Datum: 20.10.2018
Ort: Falmouth (England)
Autor: Ben Ra.
Langsam läuft das Schiff nach Falmouth ein. Signal „K“ („all hands on deck“) wurde schon gegeben, sodass die ganze Besatzung in Ölzeug an Deck steht und die Küste von Cornwall im Morgenlicht bewundert.
Vor sechs Tagen hat die „Thor Heyerdahl“ ihren Heimathafen Kiel verlassen und erreicht nun ihren ersten Stopp. In dieser Zeit hat die Besatzung den NOK und die Nordsee durchquert, die Seekrankheit überwunden, in den Nachtwachen die eine oder andere Sternschnuppe beobachtet und im nautischem Unterricht erste Grundlagen der Seefahrt kennengelernt. Mittlerweile wissen alle, was „fieren“ (den Tampen auf Kraft locker lassen) und „durchholen“ (am Tampen ziehen) bedeutet, was die „Gaffel“ und der „Baum“ sind (zwei Holzbalken, die unsere Gaffelsegel halten, der Baum unten, die Gaffel oben) und das mit den Bullen keine Tiere gemeint sind, sondern Tampen, die den Baum an seiner Position halten. Und für alle, die nicht wissen was ein Tampen ist: An Bord gibt es keine Seile zum bedienen der Segel, sondern nur Tampen.
Während die Thor nun den alten Leuchtturm an der Einfahrt in den Hafen passiert, werden die letzten gesetzten Segel geborgen, das Rescue-Boot zum Festmachen ausgesetzt und auf der Back die Leinen für die Ankerbojen klar gelegt. Mittlerweile ist die Sonne über dem Horizont aufgegangen und beleuchtet die Bucht, an der Falmouth liegt. Rundherum tauchen die klassischen grünen Hügel Englands auf, die an der Küste steil zum Meer hin abfallen. Nachdem an den Mooringtonnen in der Bucht fest gemacht ist, findet das Frühstück statt. Darauf folgt das Großreinschiff auf allen Stationen, das immer vor dem ersten Landgang stattfindet.
Da auf der „Thor Heyerdahl“ fünfzig Menschen auf engstem Raum leben, ist sehr es wichtig, das Schiff sauber und in einem gutem Zustand zu halten. Um diese Aufgabe zu bewerkstelligen, wird jeden Tag eine Stunde lang geputzt. Doch da diese Stunde auf Dauer nicht ausreicht, muss samstags Großreinschiff durchgeführt werden. Dabei wird nicht nur auf den normalen Stationen gründlicher geputzt, sondern auch die Schülerkammern sowie die Kammern des Stamms. Am Ende dieser Aktion nimmt der Schiffsrat, bestehend aus Schülern, Lehrern, Stamm und Schiffsführung, das Schiff ab und sagt an, wo noch besser geputzt werden muss. Dieses Großreinschiff findet genauso auch vor dem ersten Landgang statt.
Nachdem auch diese Aufgabe beendet war, wurde der erste Landgang für diese Reise gegeben. Während die ersten, bewaffnet mit englischen Pfund und ihren Handys, schon an Land gefahren wurden, absolvierten andere die Prüfung zum Dinghiführerschein.
Während ihrer Reise läuft die „Thor Heyerdahl“ verschiedene Häfen an, bei denen nicht direkt an einer Mole oder Pier angelegt werden kann. Um in solchen Fällen eine Landverbindung herzustellen, wird mit den Borddingihs ein Shuttleservice eingerichtet. Dieser wird auch durch Schüler gefahren, da sonst ein reibungsloser Ablauf kaum möglich wäre. Daher besteht auf der Thor die Möglichkeit, sich durch einen Dinghiführerschein dafür zu qualifizieren, selbst ein Dinghi fahren zu dürfen.
Nachdem ausreichend Personen ihren Führerschein für das Dinghi erworben hatten, so dass nun alle, die wollten, nach Falmouth übergesetzt werden konnten, um dort ihren Landgang genießen zu können, begann der Landgang. Falmouth an sich zieht sich entlang einer Bucht auf einer Hügelkette. Da hier noch viele ältere Häuser stehen, teilweise im englischen Stil aus Naturstein, teilweise kolonialistisch angehaucht, erweckt die ganze Stadt den Flair einer Piratenstadt. Verstärkt wird dieser durch einen bunten Mix an Einwohnern mit vielen jungen Leuten, die der Stadt Leben und Attraktivität verleihen.
Langsam verschwindet die Sonne hinter den Hügeln Cornwalls und Falmouth funkelt. Während die Flaggen an Bord der Thor Heyerdahl eingeholt werden, kommen die Letzten mit dem Dinghi zurück. Das Schiff bleibt noch bis Montag hier und läuft dann aus, um das Etappenziel Santa Cruz de Tenerife zu erreichen.