Tradition gegen Moderne – Kusis beim Kampf mit dem Wetter

Schülerin TeresaDatum: Mitwoch, der 21.12.2016
Mittagsposition: 12° 31,1′ N; 066° 55,9′ W
Etmal: 134 sm
Wetter: Lufttemperatur: 28,5° C, Wassertemperatur: 28°C, Wind: E3-4
AutorIn: Laura

Ein guter Navigator war früher in der Berufsschifffahrt sehr gefragt. Heute reicht ein Blick auf das GPS, um die Position bestimmen zu können. Doch was genau passiert, wenn die moderne Technik mal versagt? In Panik geraten, nein … nicht der Kusi von heute.

Es gibt da nämlich etwas, das man an Bord auch als Wahlpflichtfach belegen kann: Astronomische Navigation. Abgekürzt: AstroNavi.

Was genau passiert denn dabei? Ihr denkt jetzt vielleicht an eine Sonnenuhr oder ähnliches, aber wir haben etwas viel Besseres: Wir haben drei Sextanten und …Trommelwirbel… die nautischen Schalttafeln. Damit können wir die Sonne und andere Gestirne schießen, was genau das ist, erkläre ich euch später. Während der Atlantiküberquerung gab es AstroNavi1, mittlerweile sind wir bei AstroNavi2. Jetzt geht es nicht mehr nur darum, die Sonne zu schießen, sondern einen Stern.

Die beste Zeit dafür sind die Morgen- und die Abenddämmerung, denn in diesen 15 Minuten erkennt man sowohl die ersten Sterne (mithilfe eines Fernglases) als auch den Horizont.

Doch was genau meint man jetzt mit „Sterne schießen“?

Beim Schießen eines Gestirns geht es darum, einen Stern eindeutig zu fixieren und auf den Horizont „runter zu ziehen“. Wir Sterneschießer entnehmen den bereits erwähnten nautischen Schalttafeln vorab bestimmte Orientierungswerte (wie die Höhe, in der der Stern zu finden ist und die Himmelsrichtung) und stellen diese dann an unseren Sextanten ein. Zur Voreinstellung am Sextanten werden zwei Rädchen verwendet. Zusätzlich befinden sich am Gestell des Sextanten noch zwei Spiegel und ein „Fernglas“.

Hat man den Stern dann gefunden (man sieht ihn also durch das Fernglas am Sextanten), ruft man „Achtung“ und zieht ihn mithilfe der zwei Spiegel auf den Horizont hinunter. Einer der beiden Spiegel bleibt dabei auf den Stern gerichtet. Währenddessen dreht man das Rad, mit dem man auch die Höhe eingestellt hatte, und zieht den Stern dadurch in Richtung der Horizontlinie. Liegt der untere Rand des Sterns dann exakt auf dem Horizont, dann ruft man „Null“.

Wofür diese beiden Rufe?

Das erklärt sich einfach: Es gibt nämlich zwei weitere Leute, die nur dafür da sind, die genaue Uhrzeit (also mit Sekunden!) ab dem Ruf „Achtung“ abzulesen und die Zeit bis „Null“ stoppen. Diese Zeit wird später zur Ausrechnung der Position benutzt. Wie genau das dann funktioniert, würde diesen Blog jedoch überschreiten.

Soviel zur Theorie. Will man das ganze jedoch in der Praxis ausprobieren, spielen neben einem genauen Zeitplan noch viele weitere Faktoren eine Rolle. Vor allem das Wetter ist wichtig. Ein mit Wolken verhangener Himmel bringt einem Sternschießer genauso viel, wie einem Segler ein Segelschiff ohne Segel.
Seit ein paar Tagen türmen sich nun aber jeden Tag aufs Neue graue Wolken am Himmel, die es leider unmöglich machen, Sterne zu schießen. Man kann also jeden Abend die Schüler, inklusive Detlef, aus AstroNavi auf dem Achterdeck beobachten, wie sie mit Sextanten, Ferngläsern und „Nautische Tafeln“ bewaffnet in alle Himmelrichtungen blicken und verzweifelt von einer Seite des Achterschiffs zur anderen rennen, in der Hoffnung vielleicht doch noch einen Stern zwischen zwei Wolken aufblitzen zu sehen.

Auch für die nächste Schiffsübergabe, in der nur astronomisch navigiert wird, ist es für uns wichtig, das „Schießen“ zu üben. Durch die „Astronomischen Feiertage“ (so nennt man die Tage, in denen man aufgrund des Wetters keine Sonne oder Sterne schießen kann) wird uns zudem bewusst, wie viel die moderne Technik namens GPS eigentlich wert ist. Wünscht uns also viel Glück für die nächsten Tage und pustet die Wolken weg.

Mit lieben Grüßen an zu Hause, eure Laura.

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