Die Friedrich-Engels Schule – Einblicke in eine kubanische Schule

schueler.manuel schueler.linnDonnerstag der 04. Februar 2016, 9:00 Uhr morgens.
Endlich brach die letzte Etappe der zweieinhalbtägigen Tour de Cuba an. Gut ausgeruht legten wir, die 36 Athleten, begleitet vom Staatsfernsehen, der ICAP und einer Polizeieskorte die letzten Kilometer zurück. Durch Schlaglöcher und Pferdeäpfel, hinter Oldtimern und Kutschen, um die Kurve und da kam sie schon in Sicht, die gewaltige Büste von Friedrich Engels. Auf der Ziellinie hatte sich bereits eine Gasse zwischen ca. 300 kubanischen Schülern und Schülerinnen gebildet, die uns wie Helden mit einer Laola-Welle und lautstarker Musik freudig empfing. Sogleich begann die Willkommensfeier und eine Salsa-Tänzerin zeigte mit ihrem Partner ihr Können, wobei unsere Erwartungen spätestens nach der musikalischen Darbietung und einer weiteren Tanzchoreographie gänzlich übertroffen waren. Die ganze Schule wollte sich bestmöglich präsentieren, nahm uns KUSis so gleich in ihre Gemeinschaft auf und hieß alle herzlich willkommen. Die Schüler, mit der Schuluniform ordentlich zurechtgemacht, führten uns durch die Schule, welche auf den ersten Blick recht gut erhalten wirkte, sich dann aber als riesiges Gelände mit oftmals etwas baufälligen, schlichten Gebäuden erwies. Bei einer kleinen Präsentation mit Fragerunde erfuhren wir, dass es in jeder kubanischen Provinz eine solche Hochbegabtenschule für die Oberstufe gibt. Diese dürfen nur diejenigen Schüler besuchen, die den Aufnahmetest mit einer 2+ bestehen und diesen Schnitt auch halten können. Alle von außerhalb wohnen mit ca. 50 anderen in großen, sehr einfachen Schlafsälen, wo ihnen ein Platz in einem wackeligen Hochbett und ein kleines Fach zur Verfügung standen. Von der Schule bekommen sie Essen, Schulzeug und zwei Garnituren der Schuluniform pro Jahr, denn Bildung ist in Kuba kostenlos, worauf die Kubaner sehr stolz sind. Als Gegenleistung sind jedem Schüler, ähnlich wie an Bord, verschiedene Aufgaben und Dienste zugeteilt, die neben dem Schulalltag ausgeführt werden müssen. Dazu gehört zum Beispiel das Zubereiten und Austeilen der Mahlzeiten, das Säubern kleiner Bereiche in der Schule, Arbeitseinsatz im Schulgarten oder auch einen Tag lang Wache zu gehen, was bedeutet, dafür zu sorgen, dass alle Schüler sich korrekt verhalten. Neben der Schuluniform in dunkel- und hellblau, muss jeder Schüler ein Schild an der Schulter tragen, an dem man auch erkennen kann, ob er Internatsschüler ist oder nicht.
Interessant ist auch der Stundenplan der kubanischen Schüler: 11 Tage lang gehen sie von 8:00 bis 17:00 Uhr zur Schule oder haben Dienst, danach haben sie 4 Tage frei und können ihre Familien besuchen.
In den nächsten paar Tagen lernten wir dank unserer Partner die Schule näher kennen, besichtigten das schuleigene Museum über die kubanische Geschichte, spielten gegen sie in verschiedenen Sportarten und durften auch in den Unterricht hineinschnuppern. An sich gibt es ähnliche Fächer wie in Deutschland, bis auf das Fach Militärtheorie, in dem die Schüler lernen „sich im Falle der Verteidigung ihres Landes auch im Feld zurecht zu finden“. Den militärischen Hintergrund der kubanischen Ausbildung haben wir auch bei einem morgendlichen Fahnenappell bemerkt, wobei sich eine Gruppe von Schülern marschierend formierten und beim Hissen der Flagge die Nationalhymne gesungen hat. Danach gab es noch eine kleine Zeremonie mit der Flagge, der Büste von Friedrich Engels und kleinen politischen Reden. Außerdem werden oft kommunistische Parolen oder das Schulmotto im Chor aufgesagt:
„Nuestra escuela es: fragua martiana marxista leninista forjadora de futuro communista“,was in etwa so viel heißt wie: Unsere Schule kommt aus der Schmiede Martís, Marxs und Lenins und formt zukünftige Kommunisten.
Am meisten Spaß hatten wir jedoch in den Pausen, in denen sich viele Schüler versammelten und die Neuigkeiten vom schuleigenen Radio futuro, in dem auch wir auf Spanisch interviewt wurden, anhören. In den Redepausen läuft lautstarke Musik, die auch von den Putzfrauen und Lehrern eifrig zum Tanzen genutzt wird.
Mittagessen gab es im Anschluss in der Kantine, wo einem ein ganzes Tablett mit Essen vollgehäuft wurde. Das Essen bestand immer aus einer Bohnensuppe, Reis, einer Fleischbeilage, Salat und einer Nachspeise wie Milchreis und frischer Ananas. Die Zubereitung als auch die Fleischauswahl unterschied sich doch sehr stark von der unseren, so dass wir, wie auch einige Kubaner, die Tablett nicht ganz leerten. Das absolute Highlight unseres Aufenthaltes waren jedoch die Tanzabende und der Galaabend, bei dem die Kubaner uns endgültig mit ihrem Talent überwältigten und Tanz, Gesang und Modenschau perfekt präsentierten. Trotz der kurzen Übungszeiten konnten auch wir eine kleine Show darbieten und alle hatten großen Spaß.
Der Besuch der Friedrich-Engels-Schule und damit verbundene Austausch mit den kubanischen Schülern war für uns alle ein besonders prägendes Erlebnis, da wir das politische System in Kuba noch näher kennengelernt und miterlebt haben. Außerdem haben uns die Schüler sehr nett aufgenommen, uns alles erklärt und bei den sehr lustigen Tanzabenden natürlich ein wenig Tanzen beigebracht. Jedenfalls entstanden gleich ein paar neue Freundschaften und bei der Verabschiedung kam richtige Traurigkeit auf.

Viele, viele schöne Grüße, auch von den Kubanern, Manuel & Linn

Menu