Autor: Mats
Sonntag, 7.6.2020, 15:50 Uhr
Die Nervosität hatte ihren Höhepunkt erreicht. In 10 Minuten sollte der virtuelle Probetörn beginnen. Alles war sorgfältig vorbereitet.
Im Garten war mein Zelt aufgebaut und mein Zimmer glich einer Kommandozentrale: Ein Rechner, zwei Bildschirme, Laptop, zahllose Kabel und daneben eine Kiste mit Papier, Stiften, Taschentüchern und einer Rolle Toilettenpapier…
Jetzt hieß es gleich zwar nicht Leinen los, aber immerhin Computer an.
Wir hatten zwar schon alle Teilnehmer am Informationsabend auf Zoom gesehen, aber richtig kennengelernt hatten wir uns bisher nicht.
Das sollte sich nun ändern.
16:00 Uhr
Pünktlich startete das Kennenlernen in großer Runde.
Frau Dr. Merk begrüßte uns ganz herzlich und umriss, wie die bevorstehenden Tage ablaufen würden. Danach stellten sich alle Teilnehmer stichwortartig vor. Nachdem wir nun von jedem den Namen kannten, wurden wir Kleingruppen zugewiesen. In diesen Kleingruppen würden wir nun einen Großteil der kommenden Woche meistern.
Der Wind stand gut, der Törn nahm Fahrt auf.
18:00 Uhr
Um kurz nach sechs waren schließlich alle 10 Teilnehmer unserer Gruppe vollzählig im virtuellen Kleingruppenhafen eingelaufen.
Die anfängliche Zurückhaltung legte sich rasch, und nachdem alle Funktionen der online Plattform Zoom noch einmal erklärt worden waren, stellten wir uns erneut etwas ausführlicher vor. Ehe wir uns versahen, war es dann plötzlich schon 19:00 Uhr. Das erste offizielle Aufeinandertreffen war vorüber.
Tatsächlich war unsere Gruppe in Sachen „Freunde werden und zusammenwachsen“ ziemlich gut aufgestellt, denn schon wenige Augenblicke nach offiziellem Feierabend trafen wir uns zum gemeinsamen Spiel. Das Onlinespiel „Skribbl.io“ brach das letzte Eis und sollte uns von nun an ständig unterhalten und entspannen.
Unsere Klein-Crew tauften wir übrigens „Veggie-Bärchen“, symbolisch für vegetarische Seebären.
Erst nach Sonnenuntergang krochen wir, von zahlreichen Eindrücken erschlagen, jeder für sich in seine heimische Zelt-Koje.
Ein aufregender Start in eine vermutlich mega spannende Woche.
Montag, 8.6.2020, 7:00 Uhr
Die Glasenuhr in Form meines Weckers schrillte durchs Zelt und riss mich aus dem Tiefschlaf. Kurze Verwirrung über meinen Aufenthaltsort, dann kam die Erinnerung zurück.
Im Bad versuchte ich der Empfehlung einer kalten Dusche nachzukommen. Aber schnell entpuppte ich mich als Befehlsverweigerer. Ich schaffte es, die Mischbatterie der Dusche lediglich um eine halbe Umdrehung zu drosseln, das Wasser war lauwarm. Mehr war nicht drin. Aber immerhin ein mutiger Anfang, vielleicht würde ich im Laufe der Woche an dieser Aufgabe noch wachsen.
Der Smutje war an diesem Morgen ich und servierte mir speiseplangetreu eine Schüssel Haferflocken mit Milch.
8:00 Uhr
Nach der Morgenbegrüßung in der großen Gruppe wurde uns nun das Projekt „Klassenzimmer unter Segeln“ detailliert vorgestellt und es gab allerhand Neuigkeiten und Infos.
Nach diesem Morgenmeeting trafen sich die Veggie-Bärchen wieder in ihrer Kleingruppe.
13:00 Uhr
Unsere Mittagspause war beendet, das Essen nach Plan zubereitet und eingenommen. Stolz auf die heimische Bordküche hielten wir natürlich alles in Bildern fest und dokumentierten unsere Kochkünste.
Danach bearbeiteten wir im Team Aufgaben und Projekte, die wir am letzten Törntag der großen Gruppe präsentieren sollten.
18:00 Uhr
Nach einer Pause am Nachmittag planten wir gruppenintern unsere Präsentation und nahmen eine Arbeitseinteilung zwischen uns vor.
Nach getaner Arbeit wendeten wir uns dann wieder unserem liebgewonnenen Skribbl.io zu.
Noch später, im Zelt liegend, ließ ich den Tag Revue passieren und stellte fest, dass ich ihn sehr genossen hatte und mich schon auf den kommenden freute.
Dienstag 9.6.2020, 7:30 Uhr
Morgenstund hat Gold im Mund! Wer denkt, Sport sei in Corona Zeiten gemeinsam mit anderen nicht machbar, der irrt.
Schlag 7:30 Uhr starteten wir (online) mit Frühsport in unseren Tag. Gleichwohl diese Sporteinheit auf freiwilliger Basis war, fanden sich viele Willige ein. Nach einer halben Stunde war das Fitnessprogramm absolviert und ein Haferflockenfrühstück lockte an den Tisch. Die Veggie-Bärchen nahmen ihr Frühstück gemeinsam vor dem Bildschirm ein. Danach ging es geduscht, satt und frisch in die nächste Runde.
