Datum: Mittwoch, der 28.01.2015
Mittagsposition: 16° 38,8′ N; 082° 01,3′ W
Etmal: 90 sm
Wetter: Lufttemperatur: 26,5°C, Wassertemperatur: 26,5°C, Wind: NNE 5-6
AutorIn: Leila
Immer noch etwas verschlafen öffne ich das Schott zum Maschinenraum. Es ist halb drei und die erste Maschinenronde der Nachtwache ruft. Sowie ich einen Schritt hinein mache, schlägt mir die heiße Luft, der Geruch nach Schmieröl und der Lärm des laufenden Motors entgegen. Ich greife nach den Ohrenschützern, die direkt am Eingang hängen, aus dem Lärm wird nur noch ein dumpfes Dröhnen und ich schließe das Schott hinter mir. Erleichtert atme ich auf. Ich mache mich auf den Weg den Niedergang hinunter, doch dadurch, dass die Maschine seit dem Auslaufen aus Bocas del Torro ununterbrochen läuft, ist der Handlauf sehr warm und man kann sich kaum daran festhalten.
Unten angekommen suche ich die Checkliste für die Maschinenronde und währenddessen versuche ich mich daran zu erinnern, wann ich das letzte Mal eine Maschinenronde gegangen bin. Das war wohl in der Biskaya – vor einer halben Ewigkeit. Als erstes muss der Tagestank aufgefüllt werden, danach die Abgastemperaturen und die Temperaturen vom Schmieröl an der Vorkante der Hauptmotors aufgeschrieben werden. Sie ist wie immer einen Grad über dem Sollwert, doch Willi, unser Maschinist, weiß das bereits, also schreibe ich die Temperatur einfach auf und mache weiter. Als nächstes kontrolliere ich den Ölstand am Hauptmotor und fülle den Boschöler bis fünf Millimeter zur Unterkante des Schauglases auf. Soweit läuft ja alles ganz gut und ich bin überrascht, dass ich nach so langer Zeit immer noch alles finde, doch dann stehe ich an der Steuerbordseite und suche den blauen Kugelhahn, um die Fettpresse zu betätigen. Ich suche und suche und kann ihn nicht finden. Schon total genervt versuche ich mich daran zu erinnern, wo er denn war und kann mich nur noch dran erinnern, dass er irgendwo auf Schienbeinhöhe war – ist halt schon eine Zeit her seit der letzten Ronde.
Nachdem ich das verflixte Ding endlich gefunden habe, kann ich den Punkt auf der Liste abhaken und weiter machen. Es ist echt unglaublich heiß, fast schon wehmütig denke ich an die kalten Temperaturen aus der Biskaya, wo die Viertelstunde im Maschinenraum eine der wenigen Chancen war, während der Nachtwache wieder Gefühl in die vor Kälte schon tauben Finger zu bekommen, doch jetzt ist es einfach nur zu heiß und bei dem starken Seegang muss man aufpassen, nicht ständig gegen irgendwelche Rohre zu kommen und sich zu verbrennen.
Die Luft ist auch nicht gerade die Beste hier unten und ich wäre echt froh, langsam rauszukommen, aber zuerst muss ich noch alle sechs Kipphebelböcke am Hauptmotor an je genau neun Stellen mit Schmieröl abschmieren und danach das überflüssige Öl abwischen. Danach geht es an die letzten Punkte auf der Checkliste und nachdem ich die letzte Fettpresse betätigt und meine Unterschrift unter die ausgefüllte Liste gesetzt habe, bin ich fertig und kann endlich wieder an die frische Luft.
Auf dem Weg zum Niedergang werfe ich noch einen Kontrollblick zurück – zum Glück, denn sonst hätte ich den Öllappen übersehen, der halb in der Ölwanne liegt. Das war knapp! Wenn ich den übersehen und Willi ihn gefunden hätte, hätte ich wohl ein Gedicht schreiben müssen, aber es ist ja noch mal alles gut gegangen. Oben am Schott ziehe ich die Ohrenschützer aus und hänge sie wieder an den Haken. Ich habe ganz vergessen, dass ich sie an hatte und erst jetzt wird mir wieder bewusst, wie laut die laufende Maschine wirklich ist. Ich verlasse den Maschinenraum und atme auf.