Vom Dunkeln ins Grüne
Autoren: Elive, Luna
Nachdem ich wochenlang zusammengequetscht im Dunkeln hausen musste, öffnete sich am 09.01. endlich wieder das Dach zur Welt. Ein gestresstes KUSi-Gesicht schaute mir von oben entgegen. Hektisch wurde mein Zuhause – die sogenannte Unterkoje – ausgeräumt und auch ich landete neben diversen Kleidungsstücken, Kuba-Spenden, Seesäcken, Isomatten und Campinggeschirr auf dem Kammerboden. Hier draußen herrschte das reinste Chaos: Um mich herum lag der gesamte Inhalt meiner Wohnung und der Nachbarwohnungen verstreut. Dazwischen wuselten konfuse KUSis – man könnte sie wohl Konfusis nennen – umher. Hin und wieder hörte ich Ausrufe wie: „Oh Junge, ist das viel Zeugs!“ oder „Wie soll ich das bloß alles verstauen?!“
Doch Stück für Stück wurde mein Bauch ausgefüllt und bald fühlte ich mich angenehm satt und prall. Mein Deckel wurde geschlossen und zugeschnallt, sowie diverse Riemen festgezurrt und zu guter Letzt wurde noch ein Paar Sandalen außen an mir befestigt. So ausgerüstet war ich bereit für die anstehende Reise.
Ich verbrachte noch eine Nacht mit vielen mir gleichgesinnten Reisenden auf der Ladeluke, bevor ich dann am nächsten Vormittag im Rescueboot an Land gebracht wurde. Nachdem alle meine 35 Freunde und ich erfolgreich auf einem Haufen an der Pier gelandet waren, konnte es endlich losgehen! Erstmals wurde ich geschultert und mir fiel wieder ein, wie viel Spaß es machen kann, Huckepack getragen zu werden. Die Freude hielt jedoch nicht allzu lange an, denn bald wurde sie von einer einstündigen Busfahrt unterbrochen: Laute Musik, Bass ohne Ende und ziemlich gute Stimmung!
Irgendwo im Nirgendwo, so schien es zumindest, bekamen wir dann endlich wieder frische Luft und unser bunter Hippie-Bus fuhr davon. Meine Freunde und ich wurden auf einem steinigen Untergrund abgestellt und unser Bauch nach Sonnencreme und Mückenspray sowie ein wenig Wegzehrung für unsere Träger durchsucht. Ich kann mir gut vorstellen, wie anstrengend die darauffolgende Wanderung für sie war und fühlte mich etwas nutzlos, wie ich von meinem Besitzer so transportiert wurde. Wir wurden nämlich mit Regenschutz ausgestattet – sehr freundlich – und los ging die Reise! Der Ausblick war der Wahnsinn und nach den langen Wochen in der Dunkelheit der Unterkoje war das viele Grün einfach unglaublich. Wir wanderten nämlich durch den Urwald an einem Fluss entlang. Um uns herum Farne, Gräser, Büsche, Sträucher, kleine und große Bäume, Urwald-Riesen mit ihren Brettwurzeln, dazwischen Blumen in den unterschiedlichsten Farben und Lianen. Immer wieder hörten wir auch von Seiten der KUSis Anweisungen untereinander: „Vorsicht, Blattschneideameisenautobahn!“ oder „Wahrschau, Ast!“, dementsprechend waren wir wohl tiefer im Dickicht als ich das von bereits erlebten Ausflügen kannte.
So richtig spaßig wurde es dann aber, als wir von den Schultern unserer Träger auf deren Köpfe gehoben wurden… und die mit uns durch den Fluss liefen! Keiner meiner Freunde fiel unfreiwillig ins Wasser, was zweifelsohne der Sorgfalt und Vorsicht der KUSis zuzuschreiben ist – aber klar, so ein Rucksack ist eben zu wertvoll, um nass zu werden! Nach einem steilen Anstieg, für den mein Besitzer nochmals alle Kräfte mobilisieren musste, bot sich uns eine überwältigende Sicht auf den sich unter und neben uns ausbreitenden Regenwald, den Fluss und die Nebelschwaden zwischen den Baumkronen. Darüber freuten sich selbstverständlich auch die KUSis, die in einer Hütte vom Gastgeber Miguel begrüßt und auf verschiedene Behausungen aufgeteilt wurden.
So wanderten einige meiner Freunde in einen Unterstand voller Hängematten, andere durften in einfachen Holzhütten die nächsten Tage verbringen. Darin standen mit Moskitonetzen ausgestattete, komfortable Betten für unsere menschlichen Freunde von denen aber die meisten nicht gleich Gebrauch machten. Lieber ließen sie uns halb ausgepackt stehen und liefen zurück zum Fluss, um zu schwimmen. Lustig war es, als sie dann mit nassen Haaren im Halbdunkeln begannen, in uns nach Taschenlampen, Schlafsäcke und trockener Kleidung zu wühlen. Glücklich über die neuen Eindrücke nach der tristen Zeit im Dunkeln schlief ich sogleich ein, gespannt darauf, was die nächsten Wochen noch auf unsere lieben KUSis sowie meine Freunde und mich warten würde.
PS: Liebe Marie, ich wünsche dir alles alles Gute zu deinem Geburtstag, ein wundervolles neues Lebensjahr und ich freue mich schon darauf, wieder mit dir den Wald in Deutschland zu erkunden! Love you to the moon and back! -L.