13:30 Uhr
Zwar fing das nächste offizielle Treffen erst jetzt an, aber unsere Gruppe hatte beschlossen, bereits den Morgen gemeinsam zu verbringen.
Im Verlauf des Nachmittages knobelten wir an weiteren Aufgaben. Es wäre an dieser Stelle zu umfangreich, alle im Detail zu beschreiben; aber um einen kleinen Eindruck zu vermitteln, werde ich eine dieser Aufgabe erläutern.
Wir sollten uns eine Situation im Bordalltag überlegen und in 10 Szenenbilder unterteilen. Jeder unserer Kleingruppe sollte nun eines dieser Szenenbilder mit Haushalts- bzw. Alltagsgegenständen inszenieren und fotografieren. Abschließend wurden die 10 einzelnen Fotos in der richtigen Reihenfolge zu einer Geschichte zusammengefügt.
Das war eine sehr phantasievolle und kreative Aufgabe, die uns allen viel Spaß bereitet hat.
18:00 Uhr
Nachdem wir an unserer Präsentationen gefeilt hatten, intensivierten wir unseren Teamgeist bei einer Runde Skribbl.io. Später haben wir dann sogar noch gemeinsam einen Fernsehfilm angeschaut. Das war irgendwie witzig. So weit auseinander und doch zusammen.
Mittwoch 10.6.2020 – 6:00 Uhr
Heute in der Früh fand unser Sporttreffen bereits um 6:00 Uhr statt. Danach folgte eine (immer noch) nur lauwarme Dusche und das obligatorische Haferflockenfrühstück.
7:30 Uhr
Erstes Treffen in Kleingruppen mit weiteren kreativen Aufgaben. Es galt zum Beispiel, ein rohes Ei mithilfe von mehreren Bögen Papier, einem Luftballon, Paketschnur und Schaschlikspießen aus 5 Metern Höhe auf die Straße zu werfen, ohne dass es dabei kaputtginge. Nach 45 Minuten hatten wir es dann tatsächlich, mit Videobeweis, geschafft.
13:00 Uhr
In der großen Gruppe erhielten wir Informationen zum Haupttörn und dem Reiseverlauf. Neben Einzelheiten wie z.B. Packlisten lernten wir außerdem den Kapitän der kommenden Reise kennen. Ein Video der Thor auf stürmischer See sollte uns vor Augen führen, dass es während der Reise auch zu unangenehmeren Situationen kommen kann, dass uns das aber nicht davon abhalten sollte, mit auf die große Fahrt zu kommen.
16:00 Uhr
„Freiwilliges“ Treffen in Kleingruppen. Wir überarbeiteten abermals unsere Präsentation, die langsam Gestalt annahm und belohnten unseren Fleiß mit einer Runde Skribbl.io.
Um 18:00 Uhr wurde der Feierabend eingeläutet, während sich die erste Nervosität wegen der bevorstehenden Einzelgespräche am folgenden Tag breit machte. Aber gemeinsam kämpften wir das mulmige Gefühl nieder und verbrachten einen schönen Abend miteinander.
21:30 Uhr
Todmüde fiel ich in mein Zelt und schlief fast augenblicklich ein.
Donnerstag 11.6.2020 – 9:00 Uhr
Nachdem wir heute abermals mit einer Sporteinheit den Tag eingeläutet hatten, waren alle top in Form. Der Ausblick auf ein Frühstück mit Kaiserschmarrn hatte uns zusätzlich beflügelt.
Nach einem gemeinsamen Gruppenfrühstück trafen wir uns direkt wieder in der Kleingruppe. Heute war leider schon der letzte Tag, und es musste noch so einiges erledigt werden. Wir optimierten und verfeinerten unsere für den Abend vorgesehene Gruppenarbeit.
14:40 Uhr
Ein Infotreffen für die anschließenden Einzelgespräche stand auf der Agenda. Wir bekamen letzte Informationen und Tipps und dann ging es auch schon los.
Nacheinander bekamen alle Törnteilnehmer in Einzelgesprächen die Gelegenheit, unterschiedlichste Fragen zu beantworten. Im Anschluss an diese Gespräche haben wir uns natürlich sofort wieder in unseren Kleingruppen zusammengefunden, um uns über die Einzelgespräche auszutauschen.
19:00 Uhr
Abschlussabend!!! Alle Gruppen stellten nacheinander ihre jeweiligen Wochenergebnisse vor. Das war ausgesprochen spannend. Jetzt konnten wir das erste Mal sehen, wie die anderen Kleingruppen ihre Aufgaben bewältigt hatten.
Ich denke, dass alle Gruppen am Ende Grund zur Freude hatten. Wir hatten es geschafft, innerhalb weniger Tage zu einer Gemeinschaft zusammenzuwachsen.
Nach anfänglicher Befangenheit hatte man sich kennen und schätzen gelernt, um dann als Team gemeinsam zu kämpfen und erfolgreich in den Heimathafen zurückzukehren.
Das war eine neue, ungewohnte (weil online) und zugleich spannende Herausforderung.
Danke an alle für diese erlebnisreichen Tage.