Wohnen extrem

schueler.karenDatum: 20. Oktober 2015
Mittagsposition: 54°19,1′ N; 010°08,6′ W
Etmal: 0 sm
Wetter: Lufttemperatur: 11°, Wassertemperatur 11°, Windstärke: 1-2 E
Autorin: Karen

Endlich! Alles ist weitestgehend verstaut. Seit knapp einer Woche werden Werkzeuge, Essen, Fahrräder, Spenden etc. in jede freie Ecke der Thor gestopft. Und eben auch wir, die Kleidungstücke der KUSis. Während des täglichen Reinschiffs, bei dem die KUSis in ihren vier Wachen stationsweise die ganze Thor reinigen, wurde von den Wachführern eine Kammerkontrolle durchgeführt. Hierbei wurde besonderer Wert auf unsere ordentliche Verstauung gelegt.
Wir haben wirklich schon eine lange Reise hinter uns! Wochenlang wurden wir ausgesucht, eingekauft und strengstens begutachtet, dann wurden wir in Rucksäcke und muffige Seesäcke gequetscht. Unter den schlimmsten Bedingungen! Da lagen wir zwischen Gastgeschenken, Taschenmessern, Isomatten, Moskitonetzen, Schulsachen, Büchern, Stirnlampen und jeder Menge anderer komischer Sachen, die wir normalerweise in unseren schönen, gemütlichen Schränken nicht sehen. Wir wurden zusammengequetscht, eingepfercht und auf das ein oder andere T-Shirt wurde sich sogar draufgesetzt! Doch das Elend nahm seinen Lauf.

Wir verbrachten mehrere Tage in dieser höchst unbequemen Position, wurden immer und immer wieder zusammengedrückt. Und dann kam der Tag der Erlösung… dachten wir. Die Rucksäcke und Seesäcke wurden geöffnet, Licht schien uns entgegen und schon hörte man einen Pullover von hinten schreien: „Der Bügel gehört mir!“. Wir waren uns sicher, jetzt geht es in die tollen Schränke eines Hotels oder einer Ferienwohnung. Doch wir fielen sehr schnell wieder auf den harten Boden der Realität.

Es gab keine gemütlichen luxuriösen Schränke, Schubladen und Bügel, nein, unser neues Zuhause bestand aus zwei kleinen Fächern. Wir wurden hinein geschoben, übereinander gestapelt bis an die Decke und in ein möglichst geordnetes Chaos gebracht. Aber dieses „Glück“ in die kleinen Fächer zu kommen, hatten längst nicht alle. Nur die dicken und wärmenden Kleidungsstücke kamen in diesen Genuss. All die leichten und sommerlichen unter uns wurden wieder in die Gepäckstücke verfrachtet.

Wenn Sie jetzt denken, dass die Fächer schon der Höhepunkt waren, dann irren Sie sich gewaltig! Denn dann wurde es so richtig abenteuerlich! Das Letzte, was wir sahen, war das Chaos in den Kammern und auf den Kojen, bevor es in die legendären Unterkojen ging. Da landete unsereins dann neben einem Rucksack und einem Seesack auf der einen und neben Lebensmitteln, so zum Beispiel neben haufenweise Mehl, auf der anderen Seite. Nicht nur, dass es in diesen Unterkojen düster, muffig und kalt ist, nein, es gibt nur eine Viertelunterkoje für uns! Und das, obwohl das Abenteuer der Schüler ohne uns sofort ins Wasser fallen würde! Denn nur durch uns sind sie vor der eisigen Kälte und durchdringenden Nässe der Nordsee geschützt.

Wieder drückten die KUSis auf uns herum, damit wir auch nur halbwegs in die Unterkoje hinein passten. Dann ging in der Regel die Klappe zu, ein KUSi setzte sich auf die Koje, stellte fest, dass diese nicht mehr schloss. Dann ging die Klappe normalerweise wieder auf und es wurde wieder herumgequetscht, umsortiert und sich wieder daraufgesetzt.
Am Ende krümmelten wir uns alle so zusammen, dass es bei allen KUSis passte und dann wurden beide Daumen in die Luft gestreckt, unsere Besitzer freuten sich wie noch nie und die Wachführer waren zufrieden. Somit konnte Reinschiff beendet werden und der weitere Schiffsbetrieb des Tages konnte fortgeführt werden. An Bord der Thor passt immer alles, wenn auch manchmal erst nach einigen Versuchen.

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