Datum: 16.02.2019
Mittagsposition: Marina Hemingway, Havanna
Wetter: Lufttemperatur: 26 °C, Wassertemperatur: 26,5 °C, Wind: ENE2
Autor: Jens Ove
„Eine Reise beginnt nicht erst mit dem Aufbruch, sondern bereits in dem Moment, in dem wir an sie denken.“ Dieses Zitat stammt aus einem selbstgeschriebenen Text, den Martin uns heute beim Besanschotan vorlas.
Ich möchte dieses Zitat nicht auf unsere gesamte Reise beziehen, sondern nur auf die neue Seeetappe bis zu den Bermudas. Für uns Schüler begann die Etappe nämlich nicht erst beim Auslaufen mit Signal „K“. Sie begann am 14. Februar, als wir zur Thor zurückkehrten und wieder in unser Zuhause auf See einzogen. Begonnen haben die Gedanken an die Thor, die endlose Weite des Ozeans und unseren Stamm bereits während unserer Zeit auf Kuba. Die Thor war allzeit ein Gesprächsthema und die Vorfreude auf den Wiedereinzug und unser gewohntes Umfeld waren stets präsent.
Doch dann mussten wir „unsere“ Thor zunächst noch mit den kubanischen Schülern teilen, die am Nachmittag zu Besuch an Bord kamen, um auch unser Zuhause kennenzulernen. Doch wegen der kubanischen Ausreisegesetze konnten die Schüler nur für zwei Stunden bei uns bleiben, denn für diese Zeit hatten sie eine Erlaubnis, das kubanische Staatsgebiet zu verlassen, um das deutsche „Territorium“ der Thor Heyerdahl zu betreten. Es war ein kurzer und schöner Austausch und als die Kubaner „unsere“ Thor dann wieder verließen und wir nur noch unter uns waren, zogen wir alle in unsere Kammern und genossen diese besondere Atmosphäre, die es nur auf der Thor gibt. Müde, erschöpft, aber überglücklich und zufrieden fielen wir an diesem Abend in unsere Kojen.
Am kommenden Tag standen viele verschiedene Arbeiten an Bord an, um unser Schiff für den Nordatlantik seefest und bereit zu machen. Zum Beispiel waren Laurent, David, Anna K, Friedrich, Denis und Clara damit beschäftigt, die Breitfock zu reffen. Was Reffen ist? – Beim Reffen wird durch das Falten und durch das Fixieren des Segels mit den Reffbändseln die Fläche des Segels verringert. Dies ist nötig, wenn der Wind zu stark für die gesamte Segelfläche ist, oder das kleinere Segel flexibler und einfacher zu handeln ist. Zu starker Wind und viel Arbeit mit den Segeln werden uns auf unserem Rückweg auf dem Nordatlantik begegnen und die raue See wird uns und das Schiff an unsere Belastungsgrenzen bringen. Darauf bereiteten wir uns schon jetzt vor.
Außerdem wurde fleißig Messing poliert, Blogs geschrieben, Handläufe gestrichen und der Rumpf der Thor von Algen und Muscheln befreit. Nach erledigter Arbeit schauten alle KUSis am Abend gemeinsam einen Film über die Kubakrise („13 Days“) auf dem Hauptdeck und wurden zuvor in einem Vortrag von Ben Ra. über den geschichtlichen Kontext informiert. Am Nachmittag hatte schon Simon ein Referat über die weltweite Verbreitung der spanischen Sprache gehalten.
Schließlich war er dann endlich gekommen. Der Tag des Auslaufens. Doch zunächst mussten wir die Thor noch einmal ordentlich putzen, bevor es wirklich losgehen konnte. Nach dem Großreinschiff am Morgen hieß es endlich von Johannes: „Vorne und achtern klar zum Auslaufen“. Allerdings beschränkte sich die Fahrt auf eine knappe Viertel-Meile, denn wir verholten nur vom Liegeplatz an die Pier, an der wir und das Schiff noch einmal vom Zoll geprüft wurden – eine letzte Begegnung mit den omnipräsenten kubanischen Behörden. Nachmittags ging es dann wirklich los.
Bei strahlendem Sonnenschein verließen wir Havanna und nahmen Kurs auf Bermuda. Es war eine besondere und sehr ausgelassene Stimmung an Bord und alle freuten sich auf die kommende Seeetappe. Schon nach wenigen Minuten begann der neue, alte Alltag auf der Thor: Neuer Alltag, weil wir in neuen Wachen fahren und in neuen Kammern wohnen – und alter Alltag, weil es der gleiche Alltag ist, den wir seit Teneriffa an Bord gewohnt sind.
Morgen, am 18. Februar, beginnt für die Hälfte von uns wieder der Unterricht und die andere Hälfte fährt zuverlässig und routiniert das Schiff. Ja, wir sind mittlerweile routinierte Segler und die Abläufe auf der Thor sind in allen Köpfen. Wir brauchen, trotz drei Wochen ohne Segel, Ruder und Meer, kaum Eingewöhnungsphase und das ist gut so. Denn die zehn Tage bis zu den Bermudas sind gefüllt mit Unterricht, Praktika, Workshops und der zweiten Schiffsübergabe.
Es wird eine intensive und spannende Etappe!
Um meinen Blog mit dem letzten Satz des Textes von Martin zu schließen: „Das ist ein Grund, warum wir immer und immer wieder segeln gehen.“ Das Gefühl an Bord, der Geruch der See und der Wind in unserem Haar macht uns KUSis einfach endlos glücklich. Auf nach Bermuda!