Datum: 06.12.2018
Mittagsposition: 12° 38,8‘ N; 061° 22,5‘ W
Etmal: 8sm
Wetter: Lufttemperatur: 27,5 °C; Wassertemperatur: 27,5 °C; Wind: NE 2
Autor: Philip
Wir schreiben Donnerstag, den 06.12.2018. Früh am Morgen wussten wir schon alle sicher: dies wird einer der abwechslungsreichsten Tage, die wir bisher erleben durften.
Während ich noch tiefschlafend und träumend an Deck in meiner Hängematte ruhte, konnte man in der Ferne ein sanftes, rhythmisches, aber immer lauter werdendes Pocken vernehmen. Plötzlich hallte eine Stimme männlich und bestimmend über das Hauptdeck. „Ho, ho, ho, ihr Kinder. Wart ihr auch alle schön brav?“
In Sekundenbruchteilen saßen alle Menschen, die diese Laute vernahmen, aufrecht und angespannt in ihren Schlafgemächern. So schnell ich mich jedoch aufgerichtet hatte, so schnell stand auch schon unser heutiges Geburtstagskind, dem Nikolaus zum Verwechseln ähnlich, vor mir. Gereon, dem anscheinend über Nacht ein weißer, langer Bart gewachsen war, stand mir mit Besenstiel als Stock und dem goldenen Weckbuch gegenüber und erzählte mir jedoch nicht, ob ich anständig gewesen war, sondern wie das Wetter draußen ist und was es Leckeres zum Frühstück gibt. Ich konnte mein lautes Lachen nur sehr schwer unterdrücken. Bevor sich Gereon jedoch auf den Weg zu den nächsten Schülern machte, schnipste er einmal kurz und fügte hinzu: „Ich zaubere dir gleich ein Lächeln ins Gesicht.“ Anfangs dachte ich, dass die Backschaft wieder mal einen geheimen Gaumenschmaus zum Frühstück zubereitet hätte, als ich mich jedoch auf den Weg zum guten Frühstücksgeruch machte, stolperte ich förmlich über einen gelben, prall gefüllten Gummistiefel.
Da fiel mir wieder ein, dass ich ihn tags zuvor abends dorthin gestellt hatte, in der Hoffnung, ihn am nächsten morgen aufgefüllt vorfinden zu können. Dieser Wunsch hatte sich letztendlich erfüllt und die lieben Proviantmeisterinnen und ihre Gehilfen hatten sich über Nacht darum gekümmert, dass jeder Schüler am Morgen mit einem breiten Lächeln im Gesicht aufstehen würde. Nun war ich in Besitz diverser Früchte, einer leckeren Mandarine und eines Schoko-Nikolauses. Was man sich damit wohl alles ertauschen könnte?
Um 10 Uhr kam dann das Signal, auf das wir alle sehnsüchtig gewartet haben. Einmal lang, einmal kurz und wieder lang (Signal „K“) dröhnte das unüberhörbare Klingeln durch die Thor. Innerhalb weniger Sekunden standen wir in Wachen versammelt auf dem Hauptdeck. Kapitän Johannes erklärte uns das folgende Ankerablegemanöver und Vorgehen, bis wir an den Tobago Cays erneut unseren Anker auswerfen würden. Während der folgenden zwei Stunden entspannter Motorfahrt begab ich mich mit Titus ins Rigg und wir genossen die vielen Blautöne des Meeres, die Inseln, auf denen wir uns die nächsten vier Tage aufhalten würden, und die vielen Korallenriffe, die wir ausfindig machen konnten. Nachdem wir schließlich um 13 Uhr vor den Tobago Cays ankerten, aßen wir zu Mittag und hatten anschließend wirklich Ferien.
Einerseits konnte man am Strand unter Palmen liegen und sich von der warmen Sonne bräunen lassen, andererseits durfte man vom Klüverbaum springen oder die vom Bootsmann neu aufgebaute Hängeschaukel ausprobieren. Ich hätte nie gedacht, dass ich Nikolaus mal unter Palmen liegend auf einer Karibischen Insel feiern könnte. Und auch die Tatsache, dass man weit und breit nur türkisblaues Meer sehen konnte, sich aber trotzdem fast wie zu Hause fühlte, zauberte mir ein breites Lachen ins Gesicht.
Das Highlight des Tages war für mich jedoch, als ich kurz vor dem Abendessen zusammen mit Martin, André und Clara ein kleines Rollenspiel aufführen durfte. Diesen Auftrag hatte uns unser wunderschöner Bordsadventskalender (von dem Handarbeits-Workshop selber genäht) gegeben. Als Rentiere zogen Clara und ich den imaginären Schlitten von Nikolaus Martin und Knecht Ruprecht André auf das Hauptdeck. Während eines kleinen Streits zwischen Knecht Ruprecht und dem Nikolaus, da sie die Geschenke vergessen hatten, rannten Clara und ich immer wieder seekrank zur Reling, um uns zu übergeben, da Rentiere es ja nicht gewohnt sind, auf einem mehr oder auch weniger schwankendem Schiff stehen zu müssen.
Letztendlich war sowohl den Schülern, als auch dem Stamm nach dem Abendessen die Erschöpfung nach einigen langen Tagen ins Gesicht geschrieben und der jährlich besondere Nikolaustag endete nicht mit einem wilden Schneegestöber, sondern mit einem entspannten Sonnenuntergang über den Inseln und Riffen der Tobago Cays.