Der totale Bewerbungsstress!

schueler.jonasDatum: Freitag, der 26.02.2016
Mittagsposition: 30° 57,4′ N; 075° 18,9′ W
Etmal: 133 sm
Wetter: Lufttemperatur: 15,5° C, Wassertemperatur: 21,5°C, Wind: WNW7
Autor: Jonas

„Das Projekt „Klassenzimmer unter Segeln“ auf dem Dreimast-Toppsegelschoner „Thor Heyerdahl“ sucht zum 28.02.2016 fachlich kompetentes Personal zur Überfahrt auf die Bermudas. […] Bitte reiche deine Bewerbung mit deiner gewünschten Position inklusive Qualifikationen und Motivation, bis Freitag, den 26.02.2016, 18°° Uhr im Salon ein.“
Mit diesem Schreiben hat das Übel und gleichzeitig eines der Highlights dieser Reise begonnen. Alle dachten nach und zerbrachen sich den Kopf, wie sie ihre Bewerbung kreativ gestalten könnten, oder erst einmal für welche Position sie sich überhaupt bewerben wollten. Sofort wurde auch eine Schülerversammlung organisiert, so dass abgesprochen werden konnte, wer welche Position übernimmt und, ob auch alle Positionen Bewerber haben. Die Zeit danach könnt ihr euch ein bisschen wie ein riesiges Wettrüsten vorstellen. Jeder sieht wie kreativ die anderen ihre Bewerbung gestalten, beschwert sich, dass er nicht so kreativ ist oder nicht so schön schreiben kann, keine Zeit hat und noch vieles mehr.
Die Bewerbungen von uns KUSis solltet ihr euch übrigens nicht wie ganz förmliche, gängige Bewerbungen vorstellen, sondern eher wie kunstvoll ausgearbeitete Objekte, beispielsweise ein funktionsfähiges Papiersegel, auf dem die Bewerbung steht, eine 1,5m  lange Schriftrolle oder ein Kuscheltier, das viele kleine Briefe in der Hand hält. Da jeder hier auf der Thor rund um die Uhr etwas zu tun hat und sich solche Dinge dadurch immer etwas aufschieben, kam kaum einer von uns auf die Idee, schon vor dem Abgabetag mit seiner Bewerbung zu beginnen. Dieser Abgabetag war heute!
Ich habe heute Backschaft, dadurch keine Zeit und war einer der Glücklichen, die ihre Bewerbung schon am Vortag beendet hatten. Trotzdem konnte ich immer gut beobachten, wie alle an ihren Bewerbungen arbeiteten, sei es in der Messe vertieft ins Verfassen der Texte oder an der Werkbank beim Basteln. Bis zum Mittagessen waren noch alle sehr entspannt und ohne Stress. Als sie dann jedoch bemerkten, dass es schon 13 Uhr war, morgen ein Geschichtstest anstand und sie ihre Bewerbung um 18 Uhr abgeben mussten, kam doch ein wenig Unruhe auf.
Ich glaube, dass jeder sich Mühe gegeben und eine gute Bewerbung abgegeben hat. Aber einige Bewerbungen stachen doch durch Kreativität und Umfang sehr heraus. Besonders auf die Kapitänsbewerbungen traf dies zu. Ich erinnere mich zum Beispiel an Lukas, der schon mehrere Tage zuvor in der Last stand und in eine ausgehöhlte Kürbisschale Sprüche brannte, obwohl dies nur die äußere Verpackung für seine tatsächliche Bewerbung war. Auch Uri saß bis zur letzten Minute an seiner langen Schriftrolle. Natürlich sollten die Bewerbungen auch in einem Zusammenhang mit der gewünschten Position stehen. Der Bootsmann verzierte seine Bewerbung mit komplizierten Knoten, die Proviantmeister gestalteten ihre Bewerbungen als Belegungsplan der Trockenlast und die Wachführer und Copis bauten die Thor mit einer Segelbewerbung nach. Um 17 Uhr brannten die Köpfe und alle gingen in den Endspurt. Um 17:55 Uhr schrieben die letzten ihre Zeilen fertig und eilten in den Salon, natürlich sehr darauf bedacht, dass ihre Bewerbungen nicht durch den Wind umknickten oder gar nass würden.
Am Ende schafften es alle, bis zur letzten Sekunde ihre Bewerbungen abzugeben. Dann spürte ich erst einmal, wie von allen die Last abfiel. Nur beim Stamm begann der Stress jetzt erst. Während die Schüler in der Messe saßen und sich das Abendessen schmecken ließen, lasen sie beziehungsweise packten sie unsere Bewerbungen aus. Am Abend fielen nahezu alle, auch wir als Backschaft, erschöpft und mit vielen Hoffnungen auf eine Zusage ins Bett.

Jonas

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