es auch schon los. Die Matratzen der Betten, unter denen die Seesäcke sind, wurden auf den Gang gestellt, um besser an die Seesäcke heran zu kommen. Dann fing das Suchen an. Wo in meinem großen Seesack ist meine Regenjacke? Wo sind meine Brausetabletten und das Micropur? Auf der Suche nach diesen Dingen stieß man auf sehr interessante Sachen, die man lange nicht mehr gesehen hatte oder gar nicht wusste, dass man sie dabei hat.
Bei einigen Jungs ist anscheinend der Rasierer im Seesack aufgetaucht, da deutlich mehr glatt rasierte Wangen an Bord herumliefen. Viele hatten sich seit zu Hause nicht mehr rasiert und hatten beschlossen den Rasierer, wenn man ihn schon gerade in der Hand hat, mal wieder anzuschalten. Bei anderen sind Sachen aufgetaucht, die sie ganz verzweifelt in letzter Zeit gesucht hatten. Anscheinend hatten sie die Sachen in die Unterkoje getan und es gleich darauf wieder verdrängt. Allerdings wurden auch Sachen gefunden, die man gar nicht vermisst hatte und überhaupt nicht wusste, dass sie mit an Bord sind.
Nachdem wahrscheinlich jeder zumindest eine witzige Begegnung mit seinem Seesack hatte, wurde weiter gepackt. Am späten Nachmittag waren viele dann fertig. Nicht nur mit dem Packen, sondern auch körperlich. In der Messe waren alle Tische voll mit Zeugs. Auf einem Tisch wurde das Taschengeld ausgegeben, auf einem anderen Tisch wurde das Bettzeug gesammelt, auf einem weiteren Tisch das Schulzeug, das man nicht mehr in die Unterkoje bekommen hatte… Der Gang war genauso voll. Einige Seesäcke standen noch im Weg, viele Matratzen standen noch da und viele hatten ihren fertig gepackten Trekkingrucksack mitten in den Gang gestellt. Nach und nach wurden dann allerdings die Rucksäcke auf die Ladeluke gebracht und die Seesäcke zurück in die Unterkojen, sodass die Matratzen auch verschwanden. Sobald die Gänge leer waren, wurde angefangen, den Gang zu wischen und die Kammern sauber zu machen.
P.S.: Lieber Kai, alles Liebe und Gute zum Geburtstag. Dein Bruder Lars