Autor: Niklas
Der diesjährige Probetörn für das Projekt KUS (Klassenzimmer unter Segeln) der Universität Erlangen- Nürnberg an dem 53 ausgewählte Schüler aus ganz Deutschland teilnahmen, fand in der Woche vom 22. bis zum 29. Mai an der Schlei statt.
Zugegeben: vom Klassenzimmer haben wir in dieser Woche nicht allzu viel zu Gesicht bekommen und das in zweierlei Hinsicht: zum einen bekamen wir die „Thor Heyerdahl“, das Schiff unserer Träume, nicht zu Gesicht, zum anderen hatten wir, aufgrund der Pfingstferien keinen Unterricht, dafür aber durften wir so viel segeln, dass es die reinste Freude war. Nach einer unterschiedlich langen Anreise, die die meisten von uns mit der Bahn bestritten und während der wir bereits Gelegenheit hatten die Bekanntschaften, die wir zuvor über eine Probetörn WhatsApp-Gruppe geschlossen hatten, persönlich zu vertiefen, bezogen wir unsere Hütten und erwarteten voller Vorfreude die vor uns liegende Woche.
Was meine Wenigkeit betrifft, so wurde ich nicht enttäuscht. Nachdem Ruth Merk uns genau über das Projekt informiert hatte, mussten wir uns in unseren Kuttergruppen, kleineren Gruppen von zehn bis elf Schülern, in denen wir die Woche verbrachten und in die wir am Abend zuvor eingeteilt worden waren, für die bevorstehenden Tage mit Proviant eindecken.
Hierfür wurden wir von unserem Skipper Miklas mit 169 € ausgestattet und mit konstruktiven Beiträgen zum Einkaufs- und Speiseplan oder allgemeinen Tipps zur Organisation unterstützt. Wir merkten schnell, dass „Eigenverantwortung“ sehr weit oben auf der Liste der Prioritäten stand, denn ab diesem Tag war es an uns, dafür zu sorgen, dass etwas auf den Tisch kam. Dies war von essentieller Bedeutung, da es auch galt die Betreuer von der Uni, deren Aufgabe es war, uns zu beurteilen und am Ende eine Entscheidung zu fällen, wer von uns den großen Törn mitmachen darf, bei Laune zu halten. (Bisher liegt mir noch kein Ergebnis vor. Es heißt also beten.)
Zwar hatten wir zu Beginn noch einige Schwierigkeiten mit dem Gebrauch der einfachen Spirituskocher, doch waren wir so motiviert, dass uns das nicht großartig behindern konnte und schließlich sind wir ja lernfähig. So lernten wir nicht nur kochen und spülen, sondern auch segeln, navigieren, Zelte aufbauen und die hohe Kunst, sich die Zähne zu putzen und sich gleichzeitig mit seinen Kameraden und neuen Freunden zu unterhalten. Hier erwies es sich als nützlich, dass in den bunt zusammengewürfelten Kuttergruppen meistens ein oder zwei von uns eine der oben genannten Künste bereits beherrschten und so den übrigen mit Rat und Tat zur Seite stehen konnten.
Während wir von Sundsacker aus ablegend, zwischen Sieseby und Schleimünde umhersegelten und pullten, wurden wir als Gruppe sehr eng zusammengeschweißt, sodass wir bald felsenfest davon überzeugt waren, nichts könne uns aufhalten, wenn wir uns nur gut absprachen und uns entsprechend ins Zeug legten. Als wir die Brücke von Kappeln passierten, zählte zumindest ich zu den glücklichsten Menschen der Welt. Für mich war und ist es ein Beweis der oben dargelegten Theorie. Für solche Momente ist man gerne bereit eine Nacht in einem Zelt zu verbringen, das man nicht nur mit seinen zehn Gefährten, sondern auch mit mindestens doppelt so vielen Nacktschnecken teilt.
Nachdem es in unserer Kuttergruppe am zweiten Tag mit der Organisation nicht so recht klappen wollte, bekamen wir von unserem Skipper den heißen Tipp, jemanden zu wählen, der sagen sollte, wann was zu tun sei. Zu meiner großen Freude wurde ich von der Gruppe mit der Schiffsführung beauftragt. Aufgrund der überwältigenden Unterstützung, die meine Kollegen mir zuteilwerden ließen, gelang es mir, diese Aufgabe zur, wie ich hoffe, allgemeinen Zufriedenheit zu bewältigen. Für mich war es ein Schlüsselmoment, als wir am dritten und letzten Tag des Segeltörns aus dem Hafen von Schleimünde unter meiner Anleitung erfolgreich ablegten.
Über die Stationen, die wir auf unserer viel zu kurzen Schlei-Kreuzfahrt einlegten, zu berichten, wäre recht sinnlos, da ich lediglich über das Auskunft geben kann, was meine Kuttergruppe und ich, selbst erlebt haben. Daher beschränke ich mich auf die Information, dass ich die Schlei als wunderschönes und angenehm zu befahrendes Segelrevier erlebt habe, welches sowohl leichte Passagen, als auch anspruchsvolle Gebiete, die volle Konzentration und vollen Einsatz verlangen, für den Segler bereithält.
Die Stimmung an Bord und an Land war durchweg gut und durch nichts in der Welt zu trüben. Wir alle brannten darauf uns nun zu beweisen, doch artete dies nicht in einem Konkurrenzverhalten aus, sondern man versuchte vielmehr, selbst sein Bestes zu geben, während man zugleich nach Kräften versuchte, den anderen zu helfen, sich ihrerseits von ihrer allerbesten Seite zu zeigen.
Nachdem wir schweren Herzens unsere Kutter endgültig abgetakelt und unser Material zurückgegeben hatten, wurden wir am folgenden Tag noch einmal über die Reiseroute und die benötigten Materialien, Versicherungen und Impfungen in Kenntnis gesetzt. Im Anschluss wurden wir kuttergruppenweise zu einem persönlichen Gespräch gebeten, über dessen Inhalt ich jedoch hier schweige. Danach durften wir verschiedene Ölzeuge anprobieren, so dass wir, gesetzt den Fall wir würden für den großen Törn ausgewählt, lediglich unsere Namen anzugeben brauchten und die anprobierte Kollektion sofort bestellen könnten.
Als krönenden Abschluss feierten wir am Ende des letzten Tages einen Bunten Abend, bei dem jede Kuttergruppe einen künstlerischen Beitrag liefern musste. Es herrschte eine Begeisterung wie ich sie bisher nur auf einem Heavy Metal Konzert erlebt habe. Über die musikalische Qualität der zuletzt gesungenen Lieder lässt sich zwar streiten, Fakt ist jedoch, dass mir selten etwas so viel Spaß gemacht hat wie mit 53 gleichaltrigen „das rote Pferd“ zu singen.
Die Rückfahrt schließlich war furchtbar, da man nun Abschied nehmen musste in dem Wissen, dass man einige dieser Menschen, die einem in der kurzen Zeit so ans Herz gewachsen waren, nie mehr wiedersehen würde. Dennoch glaube ich, dass wir alle so nach Hause kamen, wie die Goldgräber aus Alaska: Vielleicht haben wir nicht das gefunden, weswegen wir nach Kiel gefahren sind, doch dafür reich an Erfahrung und neu gewonnenen Freundschaften.