Vom Ausschlafen und Auslaufen

schueler.janaDatum: Montag, der 02.11.2015
Mittagsposition: 48° 20,3′ N; 006° 25,1′ W
Etmal: 123 sm
Wetter: Lufttemperatur: 14° C, Wassertemperatur: 14°C, Wind: SSE2
Autorin: Jana

Was eins der schönsten Dinge ist, wenn man im Hafen oder vor Anker liegt? Man kann ausschlafen. So hieß es für mich heute erst um sechs Uhr aufstehen. Wahrscheinlich mag das für die meisten jetzt nicht wirklich nach Ausschlafen klingen – bis vor ungefähr einer Woche für mich auch nicht – aber, wenn man normalerweise mit einem „Guten Morgen Jana, es ist 4:30 Uhr und in einer halben Stunde hast du Wache“ geweckt wird, hört sich sechs Uhr doch gar nicht mehr so schlecht an.
So konnte ich dann um halb sieben gut gelaunt meine Hafenwache beginnen und den Sonnenaufgang über dem wunderschönen Falmouth genießen. Doch schon bald hieß es „an die Arbeit!“: Die ersten anderen wollten geweckt werden, denn Run and Dip stand heute früh auf dem Programm. Bei dieser KuS-Tradition wird erst eine Runde an Land gejoggt, in diesem Fall über saftig grüne Schafweiden (wie man später unschwer an den Schuhen erkennen konnte), um es danach gut erhitzt in den 14 Grad kalten Englischen Kanal zu schaffen. Damit die Morgensportler später nicht hungern mussten, wurde die Backschaft gleich mitgeweckt. Wieder andere wollten in Ruhe duschen oder lesen, also nach einer Viertelstunde wieder runter in den Kammerbereich und weitere „Guten Morgen!“ verteilen. Bei so vielen unterschiedlichen Zeiten kann man schon mal durcheinander kommen oder nicht? Naja, die, die noch in ihren Betten lagen und von mir fälschlicherweise schon um halb acht anstatt zur vollen Stunde geweckt wurden, sahen das anscheinend nicht so, als ich das zweite Mal in ihre Kammern platzte, nur um mitzuteilen, dass sie doch noch eine halbe Stunde weiterschlafen könnten. Zum Glück konnten die Gemüter mit ein paar Witzen und dem gemeinsamen Frühstück aller Wachen schnell wieder beruhigt werden.
Nach dem Essen war dann auch schon wieder Eile angesagt, da jeder noch einmal die Chance nutzen wollte, mit den von Schülern gefahrenen Dinghis nach Falmouth zu kommen. Dort angelangt, stürmten die meisten erst einmal zur Post. Im Gegensatz zum gestrigen Sonntag, konnte man dort heute nämlich sein Taschengeld in Pfund tauschen, die man ja für diverse Souvenirs, das Bunkern von Süßigkeiten und natürlich die obligatorischen Fish and Chips brauchte. Vor allem wegen des letzten Punktes, fiel für viele das Mittagessen auf der Thor eher mager aus.
Um 14 Uhr hieß es dann auch schon wieder „Goodbye Falmouth“, als wir nämlich mit einem All-Hands-Manöver von unserem Liegeplatz ablegten und uns daran machten, den Englischen Kanal zu durchqueren, um endlich auch den Atlantik unsicher machen zu können. Die Leinen mussten von der Mooringtonne gelöst, Strecktaue, die so genannten Leichenfängernetze gespannt und das Schiff natürlich sicher aus dem Hafen gesteuert werden. Viel zu tun, trotzdem nahm sich jeder noch einen kurzen Moment Zeit, um einen letzten Blick auf das wunderschöne englische Städtchen, unseren ersten Halt, zu werfen.
Auf dem offenen Gewässer angekommen, wurden wir von rauem Seegang begrüßt. Deshalb bekamen die, die schon vor England stark mit der Seekrankheit zu kämpfen hatten, Tropfen verabreicht, die das in den nächsten Tagen verhindern sollten. Trotzdem blieb die Messe – obwohl es den Russischen Zupfkuchen vom Sonntag gab – erstaunlich leer und viele Teller halb voll. So gut der Kuchen auch schmeckte, zweimal genießen (ihr wisst, was ich damit meine oder?) wollte ihn dann doch keiner.
Nach einer normalen Fahrwache bin ich – trotz des Ausschlafens – todmüde ins Bett gefallen und freue mich jetzt schon auf Teneriffa, wo es dann hoffentlich das nächste Mal erst um sechs Uhr „Guten Morgen Jana, du hast in einer halben Stunde Wache“ heißt.

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