Die Federico-Engels-Schule und unsere Schulen – ein Vergleich

paula lucaAutoren: Paula, Luca

Der Sozialismus in Kuba – ein Thema, zu dem es viele unterschiedliche Meinungen und Stimmen gibt. Während unseres dreiwöchigen Landaufenthalts hatten wir jetzt die Gelegenheit, uns selber ein Bild zu machen. Wobei sich eigentlich alle einig waren ist, dass das gute Schulsystem ein eindeutiger Vorteil des kubanischen Systems ist. In jedem noch so kleinen Dorf, durch das wir auf unserer Radtour gefahren sind, hat man beispielsweise eine Grundschule gesehen. Nach der Grundschule kommt im kubanischen Schulsystem das polytechnische Institut und ab der 10. Jahrgangsstufe das sogenannte Preuniversitario. Wir haben in Pinar del Rio zwei Tage an einer solchen Schule, dem IPVCE Federico Engels, mit Schülern in unserem Alter verbracht. Noch kurz zur Friedrich-Engels-Schule: Sie ist eine Hochbegabtenschule, auf die Schüler aus der ganzen Region mit entsprechenden Leistungen gehen dürfen. So sind auch ein Teil der Jugendlichen Internatsschüler.
Jedenfalls sind uns in dieser Zeit auch einige Unterschiede zu unseren deutschen Schulen aufgefallen. Hier also ein kleiner Vergleich.

Eine Schulwoche in Deutschland besteht aus – na klar – fünf Tagen Unterricht und dann die ersehnten zwei Tage Wochenende. Schon das war in Pinar del Rio anders. Die Schüler gehen hier elf Tage am Stück zur Schule – von Montag bis Freitag nächste Woche. Einen davon arbeiten sie, entweder in der Schulküche oder auf dem Feld. Der Unterricht geht jeden Tag bis nachmittags und dann gibt es auch noch Hausaufgaben… Bei uns halten wir die Lehrer an einem Tag mit Nachmittagsunterricht immer aufgebracht davon ab. Nach den elf Tagen Schule gibt es dann ein Wochenende frei, in der auch die Internatsschüler zu ihren Familien nach Hause können.
An einem normalen Schultag zu Hause klingelt der Wecker um kurz vor sieben. Dann muss man sich erst mal mit der nicht ganz unwichtigen Frage beschäftigen, was man denn nun anzieht. Gelbes oder türkises T-Shirt? Lange oder kurze Hose? Mit solchen Problemen muss sich ein Schüler in Kuba gar nicht erst aufhalten, wozu gibt es denn so was wie ein Schuluniform? In unserem Fall bestand sie aus einem hellblauen Hemd mit dunkelblauer Hose beziehungsweise hellblauer Bluse mit dunkelblauem Röckchen und weißen Kniestrümpfen. Das gilt für alle Schulen dieser Art, wobei das einzig individuelle ein schuleigenes Abzeichen ist, was am Ärmel getragen wird. Daran, ob es ein oder zweimal eingekreist war, erkannte man, ob derjenige extern oder intern wohnte. Praktisch.

Wenn bei uns der Lehrer zur ersten Stunde hereinkommt, muss er erstmal alle auffordern aufzustehen, worauf träge die Stühle gerückt werden. Dann folgt ein müdes „Guten Morgen“, aber auch nur, wenn die Schüler schon wach sind.
An unserem ersten Tag am IPVCE Federico Engels gehen wir am Nachmittag in verschiedene Klassen, um Fragen zu stellen beziehungsweise zu beantworten. Sobald die Tür aufgeht: 20 Stühle werden ruckartig zurückgeschoben, die Schüler stehen alle und klatschen kurz einen bestimmten Rhythmus, dann wird noch etwas gesprochen, es setzen sich alle wieder. Das machen die Schüler immer, wenn jemand „Wichtiges“ zur Tür hereinkommt und natürlich jeden Morgen, da wird man wach!

In der Schule daheim in Deutschland klopft es während des Vormittags öfters mal an der Tür, da heben sich einige der Köpfe. Vielleicht hat man ja Glück und.. ja, es sind die Schülersprecher, die um ein paar Minuten bitten, um etwas über die nächste Jugendparlamentswahl zu erzählen. Super, da geht bestimmt ein bisschen der Mathestunde drauf! Als nach einer viertel Stunde schließlich alle Fragen geklärt sind und die Gäste wieder verschwinden, um das nächste Klassenzimmer zu besuchen, dauert es wieder mindestens 5 Minuten bis wieder alle ruhig sind und dann klingelt es auch schon wieder zur Pause.
Sobald wir Deutschen in den Klassen sind, fangen ein paar der Kubaner an zu quatschen. Es werden Fragen gestellt, Handys für Fotos ausgepackt. Aber sobald es ein bisschen lauter wird, werden die Schüler vom Lehrer wieder zur Ordnung gerufen. Nach ein paar Minuten gehen wir weiter und sofort kehrt wieder Ruhe ein, die Handys sind augenblicklich in den Taschen verschwunden.

