Fokus: „Mit der Welle“

Valentin

Datum: 07.11.2019
Autor: Valentin

Den Ausdruck „Mit der Welle!“ hört man hier an Bord ziemlich oft. Es bedeutet, dass man mit der Welle, also mit der Schiffsbewegung, arbeiten soll und wann hat man auf der Thor denn keine Welle, wenn man segelt? Aber was wird auf der Thor denn alles mit der Welle gemacht? Wenn man sich bei Wellengang ein Glas Wasser einschenkt, muss man aufpassen, dass nicht plötzlich zu viel aus der Wasserflasche kommt, da das Schiff seine Schräglage immer wieder ändert. Schon beim Einschenken ist es oft passiert, dass zu viel Wasser unerwartet kam und das Glas dadurch überlief. Wenn wir schon in der Messe sind, dann kann man direkt das „In-die-Bank-Rutschen“ erwähnen, denn setzt man sich mit der Welle auf die Bank, so rutscht man direkt bis zur Wand oder der äußersten Person, die bereits dort saß, durch. Aber Vorsicht, bei zu hoher Schräglage nimmt man ordentlich Fahrt auf, was zu einem harten Aufprall an der Wand oder der Person führen kann, rutscht man allerdings gegen die Welle in die Bank, so darf man sich vor dem gemütlichen Hinsetzten nochmal anstrengen.

Bei viel Wellengang ist auch das Seitenwechseln auf Deck mit der Welle zu machen, also so dass man aufwärts geht, denn tut man dies nicht so nimmt man ordentlich Geschwindigkeit auf, was für einen selbst wie auch für die Mitmenschen gefährlich wird. Aber auch wenn wir am Segel arbeiten, wird mit der Welle gearbeitet. Zum Beispiel wenn eines der Gaffelsegel ausgebaumt, dichtgeholt oder bei Halse und Wende die Seite gewechselt wird, dann heißt es beim Holen der Bullen oder Geien „Hol mit der Welle!“, was soviel bedeutet, wie, dass wir das Segel, wenn es durch die Schräglage auf unsere Seite schwingt, holen, also anziehen, da wir sonst in etwa die halbe Mannschaft bräuchten, um den Tampen durchzuholen.

Allerdings gibt es auch Ausnahmen, wie das Öffnen von Türen. Eine Tür oder ein Schott, das mit der Welle geöffnet oder geschlossen wird, wird so schwer, dass man förmlich hinterher gezogen wird. Kaum aber lässt man die Tür los, bekommt sie eine wahnsinnige Geschwindigkeit und knallt ins Schloss oder gegen die nächste Wand, wenn man die Tür oder das Schott jedoch festhält, so schließt die Tür mit einer nicht ganz so hohen, aber trotzdem mit ausreichend hoher Geschwindigkeit und man selbst fliegt gegen die Wand. Wir lernen jedoch, wie man Türen und Schotts sicher öffnet und schließt.

Insgesamt hat die Bewegung des Schiffes, ausgelöst durch Wellen, einen großen Einfluss auf das Leben hier an Bord. Besonders nervig ist hoher Wellengang während der Backschaft, da wirklich alles hin und her rutscht und einem entgegenfliegt. Aber auch das Hinab- oder Hinaufsteigen eines Niedergangs ist bei viel Welle erschwert, weshalb man immer eine Hand am Schiff haben muss und man geht selbstverständlich rückwärts die Treppen runter, ist doch klar oder? Stellt sich nur die Frage: Kann man die Welle oder besser gesagt das Schwanken beeinflussen? Die Antwort ist ja, da z.B. der Kurs, der vom Rudergänger im gewissen Sinne bestimmt wird, eine gewisse Auswirkung auf die Schiffsbewegung hat, aber auch die Segel, die das Schiff je nach Wind mehr oder weniger nach Lee drückt.

Trotzdem heißt es bei einem überraschenden „Mit der Welle!“ gerne mal „Wer ist denn da schon wieder am Ruder?!“.

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