Die „Thor Heyerdahl“ befindet sich um 18.00 Uhr Bordzeit (24.00 Uhr deutscher Zeit) auf Position 27° 3‘N, 078° 48’W. Wir segeln unter Vollzeug bei Südwind mit 3-4 Beaufort einen Kurs von 65° und 4 Knoten. Die See ist sehr ruhig, so dass alle das schöne Sonnenwetter genießen können. Dementsprechend sind alle an Bord bester Stimmung, und wir haben heute Kais 33. Geburtstag gefeiert.
Seit dem letzten Logbuch vom 24.1. ist eine Menge passiert. Die Schüler waren vom 26. Januar bis 14. Februar in Kuba unterwegs. Währenddessen war die Thor Heyerdahl mit der Stammcrew (Segelstamm) in Mexiko bei der Isla Mujeres. Schiff und Schüler trafen sich am 14. 2. wieder in der Marina Hemingway bei Havanna. Von dort liefen wir vorgestern, am 16. Februar, aus, passierten die Floridastraße mit ihrem starken nordsetzenden Strom und befinden uns nun seit heute Morgen auf einem ENE-Kurs nördlich der Bahamas.
Intensive und erlebnisreiche Erfahrungen sammelte die Schülergruppe während ihrer Zeit in Kuba. Das im letzten Logbuch angekündigte Programm wurde in Begleitung der beiden Lehrkräfte Mirte und Kai, der kubanischen Reisebegleitung Lala und dem Busfahrer Isbel wie geplant umgesetzt.
Mit einer großen Portion Glück und viel guter Stimmung startete die Radtour in Maria la Gorda. Der Sturm, der Ende Januar über die westlichen Provinzen Kubas und insbesondere Havanna hinwegzog, traf uns in der Nacht und nicht auf dem Sattel. Einzige Nebenwirkung des Sturms für uns war ein längerer Stromausfall, der uns ein ungewolltes Candle-Light-Dinner bei sintflutartigen Regenfällen in der Unterkunft in Sandino bescherte.
Von unseren kubanischen Partnern als schnellste KUS-Gruppe aller Zeiten gelobt, erkundeten wir auf dem Zweirad auch das Vinales-Tal. Hier erlebten wir mit Rauch und ohrenbetäubendem Lärm einen Meteoriten, der über dem Vinales-Tal niederging und dessen Überbleibsel auch in der Nähe unserer Unterkunft einschlugen und von uns bestaunt werden konnten.
Den Schülern boten sich zahlreiche Möglichkeiten, in Kontakt mit den Kubanern und dem kubanischen Leben zu kommen: Gerade in der Friedrich-Engels-Schule, aber auch als Tagesprojektleitungen und auf den Kleingruppenexkursionen kamen die Schüler mit den Einheimischen ins Gespräch und konnten sich ein Bild des Lebens auf Kuba machen. Wir betraten das Schiff mit vielen einmaligen Erkenntnissen und Einblicken: Sozialismus, Gleichheit und Ungleichheit, kubanische Lebensfreude, der kreative Umgang mit dem Mangel, Heldenverehrung und klassische Alltagssituationen. Auch wenn einige von uns noch gerne zwei weitere Wochen das Land erkundet hätten, freuten sich die meisten auf den Abschied von Reis und Bohnen und genossen die erste Portion Nudeln (al dente!) mit Pesto an Bord.
Der Werftaufenthalt der Thor Heyerdahl in Isla Mujeres / Mexiko begann mit einem Paukenschlag. Direkt nach Ankunft erwartete uns eine heftige Front mit einem Windwechsel von 180° und Windböen bis zu schwerer Sturmstärke. Das Abwettern dieser Front vor Anker forderte der Crew über viele Stunden hinweg alles ab. Im Verlauf des Abends beherbergten wir auch noch 30 Mexikanerinnen und Mexikaner an Bord der Thor Heyerdahl, die Probleme mit ihrem kleinen offenen Ausflugsboot gehabt hatten und sich vor dem Sturm, den 1,5m hohen Wellen und dem Starkregen an Bord der Thor geflüchtet hatten. Nachdem wir die zwei folgenden Tage damit verbracht hatten, in Mexiko einzuklarieren und sowie einen Liegeplatz an der Pier zu beantragen, zugesprochen zu bekommen und dorthin zu verholen, konnte der eigentliche Werftbetrieb dann endlich beginnen. Es wurden viele Hölzer an Bord überholt und neu lackiert, Rost geklopft und der Stahl an diesen Stellen neu beschichtet, technische Anlagen gewartet und eine Vielzahl von kleineren Reparaturen ausgeführt. Es blieb aber auch etwas Zeit für die dringende notwendige Erholung der Stammpersonen und – inspiriert durch das Ferien-Ambiente der Isla Mujeres – ließen wir es uns auch gutgehen. Schon am 12. Februar erreichten wir aufgrund günstiger Winde die Marina Hemingway westlich von Havanna und konnten bei besten Wetterbedingungen dort einlaufen.
Am 14. Februar kamen planmäßig auch die Schüler und begleitenden Lehrkräfte von der Landexkursion wieder an Bord. Nach der herzlichen Begrüßung an Bord und einem leckeren Mittagessen stand am Nachmittag der Besuch einer Delegation der Gastschule an: die KUS-Schüler zeigten den kubanischen Schülern ihr Zuhause und führten sie über das Schiff. Was andernorts eine Kleinigkeit wäre, bedeutet für die Kubaner einen „Besuch im nichtsozialistischen Ausland“ und ist mit einem dementsprechend hohen bürokratischen Aufwand verbunden.
Noch eineinhalb weitere Tage in der Marina waren gut gefüllt – mit Schiffsarbeiten, Simons Referat über die Weltsprache Spanisch, Ben Ra.s Vortrag über die Kubakrise gefolgt vom passenden Film (13 Days), einem ausführlichen Reinschiff und Seeklarmachen sowie dem bereits erwähnten bürokratischen Aufwand bei der Ausklarierung. Dann konnten wir Samstag (16.2.) nachmittags wie geplant auslaufen.
Die idealen Segelbedingungen am Sonntag nutzen wir, um mit vier Wenden zur Übung wieder in den Segelbetrieb zu finden – und passend zum Wendemanöver schoben wir ein „Besanschot an!“ am Nachmittag ein. Auch die Workshops fanden wieder statt; wir freuen uns besonders, dass zwei Workshops auf Schülerinitiative und unter Schülerleitung stattfinden (zur Gestaltung des Abschlussbuchs und zum Thema Vegetarismus und Veganismus). Der reguläre Schulbetrieb ist seit heute (Montag) wieder im Gange.
Kapitän Johannes bot gestern eine gut besuchte Auffrischungsstunde zum Thema Astronavigation an, da zum Ende dieser Woche eine Schiffsübergabe ansteht. Dabei werden die Schüler nur mit traditionellen Methoden navigieren und dabei neben der Koppelnavigation nur auf Relingslog und die Sextanten zurückgreifen können.
Wir freuen uns auf einen spannenden Reiseabschnitt nach Bermuda. Für die nächsten Tage erwarten wir wechselndes Wetter mit östlichem Starkwind am Mittwoch und danach wieder günstigeren S-lichen bis SW-lichen Winden. Bis zu den Bermudas sind es noch 840 sm.
Johannes Schiller, Kapitän, Dr. Martin Goerke, Projektleiter an Bord, und Kai Regener