Datum: Montag, der 26.10.2015
Mittagsposition: Kiel
Etmal: 40 sm
Wetter: Lufttemperatur: 12° C, Wassertemperatur: 12°C, Wind: 3ESE
Autor: Leonhard
Nach dem Wecken um 6:30 Uhr sind wir endlich ausgelaufen. Zwar noch nicht richtig los, sondern nur zu einer Probefahrt auf die Ostsee, doch Spannung war natürlich, weil wir so lange in der Werft gelegen sind, auf jeden Fall gegeben. Das Ufer an sich vorbeiziehen zu sehen, den Fahrtwind zu fühlen und dann noch warme Sonnenstrahlen auf dem Gesicht zu spüren, gelungener kann ein Tag nicht sein.
Zur Fahrt gehört natürlich auch die Fahrwache. Die Mannschaft ist in vier Gruppen, die Wachen, unterteilt. Jede Wache fährt in der ihr zugeteilten Zeit das Schiff, passt darauf auf und hat zwei mal drei Stunden am Tag Dienst, so dass insgesamt der ganze Tag ausgefüllt ist. Leiter der Wache ist ein erfahrenes Stammmitglied, der Wachführer. Der Stellvertreter ist, ebenfalls vom Segelstamm, der sogenannte Copi.
Die Wache hat natürlich auch noch andere Aufgaben, zum einen die Sicherheitsronden zu gehen, das heißt, ein bis zwei Personen gehen durch das ganze Schiff und schauen, ob irgendwelche Gefahrenquellen, zum Beispiel ein loses Seil oder eine nicht angebundene Kiste vorhanden sind. Eine weitere Aufgabe der Fahrwache ist es, stündlich das Wetter und die Position festzuhalten. Beim Wetter muss man die Wasser- und Lufttemperatur, den Luftdruck, den Bewölkungsgrad, die Windrichtung und die Windstärke in das Wetterbuch eintragen. Die Position liest man am GPS-Gerät ab und zeichnet sie in die Seekarte ein, um beispielsweise bei eventuellem Ausfall des GPS-Gerätes einen Anhaltspunkt zu haben, wo sich das Schiff befindet. Dabei wird sehr sorgfältig mit Zirkel und Lineal gearbeitet.
Ein weiterer Aufgabenbereich ist der Ausguck, dabei steht jeweils eine Person auf der Backbord- beziehungsweise Steuerbordseite des Achterdecks und schaut, ob irgendwelche Hindernisse, etwa ein entgegenkommendes Schiff, existieren. Wenn der Ausguck ein solches sieht, muss er das dem Wachführer melden, damit dieser entsprechend reagieren kann.
Rudergänger zu sein, ist jedoch mit Abstand die allerbeste Tätigkeit während der Fahrwache. Man steht am Steuer des Schiffes und spürt richtig den Druck des Wassers auf das Ruder. Aufpassen ist jedoch jetzt oberstes Gebot, man trägt nun die riesige Verantwortung über 400 Tonnen sicher zu steuern und die Thor Heyerdahl fällt bei Unachtsamkeit schneller vom Kurs ab, als man schaut und dann fährt man irgendwohin, nur nicht dahin, wo man hin will.
Nachdem also alle zum ersten Mal die wunderbare Erfahrung gemacht hatten, die Thor mit eigenen Händen zu steuern, kehrten wir nach erfolgreicher Probefahrt, in der die überholte Maschine acht Stunden Dauerbetrieb unter strenger Beobachtung gemeistert hatte, glücklich nach Kiel zurück. Aber nicht etwa in die Werft, sondern an den Liegeplatz der Thor in die Schwentine, von wo aus wir morgen früh endlich aufbrechen werden!