In Deutschland sind die Pausen immer sehr langweilig, alle stehen nur rum, man kann sich höchstens kurz unterhalten. Ab und zu macht die SMV auch Musik an, aber wirklich spannender oder lustiger wird die Pause dadurch auch nicht. Mittags haben wir mit den Kubanern eine relativ lange Mittagspause. Wir bleiben anfangs etwas schüchtern in der Gruppe und wissen nicht, wie wir mit der Situation umgehen sollen, schließlich werden wir von etwa 100 Schülern angestarrt, aber Spanisch sprechen ist eben doch eine Hürde. Dann geht Musik an, denn an zwei Tagen der Woche wird in der Pause immer laute Musik in der Mittagspause angemacht. Auf jeden Fall wird sofort ein Schalter in den jungen Kubanern umgelegt, wenn sie Musik hören und sie fangen sofort an zu tanzen. Die meisten beginnen sofort mit den Füßen zu wippen und nach circa drei Minuten steht keiner mehr rum, sondern alle tanzen im großen Eingangsbereich. So wird aus der Pause eine spontane Party mit super Stimmung.

Die deutsche Schulkantine bietet zum Mittagessen immer zwei Gerichte an, wirklich blöd, wenn es mal wieder nichts Vegetarisches gibt, oder schon wieder Nudeln mit Tomatensoße, die es sonst auch immer gibt und die einen mal wieder überteuerte 3,80 € kosten. Als Gäste der Federico- Engels Schule waren wir selbstverständlich auch zum Mittagessen in der Schulmensa eingeladen. Es gab hier nur ein Gericht, jeder bekommt das Gleiche. Man stellt sich also an, bekommt ein Tablett und klappert die verschiedenen Töpfe mit Yucca, Reis mit Fleisch, Salat, Bohnensuppe, Fleisch und Marmelade als Nachtisch ab. Eigentlich ja gar nicht so schlecht, aber den Salat durften wir aus gesundheitlichen Gründen schon mal nicht essen. Für unsere Vegetarier bleibt also nicht mehr so viel übrig, zumal Yucca bei uns seit den Naso-Indianern ja so wahnsinnig beliebt ist. Den Reis haben am Anfang alle noch begeistert gegessen, bis die ersten Fleischstücke mit Borsten entdeckt wurden, welches wir liebevoll „Borstenfleisch“ tauften. Also abwarten, was es am nächsten Tag gibt und zu unserer Überraschung, gab es exakt das Gleiche! Und auf die Frage, was man denn hier so zu Abend isst, kommt die Antwort: Na das Gleiche wie mittags!

Zu Hause geht man zur Schule und regt sich täglich darüber auf, dass der Hausmeister die Deckenleuchte im Eingangsbereich noch nicht repariert hat oder vergessen, hat den fehlenden Schwamm für die Tafel zu besorgen, hier auf Kuba sieht das etwas anders aus: Das Gebäude wirkt von außen restaurierungsbedürftig und wenn man das offene Gebäude betritt, bleibt dieser Eindruck an den vielen Stellen bestehen. Wenn es regnet, tropft es, auch durch die Stromanschlüsse an den Decken und im Gang. Die Türen und Rollladen scheinen auseinander zu brechen und eine neue Wandfarbe hat das Haus schon lange nicht mehr gesehen. Dabei ist das Gebäude erst 37 Jahre alt.
Was auch gleich an den nächsten Aspekt erinnert:
Die Toiletten! Wir waren alle erst ein paar Tage auf Kuba und demnach nicht an die fettige und herzhafte Küche der Kubaner gewöhnt, was dazu führte, dass einige genau dort Darmprobleme hatten, wo man sie lieber nicht haben sollte: In der Federico-Engels-Schule. Diese sogenannten „banos“ hatten eine Kloschüssel, Spülung, Klopapier und Waschbecken waren jedoch nicht vorhanden, was uns alle sehr „freute“. Daher beschlossen wir kurzerhand, eine gemeinschaftliche Toilettenpapierrolle aus dem Hotel für die nächsten Tage in die Schule mitzunehmen. Dies hat sich gelohnt.

Sport wird bei uns an der Schule ja nicht sonderlich groß geschrieben. So ein bisschen Schulsport schafft doch jeder! Auf Kuba jedoch hatten wir das Gefühl, dass vor allem die Jungs einfach jede Sportart perfekt beherrschen. Bei den Spielrunden waren wir demnach nicht so gut und haben uns regelmäßig vor der halben Schule blamiert, lustig war es aber trotzdem.

Daheim sind Internate ja etwas Besonderes, hier auch; jedoch wohnt man in Deutschland als Schüler eines Internats nicht in Schlafsälen mit 70 Betten, die aus 5 cm Matratze und 5 cm Holzbrett bestehen. Jeder hat einen halben Spind für private Sachen und eben das Hochbett. Um ehrlich zu sein, wirkte es auf uns nicht sonderlich gemütlich, aber die Schüler waren trotzdem stets glücklich und froh, auf dieser Schule zu sein und das bewundern wir sehr.

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