Der Panamakanal aus der Sicht einer kurzen Hose

schueler.vinzent2 schueler.rajaEin leises Zippen reißt mich aus dem Schlaf. Ein bisschen Licht fällt auf mich und die Trekkinghose, die neben mir einen ganzen Wald durchsägt. Auch die T-Shirts schlafen noch. Bekommen die denn gar nichts mit? Der Rucksack wird weiter geöffnet und eine Hand tastet alles ab. Jetzt sind auch die anderen wach. Wer ist wohl der Glückliche? Wer darf dieses muffige, feuchte und stickige Loch verlassen und Panamaluft schnuppern? Die langen Hosen standen schon in den Startlöchern, denn in den letzten Tagen durften nur sie benutzt werden. Das lag daran, dass ich als kurze Hose für diese Region einfach zu freizügig bin. Die Hand tastet weiter und kommt zu den langen Hosen. Doch was ist das? Anstatt eine lange Hose aus ihrem Versteck zu ziehen, nähert sich die Hand jetzt von Backbord. Ach nein, links, wir sind ja an Land. Sie kommt immer dichter und dichter und dichter und ist schon fast da, als sie nach dem T-Shirt neben mir greift und es packt. Ich stöhne auf. Warum durfte nicht einmal ich nach draußen? Ich würde mich auch extra lang machen. Doch völlig unerwartet spüre ich einen Ruck und ein Ziehen und dann ist es plötzlich hell. Ich bin ganz euphorisch, als ich angezogen werde und sauge die Luft ein. Endlich.
Beim Frühstück stelle ich verblüfft fest, dass ich nicht die einzige kurze Hose bin und tausche mit einer anderen kurzen Hose die Neuigkeiten aus. Fast alle KUSis haben jetzt uns statt der langen Hosen an. Wahrscheinlich war ihnen einfach zu warm. Ich habe sogar doppeltes Glück! Meine Trägerin ist die Tagesprojektleitung von heute, das heißt, ich bin beim Ticketkaufen immer live dabei. Toni, an der ich hafte, verkündet auch gleich das heutige Tagesziel: Den Panamakanal. Davor gibt es noch Freizeit. Wieder habe ich Glück, denn Toni wollte im Hostel bleiben und telefonieren. So konnte ich mich vor dem Besuch des Panamakanals noch einmal entspannen.
Was krümelt denn da gerade auf mich? Das ist doch kein Toast, oder? Ich bin wohl eingeschlafen. Jetzt geht es endlich los. Die Rucksäcke aufgesetzt und alle eingestiegen in den Bus. Der Sitz ist ein bisschen muffig, aber die Fahrt dauert nicht lange und deswegen stört mich das nicht allzu sehr. Es wird interessant, als beide Tagesprojektleitungen an der Kasse des Panamakanalmuseums versuchen, Tickets zu kaufen. Mit ihren brüchigen Spanischkenntnissen haben sie nach einiger Zeit auch Erfolg und verteilen die Karten vor dem Betreten des Museums. Von der Museumstür strömt uns ein kalter Luftzug entgegen. Doch lange bleiben wir nicht im angenehmen Klima. Es geht die Treppe hoch, auf der Suche nach einem geeigneten Platz für das Referat über den Panamakanal von Lukas. Nein, hier oben scheint es nicht gut zu sein, aber wir finden einen besseren Ort. Dort lauschen wir den Worten des Referenten, die allerdings ständig von Jubelrufen unterbrochen werden. Als das erste Schiff an diesem Tag die Schleuse passiert, kündigt das ein Mitarbeiter des Museums triumphierend an und heimst sich dafür tosenden Applaus vom sehr amerikanischen Publikum ein.
Während meines Aufenthaltes am Kanal, erleben wir zwei Schiffe, die durch die Passage gelotst werden. Es ist interessant zu sehen, wie das große Schiff in die Schleuse hinein gezogen wird und immer weiter absinkt. Das Museum finde ich auch super, es gibt so viel zu sehen: Schiffsmodelle, Grabwerkzeuge und sogar eine begehbare Schiffsbrücke. Nachdem wir so viel über den Kanal gelernt haben, geht es wieder mit dem Bus zurück zum Bed & Breakfast und ich werde gleich gegen die Schlafanzughose eingetauscht. Es war schön, mal wieder an der frischen Luft gewesen zu sein, so schlafe ich zufrieden ein.

Autoren: Vinzent und Raja

Menu