Datum: Donnerstag, der 31.03.2016
Mittagsposition: 38° 40,6′ N; 028° 33,7′ W
Etmal: 60 sm
Wetter: Lufttemperatur: 15° C, Wassertemperatur: 15,5°C, Wind: SW 6-7
Autor: Vinzent
Nach neun Tagen auf den Azoren ließ sich das Gefühl, welches unter uns Schülern vorherrschend war, mit dem eines Zehntklässlers, der in die Oberstufe vorrückt, wohl am besten vergleichen. Denn unser Landaufenthalt war, ähnlich wie die Sommerferien eines Schülers, mit wenigen Programmpunkten gefüllt und vor allem vom vielen Herumhängen und spät ins Bett gehen geprägt. Am heutigen Tag änderten sich für uns die Zustände fast genauso abrupt, zu den gewohnten Pflichten, wie für Schüler zuhause, die aus den Sommerferien zurück in den Schulalltag kehren. Auch wenn der Segelbetrieb wenig mit dem Unterricht daheim gemeinsam hat, war bei uns allen die Erwartungshaltung in Bezug auf die letzte Etappe zu spüren, als säßen wir in unserer ersten Jahresstunde in einem neuen Klassenzimmer. Während wir die Leinen aufkürzten, die Gangway abbauten und Sonja verabschiedeten, da sie heute nach Deutschland zurückflog, redeten wir hingegen nicht über das Erlebte in den ‚Ferien‘, sondern sprachen über unsere Pläne und Vorhaben nach der Reise. Diese beinhalteten interessanterweise viel Gesprächsstoff über Essen. Wer wo was essen geht, musste mit der gesamten Wache geteilt werden, obwohl wir gerade von der Pier ablegten und somit Horta verließen.
Mit dem Setzen der Segel war der Einstieg in die neue Etappe dann final besiegelt, der letzte Reiseabschnitt hatte begonnen, wir brachen auf in Richtung Deutschland. Selbst beim Mittagessen ließen sich wieder Parallelen zum Schulbeginn ziehen. Statt des ersten Döners gab es zwar Burger, aber Fastfood ist nun mal Fastfood, ob auf dem Nordatlantik und von einer ambitionierten Backschaft vorbereitet oder vor einem Schulhaus in einer kleinen Dönerbude. ‚Die ‚Schulklasse‘ spaltete sich nun in Wache, Backschaft und Schläfer. Letztere hatten jedoch wenig mit Terrorismus, sondern mehr mit der verzweifelten Suche nach Schlaf, als Mittel gegen Seekrankheit und Müdigkeit in der Nachtwache. Wie zu jedem Etappenbeginn wurde im Laufe des Tages ein jeder an Bord einmal zu einem der gerade erwähnten Schläfer. Dabei blieb einem gar keine andere Möglichkeit, außer des seeligen Ruhens, denn selbst jenen, die mit Motivation und nahezu hyperaktiv in den Tag gestartet waren, blieb irgendwann kaum anderes übrig, als ihre Koje aufzusuchen, wenn auch aus Langeweile, da sich ja alle anderen schon in der Horizontalen befanden.
Am Anfang unserer Reise wurde noch versucht, dieses Phänomen aufzuhalten und mit Brettspielen dagegen anzukämpfen, aber gerade zum Ende der Reise ging man dem Schlaf des Gerechten immer mehr nach, wobei es durchaus gerecht erscheint, nach dem Mittagessen zu schlafen, wenn es täglich heißt, um zwei Uhr morgens zur Fahrwache aufzustehen. Der einzige Grund sich zu erheben, bestand in der Botschaft der Essensglocke, die einen nachmittags zu Erdbeeren mit Vanilleeis oder zum Abendessen rief. Nach Letzterem war der Tag gelaufen, da der nächste feste Termin erst die Nachtwache war, zu der aber noch mindestens drei Stunden überbrückt werden mussten.
Nach außen wirkt die Veränderung von Landaufenthalt zu Schiffsbetrieb vielleicht nicht gravierend, aber diese beiden Dinge sind durchaus mit Ferien, beziehungsweise Schulalltag zu vergleichen. Zwar verbringen wir am Anfang der Etappe tatsächlich sehr viel Zeit mit Schlafen, später wird unsere Freizeit jedoch für lange Kammergespräche oder ewige Diskussionen über Essen genutzt. Gerade diese letzte Etappe mit der Schiffsübergabe, dem wahrscheinlichen Stopp in Falmouth und den Vorbereitungen für Zuhause, wird uns nochmal vor Augen führen, wie schnell ein Tag in einer noch viel schneller vorbeiziehenden Woche vergehen kann. Dennoch glaube ich, werden wir die Reise langsam ausklingen lassen und uns nicht allzu schnell zurück nach Hause sehnen.