Unterricht einmal anders…

AnjaDatum: Samstag, der 22.11.2014
Mittagsposition: 19°04,5´N; 020°30,5´W
Etmal: 146 sm
Wetter: Lufttemperatur: 24°C, Wassertemperatur: 23°C, Wind: NE2
Autorin: Anja

…heißt es auf der Thor nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Lehrer.
Der Tag beginnt hier an Bord nicht um 0000, sondern bereits um 2300. Für mich bedeutet das, dass mein Unterrichtstag mit meiner Nachtwache beginnt, die um 2300 startet und bis um 0200 dauert. Als ich mich dann um 0200 auf meine Koje gefreut habe, wurde allerdings der Moment des Wachwechsels dazu genutzt, den Schoner, das Groß und das Besan dicht zu holen und die Rahsegel von Backbord nach Steuerbord um zu brassen. Da wir mittlerweile nur noch eine halbe Wache gehen (das heißt, die eine Hälfte der Schüler geht Wache, während die andere Hälfte schlafen darf, um für den Schultag am nächsten Morgen ausgeruht zu sein), nutzt man den Wachwechsel, damit man ausreichend Personen für die Bedienung der Segel zur Verfügung hat. Um 0245 ging es schließlich ins Bett, bevor ich dann um 0830 von einer Schülerin für meinen zweiten Schultag an Bord geweckt wurde. Bevor es aber in das Klassenzimmer ging, ging es für mich erstmal an den Frühstückstisch, der sich allerdings im selben Raum wie das Klassenzimmer befindet. So konnte ich während des Frühstücks dem Spanischunterricht von Marijke folgen und ein paar Spanischvokabeln wiederholen und auffrischen.

Da es heute Morgen für den Unterricht an Deck zu windig war, entschied ich mich ebenfalls dazu, in der Messe zu unterrichten. Zunächst stand Biologie auf dem Stundenplan. Ebenso ungewohnt wie für die Schüler ist der Unterricht auch für uns Lehrer. 17 Schüler sitzen auf der Steuerbordseite in der Messe, während auf der Backbordseite gefrühstückt, genäht, Tagebuch geschrieben oder Freiarbeit gemacht wird. Um an der Tafel schreiben zu können, muss ich auf die Backskiste steigen und bei einer großen Welle schnell alle meine Materialien festhalten, damit es sie nicht durch die Messe schleudert. Fast zeitgleich mit dem Biologie-Unterricht begann heute die Reinschiffstation Messe/Niedergänge mit dem täglichen Reinschiff. Für die Schüler und mich hieß das, dass wir zwischendurch dem Besen und dem Feudel ausweichen mussten. Nach dem Biologie-Unterricht – der sich aufgrund der Seekrankheit einiger Schüler etwas hingezogen hat – stand dann Chemie auf dem Stundenplan. Das gute Wetter nutzten wir dazu, die Grundbegriffe der Chemie in Kleingruppen an Deck zu wiederholen. Der Ortswechsel, die Sonne und die frische Luft trugen dazu bei, die Motivation für die letzte Unterrichtsstunde der Woche noch einmal zu steigern.

Direkt im Anschluss an den Unterricht gab es dann Mittagessen an Deck. Nach einer Schiffsversammlung stand das wöchentliche Großreinschiff auf dem Programm, neben der Reinschiffstation mussten also auch die Kammern klar gemacht werden. Nachdem der Schiffsrat alle Kammern und Stationen abgenommen hatte, konnten wir mit dem wöchentlichen und traditionellen Besanschotan das Wochenende offiziell einläuten. Ein Highlight des heutigen Tages waren sicherlich die leckeren Zimtschnecken, die die Backschaft extra dafür vorbereitet hatte.
Zum Ausklang des heutigen Tages gab es einen Filmabend. Die Mehrheit hatte sich, passend zum Ausflug zum Thor Heyerdahl-Museum auf Teneriffa, für den Film Kon Tiki entschieden. Obwohl ich mich sehr auf den Film gefreut habe, habe ich es leider auch diesmal vor Müdigkeit wieder nicht geschafft, den Film bis zum Ende anzuschauen. Schließlich heißt es morgen früh um 0530 aufstehen – denn der neue Tag der Backschaft beginnt bereits um 0600.

Genauso spannend wie für die Schüler war der erste Unterrichtstag auch für uns Lehrer. Seit etwas mehr als vier Wochen leben wir nun zusammen an Bord. Wir gehen gemeinsam Wache und machen Reinschiff, Schüler wecken Lehrer – Lehrer wecken Schüler, wir essen gemeinsam und verbringen auch sonst so gut wie jede Minute zusammen. Die Schüler haben sich schon öfters gefragt, wie wir Lehrer wohl im Unterricht sind, ob wir denn eher streng sind oder lustig? Nun können sich die Schüler ein eigenes Bild davon machen und auch wir erleben die Schüler in einer ganz neuen Situation.

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