Datum: Freitag, der 23.03.18
Position: 38°32,0 `N; 028°37,5 `W, Hafen von Horta, Azoren
Etmal: 0 sm
Wetter: Lufttemperatur 18°C
Name: Kira
Essen ist ein schwieriges Thema. Wie alle anderen schwierigen Themen beschert es uns daher viel Raum für Diskussionen und Meinungsaustausch zum eigenen, ganz individuellen Geschmack.
Wenn viele Menschen wortwörtlich in demselben Boot sitzen, ist es nicht immer einfach aus demselben Topf zu essen. Hier werde ich euch Leser/innen ein paar Themen rund ums Essen vorstellen, die hier an Bord immer wieder für hitzige Diskussionen sorgen.
Ein sehr häufiges Essens-Thema dreht sich um den ethischen Konflikt zwischen Vegetariern, oft auch liebevoll “Veggies” genannt und den “Normalen”, alternativ auch als “Fleisch(fr)esser” bezeichnet. Im Laufe der Reise hat es sich so ergeben, dass einige ihren Fleischkonsum stark eingeschränkt haben, oder sich mal für eine Etappe als Vegetarier versuchten, andere anfängliche Veggies essen inzwischen wieder Fleisch oder machen hier und da eine Ausnahme.
Andere Fragen vor allem in der Kombüse sind: ”Wie viel Salz ist genug?” (Hier kann es Vera nie salzig genug sein), “Sollen die Zwiebeln am Anfang oder erst später in den Bräter” (Hier sind die Meinungen stark geteilt), oder “Ist das zu scharf?” (Auf die letzte Frage ist Tillys Antwort IMMER Ja). Auch wenn unterschiedlich gewürztes Essen unsere Besatzung spalten kann wie kaum etwas anderes, sind wir uns doch in vier Dingen einig:
- Wenn Tobi oder Luca in der Kombüse stehen, schmeckt es immer gut.
- Der Plastikkäse aus Mexiko ist echt alles andere als schmackhaft, auf der Spinatlasagne kann man ihn aber essen.
- Couscous können wir nicht mehr sehen, außer in Gemüsebrühe auf dem Teide.
- Frisch schmeckt besser als Alt – und das gilt nicht nur für das Thorbrot.
Die Grundlage der Verpflegung ist der Proviantbereich. In eben diesem gibt es unterschiedlich beliebte Aufgaben und die Proviantkette – einmal quer über das Hauptdeck, den Deckshausniedergang hinunter, durch den Flur in die Last – gehört ganz bestimmt nicht zu den Unbeliebtesten.
Proviantketten gibt es immer wenn frischer Proviant an der Pier ankommt und von dort möglichst schnell weg muss. Am Anfang der “Zeremonie” läuft ein/e Schüler/in über das Schiff und beweist Marktschreierqualitäten, indem sie/er alle mit den Worten: “Proviantkette auf dem Hauptdeck” zusammentrommelt. Sofort wird alles stehen und liegen gelassen, denn in der Schiffshirachie kommt diese Aktivität direkt nach Segelmanövern und Brotbackschaft an dritter Stelle. Zudem ist es auch sehr informativ, den Proviant gleich zu Anfang in den Händen zu halten, um diesen kritisch zu bewerten und mit seinen Kettennachbar/innen darüber zu debatieren. In der Regel beweisen unsere Proviantmeisterinnen Caro und Karina bei der Proviantierung ein sehr gutes Händchen und so hört man bei der Proviantkette meist lautstarkes Gejubel über den Inhalt der Kisten und Boxen.
Genau dieses Phänomen konnten wir auch wieder bei der Proviantierung hier auf den Azoren beobachten. Tobi ruft die magischen vier Wörter und in weniger als einer Minute stehen 15 Helfer an der Pier, um eine Kette in die Last für den Proviant zu bilden. Kaum zehn Minuten später, sind im ehemals voll gefüllten Auto keine Spuren mehr von Essbarem zu sehen. Und belohnt wurde unsere Arbeit auch, denn Detlef, Caro und Tobi haben den Plastikkäse aus Mexico durch sehr schmackhaften Azorenkäse ersetzt.
Dieser Text sollte einen kleinen Einblick in eines der wichtigsten Themen hier an Bord geben, denn unser Alltag dreht sich einfach sehr stark ums Essen. So ist die häufigste Frage, die die Backschaft fast im Minutentakt zu hören bekommt: “Was gibt es heute zu essen?” und je nachdem wie die Antwort ausfällt, hebt oder senkt sich die Stimmung.