Datum: Sonntag, 07.12.2014
Mittagsposition: 12°54,3′ N, 051°51,9′ W
Etmal: 121 sm
Wetter: Lufttemperatur: 27°C, Wassertemperatur: 27°C, Wind: SE 3
Autorin: Leila
Es ist zwei Uhr nachts und friedlich findet gerade die Wachübergabe auf dem Achterdeck statt, während wir auf der Ladeluke allesamt panisch hochschrecken. Irritiert schauen wir uns um und keiner weiß, was los ist oder was genau passiert ist. Das erste, was uns allen auffällt: alles um uns herum, Schlafsäcke, Isomatten, einfach alles ist nass und wir alle triefen vor Salzwasser.
Langsam wird es uns klar: Eine Welle, aber was für eine, hat uns auf der Ladeluke überschwemmt. Das ist das Risiko beim Draußenschlafen, man weiß nie, was das Wetter oder das Meer so hergibt, ob es eine große Welle, fliegende Fische oder doch ein Regenschauer ist. Doch je näher wir der Karibik kommen, desto mehr Schüler gehen dieses Risiko ein, denn eine Nacht unter dem Sternenhimmel ist es wirklich allemal wert. Vor lauter Hitze kann man in den Kammern auch mit offenen Türen und Oberlichtern kaum ein Auge zu machen, deswegen werden die wenigen Schlafplätze an Deck immer begehrter.
Natürlich kann man nicht überall schlafen, da immer genug Platz für die Fahrwache sein muss, wenn diese irgendwo entlang laufen muss, außerdem sind Orte wie das Achterdeck im Fahrbetrieb und das Deckshaus aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt, doch überall an Steuerbord können Hängematten aufgehängt werden. Zwischen uns Schülern ist bereits die Debatte Hängematte vs. Isomatte entstanden.
Der größte Vorteil an Hängematten ist der, dass man dort nicht mit jeder Schiffsbewegung durch die Gegend rutscht, was bei der Ladeluke und den bei Backskisten an Steuer- und Backbord auf dem Hauptdeck der Fall ist. Um dieses Hin- und herrutschen zu verhindern, gibt es jedoch schon mehrere mehr oder weniger erfolgreiche Strategien. So ist zum Beispiel eine sehr beliebte Variante, sich einen Tampen um den Bauch zu binden und sich damit an beliebigen Gegenständen festzuknoten oder einfach einen Fender an das Fußende der Ladeluke zu legen, was jedoch für die wenigen von uns Schülern zum Problem wird, die größer als 1,80 m sind, da sie darüber hinausragen und häufig von der Fahrwache bei der Sicherheitsronde geweckt werden, die regelmäßig gegen die Füße der Schlafenden rennt.
Um einen dieser Schlafplätze, sei es für Isomatte oder Hängematte, zu ergattern, muss man sehr schnell sein, da sie meistens sofort belegt sind. Wenn man nicht mehr schläft, weil man beispielsweise zur Nachtwache geweckt wird, muss man den Platz direkt freigeben und seinen ganzen Kram – Schlafsack, Isomatte oder gegebenenfalls Hängematte – aus dem Weg in die Kammern räumen. Reservieren ist nicht.
Wenn man einen Schlafplatz ergattert hat, kann man das Glück haben, die gesamte Nacht unter dem Sternenhimmel durchzuschlafen oder das Pech, dass man von den Worten „hol durch die Schoten und fier auf die Gordinge“ oder ähnlichen Kommandos mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen wird, da eine der Nachtwachen bei einem Segelmanöver um einen herumsteht. In diesem Moment ist man froh, dass man selber nicht gemeint ist und man noch schlafen kann.
Das Draußenschlafen macht auch das gewöhnliche Wecken zu einer Herausforderung, wenn man zum Beispiel vergessen hat, sich ins Weckbuch ein- oder auszutragen und die Person erstmal in der Koje und dann an Deck gesucht werden muss. Diesen Fehler macht man nur einmal, da er ein Gedicht als „Strafe“ mit sich bringt. Was jedoch auch beinahe aussichtslos ist, ist jemanden zu wecken, der sich für die Ladeluke eingetragen hat, ohne alle anderen Schlafenden auf der Luke zu wecken. Bis man diese eine Person aus dem Chaos Schlafsäcken und Köpfen identifiziert hat, vergeht auch eine halbe Ewigkeit.
Doch wer das Glück hat und selbstständig aufstehen kann, wird morgens von den ersten Strahlen der Sonne geweckt, die über den Horizont kriechen. Der klarste Sternenhimmel, den man sich vorstellen kann, der den Tag beendet und einem den ersehnten Schlaf bringt, und der rot-goldene Sonnenaufgang am Morgen machen jede kleine Störung in der Nacht allemal wett.