Datum: Mittwoch,23.03.2016
Mittagsposition: 38° 22,5′ N ; 028° 57,6′ W
Wetter: Lufttemperatur: 16,5°C, Wassertemperatur: 15,5°C, Windstärke: SW 2
Etmal: 117sm
Autorin: Karen
0430 „Guten Morgen, Karen. Es ist 0430. In einer halben Stunde hast du Wache. Draußen ist es relativ frisch, zieh dir also was an. Bist du wach?“ Ich werde von Karla geweckt. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sie zu Lea weitergeht, die mir gegenüber schläft. Ich schalte meine Kojenlampe an. Irrgh! Aufstehen, Karen!
0455 Ich übernehme als Wachprinzessin die Wache. Karla informiert mich über den genaueren Stand der Dinge. Segel, Kurs, Geschwindigkeit, Verschlusszustand usw. An Backbord sehen wir schon Fajal – hell erleuchtet. Land – ein komisches Gefühl wieder Land zu sehen. Ich klappe den Kragen meiner Öljacke hoch, es ist tatsächlich ziemlich frisch. Schnell verteile ich alle Aufgaben. Koko geht ans Ruder, Amelie und Sophie kommen in den Ausguck, Vinzent erstellt den Weckzettel.
0545 Gerade komme ich von meiner beendeten Sicherheitsronde wieder. Uri kommt auf mich zu: „Karen, was sagst du zum Großsegel? Gut oder nicht?“ Mein Blick wandert zum zwischen Gaffel und Baum eingeklemmten Segeltuch. Mmmh, ja. Nicht unbedingt schlecht, aber es sah schon mal schöner aus. „Naja,“, antworte ich „habe schon Besseres gesehen.“ Uri nickt. Vinzent hechtet an uns vorbei, er weckt die Backschaft. Lea kommt gerade von der Maschinenronde zurück. Uri befragt auch sie gleich. Zusammen kommen wir überein, das Groß soll neu gepackt werden. Ich schicke Nico, Koko, Vinzent und Uri ihren Gurt holen. Sie werden aufentern.
0600 Detlef kommt auf das Achterdeck. Die Maschine wird ausgestellt. Mittlerweile ist es hell geworden. Das Besansegel muss geborgen werden. Ich hole die Jungs wieder vom Groß runter. Ich brauche die Leute.
0630 Das Besan ist geborgen und festgesetzt. Ich gehe Veronika im PK wecken. Sie ist schon wach und unterhält sich leise mit Marta. Spaßeshalber wecke ich sie trotzdem. „Morgen, Vroni – “, Marta unterbricht mich breit grinsend: „Halt die Fresse und hau ab! Hahah! Nein, guten Morgen, Schatz.“ Ich grinse breit und verlasse das PK wieder.
0645 Detlef gibt das Kommando zum Ausbaumen. Ich schnappe mir meine Leute und gehe vor zum Schoner. Währendessen entern Nico, Vinzent, Uri und Koko auf den Besan auf und fangen an, ihn zu packen. Vom Deckshaus aus habe ich den besten Überblick und kann gut anleiten. Bis aufs Schanzkleid muss der Schoner raus. „Fier auf Kraft den Backbordbullen, fier auf die Schot und hol durch den Bullen an Steuerbord.“ Das Manöver läuft gut und problemlos ab. Geschafft! Weiter geht’s mit der Baumfock. Hier mache ich ein stilles Manöver, damit das PK weiterschlafen kann. Lea und Fidi gebe ich das Zeichen zum Durchholen, Amelie das zum Auffieren. Perfekt. Noch schnell fest und belegen, Klardeck und dann geht’s auch schon wieder aufs Achterdeck.
0700 Ich schicke Vinzent Wache 4 wecken. Marta und Veronika sind mittlerweile auch am Achterdeck und albern mit Sonja am Ruder herum. Lea lasse ich Sonja ablösen und hole mir einen Kaffee. Sophie kramt die portugiesische Flagge und die der Azoren heraus. Im Ausguck unterhalte ich mich kurz mit Marta.
0710 Die Sicherheitsnetze sollen runter. Fidi und Sonja erledigen das an Steuerbord, Marta, Veronika, Sophie und ich an Backbord. Wieder zurück am Achterdeck zeigt André den Jungs gerade noch ein paar Verbesserungsvorschläge, aber das Besan sieht sehr gut aus.
Mein Kaffee ist mittlerweile kalt. Mist!
0730 Ich gehe die Hälfte der Wachen 1 und 2 wecken, die in der Nacht keine Wache gegangen sind, um am Morgen Segel zu packen. In der Messe herrscht fröhliches Gebrabbel. Alle sind aufgeregt. Bald laufen wir ein.
0740 Oben bei der Wache ist wieder Ruhe eingekehrt. Alle haben etwas zu tun und sind eingebunden. Die vier Jungs sind mittlerweile schon auf dem Groß und packen dieses neu.
0750 Wache 4 und noch einige andere Stammleute trudeln langsam am Achterdeck ein. Die Luft schwirrt voller Stimmen. Gespannt starren alle auf Faial. Die Spannung und Vorfreude ist förmlich zu greifen, alle sind gut drauf und spaßen herum.
0755 Wachübergabe. Das letzte Mal für diese Etappe begrüße ich die Wache mit den Worten: „Guten Morgen, liebe Wache 4.“ und scherze mit ihr herum, während ich die Wache übergebe.
0810 Endlich Frühstück. Wir stillen unsere hungrigen Mägen mit Obstsalat und dem üblichen Thorfrühstücksangebot. Die Maschine wird wieder angestellt. Ein erleichtertes Seufzen geht durch meine Wache. Puh! Glück gehabt! Wir müssen keine Maschinenronden mehr gehen.
0830 Ich versuche Briefe zu schreiben, aber irgendwie finde ich keine Ruhe dazu.
0900 Signal K. Alle eilen aufs Hauptdeck. Ich stehe mit meiner Kamera bei meiner Wache. Sonja meldet uns als vollzählig. Es geht es los!
1000 Endlich angelegt! Alles ist gut verlaufen. Wir liegen sicher hinter der Regina Maris. Das war knapp! Nach vorn und achtern ist nicht mehr viel Luft zu den angrenzenden Schiffen. Die Hafeneinfahrt bildet außerdem ein gefährliches S. Für den Rudergänger eine schweißtreibende Angelegenheit. Und auch das Anlegemanöver hatte es in sich, da die Leinen unter extremer Spannung stehen. Ich starre auf die vollbemalte Pier. Und dann betrete ich das erste Mal nach knapp vier Monaten wieder europäischen Boden.
P.S.: Lieber Papi, alles Liebe zum Geburtstag. Ich hab dich lieb! Mein kleines Geburtstagsgeschenk aus der Ferne: Ich war bei der Lapskaus-Backschaft dabei und habe es sogar gegessen! Hihi!
Dein Kätzchen