Ein paar Fragen, Herr Kapitän

marieDatum: Mittwoch, der 04.03.2015
Mittagsposition: 31° 56,8′ N; 066° 24,9′ W
Etmal: 135,6 sm
Wetter: Lufttemperatur: 20°C, Wassertemperatur: 20,5°C, Wind: S3
Autorin: Marie

Guten Abend, meine Damen und Herren, und herzlich willkommen bei SWR – dem Sender für Segeln, Wind und Reisen. Heute haben wir Johannes von Bord der Thor Heyerdahl zu Gast. Er ist bei der aktuellen Schiffsübergabe der Schülerkapitän. Ich werde ihn interviewen und zwar über die Schiffsübergabe, die heute für 20 Stunden ausgesetzt wurde auf Grund von Unterricht, der noch für die erwünschte Stundenanzahl nötig war. So hat er ja jetzt mal eine Pause und hier ist er, dann fangen wir mal an, „Herr Kapitän“.

Wie mir zu Ohren kam, wurde gestern das Geheimnis um die Entfernung zwischen dem GPS-Ort und dem astronomisch navigierten Ort gelüftet. Hast du erwartet, dass es so läuft und bist du zufrieden damit?
Johannes: Also es hat mich natürlich wahnsinnig gefreut, dass wir so nah an dem eigentlichen GPS-Ort dran waren. Ich meine 1,5 Seemeilen Unterschied, genauer geht es ja fast nicht, oder? Zugegebenermaßen hatte ich anfangs meine Zweifel, was vor allem an den Wetterbedingungen lag, bei denen sich Sonne und Sterne nur selten bis gar nicht zeigten und wir nur auf unsere durch Geschwindigkeit und Kurs berechneten Orte angewiesen waren. Aber als das Wetter langsam aufklarte und die Berechnungen immer weniger Zeit beanspruchten, wurden wir immer zuversichtlicher und hatten auch so langsam den Dreh raus. Dass unser Ergebnis letztendlich aber doch so gut ausfallen würde, hätten wir nicht gedacht.

SWR: Na, das hört sich doch gut an. Wie fühlt es sich jetzt für dich an eine Pause zu haben? Bist du froh oder bist du mittlerweile so in deiner Rolle drin, dass es dir schwer fällt, das Schiff jetzt zurückzugeben?
Johannes: Für mich war das ein komisches Gefühl, jetzt das Schiff vorübergehend zurückzugeben und stattdessen im Unterricht zu sitzen und mal nicht Bescheid zu wissen über Kurs, Wind und Segelstellung. Nach sechs Tagen, an denen man über alle Geschehnisse informiert war und ständig wichtige Entscheidungen treffen musste, sei es in nautischer oder in organisatorischer Hinsicht, jetzt auf einmal wieder auf der anderen Seite zu stehen und dem Unterricht zu folgen. Somit habe ich mich auch gefreut, das Schiff heute für die letzten 24 Stunden erneut zu übernehmen.

SWR: Was war bis jetzt deine größte Herausforderung, wie hast du sie bewältigt und wie ist es für dich mit der ganzen Verantwortung auf deinen Schultern?
Johannes: Die größte Herausforderung war in brenzligen Situationen Geduld zu haben. Extrem schwer war es auch, den anderen Anweisungen zu geben, die in diesen Situationen erforderlich waren, obwohl man wusste, dass diese von den anderen Schülern nicht willkommen geheißen werden. Da muss dann einfach durch, auch wenn man die anderen verstehen kann. Die Verantwortung war schon groß, vor allem für 50 Personen und das gesamte Schiff. Dabei musste man wirklich jede Entscheidung genau durchdenken und den Überblick behalten, aber letztendlich hat doch alles gut geklappt und ich denke, ich habe viel für spätere Situationen gelernt.

SWR: Wenn du gewusst hättest, wie es laufen wird und was für Herausforderungen auf dich zukommen, hättest du dich beworben?
Johannes: Auf jeden Fall würde ich mich wieder bewerben. Auch wenn man manchmal mit Problemen oder Situationen konfrontiert wird, auf die man nicht sofort eine Lösung weiß, schafft man es doch immer mit vereinigter Kraft sie zu bewältigen. Schließlich ist auch diese Anspannung der Reiz an der Sache und ermöglicht es, über seine Grenzen hinauszuwachsen und Neues dazuzulernen.

SWR: Abschließend noch eine Frage zu gesamten Schiffsübergabe. Welcher Moment bleibt Dir ganz besonders im Gedächtnis?
Johannes: Der Moment, in dem ich erfahren habe, dass ich für die nächsten sechs Tage Kapitän sein werde. Insbesondere zu wissen, dass der Segelstamm mir zutraut, das Schiff zu leiten und vor allem durch das Abschalten des GPS ihr Vertrauen komplett in unsere astronomischen Fähigkeiten steckt, ohne selbst die Position überprüfen zu können. Deshalb war auch der Zeitpunkt, als unser berechneter Ort mit dem des GPS verglichen wurde, etwas ganz Besonderes, weil wir dadurch zeigen konnten, dass wir die Erwartungen erfüllt haben.

SWR: Vielen Dank für die Antworten, viel Erfolg weiterhin und weiter geht es mit dem Lied „Ships in the Night“ von Mat Kearney. Viel Spaß dabei!

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