Chocolate o Guayaba?

AnjaAutorin: Anja

“Kubaner lieben Eis. […] Weil die Einheimischen so verrückt nach dieser kalten Köstlichkeit sind, begegnen einem fast überall eisschleckende Menschen“. (Lonely Planet, 2011, S.76)
Nachdem wir diesen Abschnitt bei der Planung der Kleingruppenexkursion im Reiseführer gelesen hatten, war uns klar, dass ein Besuch der staatlichen Eisdiele Coppelia während der Exkursion nach Santiago de Cuba nicht fehlen darf. Denn nicht nur Kubaner, sondern auch KUSis und ihre Lehrer lieben Eis. Während der Planungen war allerdings noch nicht abzusehen, dass der Besuch der Eisdiele zu einem der Höhepunkte der Kleingruppenexkursion werden sollte.

Den Weg zur Eisdiele weisen einem schon die entgegenkommenden Menschen mit einem Eimer voll Eis in der Hand oder Eiswaffeln in beiden Händen. Die Eisdiele selbst erkennt man dann schon von weitem an der langen Menschenschlange, die vor dem Eisstand steht. Dort angekommen muss man erst einmal rausfinden, welche Eissorte denn heute auf dem Menü steht. Wenn man sich dann entschieden hat, dass es sich lohnt anzustehen, ist der Vorteil der einen Eissorte, dass man später nicht die Qual der Wahl bei der Bestellung hat. Der Nachteil ist allerdings, dass, wenn man wie Steffi keine Schokolade mag, eventuell zwei Tage in Folge auf das Eis verzichten und sich mit den übriggebliebenen Waffeln zufrieden geben muss. Dann schaut man, an welchem der fünf Eisausgaben die kürzeste Schlange steht. Als nächstes kommt die obligatorische Frage „El ultimo?“, um die letzte Person in der Schlange, die eher einem Haufen ähnelt, ausfindig zu machen. Die letzte Person muss man sich dann merken und sobald sie sich der Eisausgabe nähert, wird es Zeit sich auch wieder einzureihen. Schlangestehen sind die Kubaner nämlich gewohnt.

Um die Zeit sinnvoll zu nutzen, haben sie also ihr ganz eigenes System entwickelt. In der Zwischenzeit kann man dann einen kleinen Spaziergang machen oder sich auf eine Parkbank setzen und das bunte Treiben beobachten. Wenn man dann an der Reihe ist, nimmt man natürlich so viel Eis wie man nur tragen kann. Da die Waffeln allerdings nicht mehr als zwei Eiskugeln „tragen“, hieß das für jeden von uns zwei Kugeln. Die zwei Peso in Moneda Nacional (24 Peso entsprechen in etwa 1 Euro) werden dann der Dame links gegeben, während die Dame rechts mit genervtem Gesichtsausdruck die 1000ste Kugel Schokoladeneis auf die zerbrechliche Waffel drückt. Die vier Kugeln bzw. die zwei Eis müssen dann so schnell wie möglich weggeschleckt werden, damit das Schokoladeneis, welches zu dem Zeitpunkt schon eine Weile nicht mehr gekühlt wurde und daher kurz vorm Wegschmelzen ist, nicht auf Händen, Schuhen oder auf der Hose landet. Damit sich das lange in der Schlange stehen auch wirklich lohnt, haben sich die Kubaner natürlich etwas einfallen lassen: Um sich nicht nur mit vier Kugeln zufrieden geben zu müssen, bringen sie alle möglichen Plastikgefäße, von Plastikbecher über Tupperbox bis hin zum Plastikeimer, mit. Diese können dann bis oben hin gefüllt werden und das gute Eis kann auch nicht davonlaufen. Diese Gefäße dürfen allerdings nicht direkt befüllt werden, so dass die (zu Recht?) genervte Eisverkäuferin jeweils Kugeln auf eine Waffel drückt, diese dann übergeben wird, und von dem neuen Besitzer gleich in seinem Plastikgefäß versenkt wird. Da man bei einem ganzen Eimer ziemlich viele Waffeln anhäuft, diese aber scheinbar nicht ganz so beliebt sind, landen viele Waffeln direkt danach neben dem Eisstand auf dem Boden. Die Kinder haben beim Zertreten der Eiswaffeln Spaß und später freuen sich noch die streunenden Hunde und Katzen. Gleich danach beginnt „das große (Fr)essen“ und das Eis verschwindet schneller als man nur schauen kann.

Ein paar einfallsreiche Kubaner haben die Marktlücke der manchmal fehlenden Plastikgefäße erkannt und sich darauf spezialisiert, alte Becher zu sammeln, sie zu spülen und dann für ein oder zwei Peso an die spontanen Eisesser oder an die deutschen Touristen zu verkaufen. Nützlich sind die Becher auch dann, wenn man es nach 40 Minuten Warterei endlich an die Theke geschafft hat und direkt vor einem die letzte Waffel ausgegeben wird. Netterweise wurden uns von den umstehenden Personen direkt Deckel und benutzte Eimer und Becher angeboten, allerdings haben wir uns für die Variante entschieden, am Nachbarstand nach Waffeln zu fragen.

Überrascht hat uns auch, dass das Eis nicht aus einem Plastikbehälter oder aus einer gekühlten Eisbox geschaufelt wird, sondern aus einem Pappkarton, der, wenn der letzte vorherige Karton aufgebraucht ist, aus der Gefriertruhe geholt wird. Glück hat man, wenn das geschieht, kurz bevor man selbst an der Reihe ist, Pech hat man, wenn man die letzte Kugel einer Box bekommt.

Eisessen in Kuba ist definitiv ein kulturelles Highlight und sehr zu empfehlen:
Das Eis ist bezahlbar, schmeckt sehr lecker (zumindest die beiden Sorten, die wir in den fünf Tagen probieren konnten) und man hat dabei eine Menge Spaß, den Kubanern beim Eisessen zuzuschauen. Jedoch sollte man ausreichend Zeit und einen genügend großen Plastikbehälter mitbringen.

P.S.: Alles Liebe und Gute zum Geburtstag, liebe Eva, und herzlichen Glückwunsch zur Geburt von Theos kleinem Brüderchen. Alles Liebe und Gute auch an Ira und Julia.

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