Datum: Sonntag, 29.03.2020
Mittagsposition: 38° 31,2‘ N 028° 40,7‘ W
Etmal: 82sm
Wetter: Luft-/Wassertemperatur: 16°/16°C, Wind NW 5
Autor: Finn
Dienstag, 24.03.2020, nachts:
„Finn”, „Finn!”, „FINN!” – „Was?” kurze Pause „es ist halb fünf, der Wind hat gedreht und wir brauchen Hilfe in der Wache. Du stehst auf der Liste.“ „Okay, ich komm gleich“. Drei Minuten später stehe ich im Ölzeug und Gurt auf dem Achterdeck und erwarte eine Aufgabe. Tristan, einer unserer Wachführer, ruft in die Runde, dass er noch jemanden für die Vorsegel braucht. Reflexartig und bevor ich das Gehörte überhaupt verarbeitet habe, schnellt meine Hand in die Höhe. „Alles klar! Leni, Elive und Finn, ab zu den Klüvern.“ Zu viert machen wir uns auf den Weg über das schwankende Schiff nach ganz vorne. Während die anderen bereits am Niederholer stehen schmeiße ich das Fall los, sodass das Segel praktisch runterfällt. Danach gehe ich rüber zur Schot, also dem Tampen der das Segel nach hinten abspannt, und kontrolliere sie, als Leni, Elive und Tristan ins Klüvernetz steigen, um den gerade geborgenen Innenklüver so gut es geht zusammenzupacken. Das ist gar nicht so einfach, da das Segel nicht gespannt ist und es so vom Wind einen sehr großen Bauch bekommt. Deswegen stehe ich auch an der Schot, um das Segel so gut es geht nach hinten zu spannen, damit es nicht so im Wind schlägt. Also warte ich darauf, dass das Segel gepackt ist während mir die Hände abfrieren und ich versuche, so gut es geht in meinem Ölzeug abzutauchen, um den Wellen zu entwischen die immer mal wieder über das Schanzkleid gehen.
Und als ich da so stehe und mich umschaue, währenddessen wurden Schoner und Groß dichtgeholt, fällt mir auf wie koordiniert unsere Manöver mittlerweile ablaufen. Deswegen möchte ich in diesem Blog einen kleinen Vergleich zwischen jetzt und Anfang der Reise ziehen.
Zurück zu dem Beispiel mit den Segeln. Am Anfang haben wir bei einem Manöver jeglicher Art jeden einzelnen Schritt durchgesprochen und jeden Tampen aufgezählt den wir brauchen. So gingen gut mal 20 Minuten drauf ohne einen einzigen Tampen zu berühren. Das läuft jetzt schon ganz anders, zum einen, leiten wir meistens die Manöver schon selbst einwandfrei an. Und selbst wenn die Wachführer in einer Ausnahmesituation selbst das Kommando in die Hand nehmen, haben wir oft schon die Tampen besetzt bevor der erste Befehl kommt. Natürlich läuft nie alles glatt und es passiert auch, dass wir mal den falschen Tampen besetzen, aber meist erkennen wir die Fehler selber und man kann im Allgemeinen sagen, dass Manöver deutlich koordinierter und schneller ablaufen als noch zu Anfang der Reise.
Aber auch in anderen Bereichen des Bordlebens haben wir uns weiterentwickelt. Zum Beispiel in der Backschaft. Früher haben wir nur Backschaften mit einem Stammmitglied gehabt die uns sozusagen angeleitet haben. Mittlerweile sind 85% der Backschaften reine Schülerbackschaften. Auch brauchen die Backschaften nicht mehr so lange. So hatte ich vor Safi eine Backschaft bis halb 1, ja es ist der Rekord, aber auf der anderen Seite hatte ich auch vor Grenada eine bis viertel vor 8, ebenfalls der Rekord. Im Generellen läuft die Arbeit in der Kombüse viel besser, man muss nicht mehr jeden Schritt jemanden zuteilen, ganz im Gegenteil, ich glaube wir könnten eine Backschaft mindestens bis zum Ende Frühstück durchziehen, also 10:00 Uhr, ohne ein Wort zu reden.
Ein weiteres Beispiel ist der Wachbetrieb. Vor allem sieht man es bei den Ronden, also Sicherheits- und Maschinenronde, finde ich. Zum Beispiel brauchen viele mittlerweile anstatt 20 nur noch 10 Minuten für die Maschine. Außerdem sind viele nicht mehr so wählerisch, was die Aufgabenverteilung in der Wache betrifft. Klar man hat immer noch die Aufgaben, die man lieber übernimmt, aber was ich damit sagen möchte ist, dass wir eingesehen haben, dass es bestimmte Aufgaben gibt und wenn diese gemacht werden müssen und wenn du gerade der einzige bist, der zur Verfügung steht, dann machst du das auch.
Als letztes Beispiel, das tägliche Reinschiff. Wir sind deutlich schneller und außerdem zieren wir uns nicht mehr mal die Klos zu putzen, es ist mittlerweile eher so, dass man es sich erkämpfen muss, da man mit den Klos am schnellsten fertig ist.
Im Allgemeinen kann man sagen, dass wir auf der Thor nicht nur Spezifisches zum Segeln lernen, sondern auch viel zum Thema Disziplin und Koordination.