‚Into the East‘ – langsam gen Osten

schueler.stefanDatum: Sonntag, der 20.03.2015
Mittagsposition: 36° 27,8′ N; 036° 08,3′ W
Etmal: 114 sm
Wetter: Lufttemperatur: 20,7° C, Wassertemperatur: 18,5°C, Wind: NNW 1-2
Autor: Stefan

Die Heimreise, der Weg zurück nach Hause – wohl ein Thema, das viele von uns hier an Bord spätestens seit den Bermudas eingeholt hat und uns seither begleitet. Schon auf Kuba war zwar klar, dass es langsam wieder Richtung Heimat geht, wie schnell dann allerdings fünf Knoten sein können, die uns jeden Tag über 100 Seemeilen näher an Deutschland brachten, war dort wahrscheinlich vielen von uns noch nicht ganz bewusst, außerdem lagen zu diesem Zeitpunkt auch noch zwei Monate der Reise vor uns.
Inzwischen sind es allerdings nur noch knapp fünf Wochen und jeden Tag rückt der Alltag näher.
Doch was verursacht dieses Gefühl des ‚schleichenden Heimkehrens‘ eigentlich bei einer einzelnen Person oder gar bei der gesamten KUS-Gruppe?
Die Antwort auf diese Frage ist leicht: einiges!
Zum einen wird langsam, aber sicher klar, dass unsere Reise – wie jede – irgendwann einmal zu Ende gehen muss. Von Anfang an war einem sicherlich bewusst, dass es lediglich ein halbes Jahr ist – eines voller Abenteuer, toller Begegnungen, großartiger Augenblicke – doch dass dieses so schnell vorübergehen würde, wo es doch am Anfang noch so endlos lang erschien (ohne Familie und heimisches Ambiente), war wohl in der Biskaya, wenn auch manchmal aufgrund von Seekrankheit und Heimweh erwünscht, noch nicht ersichtlich.
Zum anderen zieht es inzwischen die Gedanken vieler zurück in die Heimat. Nicht aufgrund von Heimweh, sondern weil wir uns viele Gedanken über Familie, Freunde und nicht zuletzt auch Schule machen müssen. Denn schon bei der Wahl unserer Addita und Wahlpflichtfächer hier an Bord (in welchen wir Lernzeit zum selbstständigen Wiederholen von Fächern bekommen, die während der Reise nicht unterrichtet werden) lag das Augenmerk auf den Fächern, die nach KUS in der Schule weitergeführt werden.
So konnten wir uns entscheiden, ob Biologie, Geographie oder Geschichte für uns mehr von Interesse beziehungsweise Nutzen war. Alle drei Fächer fanden an Bord zur selben Zeit statt. Prioritäten setzen und später Eigeninitiative beim Nachlernen der anderen Fächer zeigen, das ist hier gefragt.
Natürlich kann man auch eine Konfrontation mit der (politischen) Situation in Deutschland nicht vermeiden und muss auch in dieser Hinsicht schon mal wieder ein wenig auf dem Laufenden sein, um überhaupt zu wissen, was in unserer Heimat gerade vor sich geht, dabei hilft das Nachschauen im Internet bei Landaufenthalten.
Ich realisiere erst Stück für Stück, was wir in den letzten Monaten alles erleben durften, an welchen entlegenen Orten wir waren und nicht zuletzt, welche Strapazen wir teils auf uns genommen haben, um dorthin zu gelangen, auch wenn immer noch täglich neue Erfahrungen dazukommen, die es ein wenig erschweren, das schon Erlebte zu verarbeiten. Wie weit weg wir eigentlich von daheim waren und was in dieser Zeit alles passiert ist. Sowohl hier als auch dort.
Genauso wird aber jetzt auch immer klarer, wie schnell dieses halbe Jahr vergangen ist. Ich erinnere mich noch genau, wie ich beim Lesen der Blogeinträge der letzten Jahrgänge erstaunt war, wie schnell die Reise vergeht, doch im Moment sind wir trotzdem viel zu sehr damit beschäftigt alles Erlebte zu verarbeiten, als dass sie in knapp fünf Wochen schon wieder zu Ende gehen könnte.
Zwar sind wir noch lange nicht in Kiel, aber sicherlich lohnt es sich schon jetzt, jeden Moment noch mehr zu genießen als es sowieso schon getan wird. Jede Unterrichtsstunde, die einen so krassen Kontrast zum heimischen Unterricht darstellt; weil man mit Wasser gefüllte Luftballons von den Rahen fallen lassen kann, um Geschwindigkeiten zu berechnen oder auf karibischen Trauminseln etwas über das Riff lernt; jeden freien Abend, den man mit anderen, gut gelaunten KUSis bei Tee, Trinkschokolade und Musizieren in der Messe verbringt, einfach jeden Augenblick, der uns mit der Gruppe zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort geschenkt ist.
Natürlich klingt das jetzt ein wenig sentimental, aber es ist eben etwas ganz Eigenes, gerade mit einem Segelschiff über den Nordatlantik zu fahren und nach diversen Landaufenthalten jetzt bald auch noch die Azoren unsicher zu machen.
Im Lied ‚Into the West‘ heißt es „the ships have come to carry you home“. Was im Lied mehrere Schiffe sind, ist bei uns die Thor, unser Zuhause, zumindest momentan.
Die nächsten fünf Wochen halten sicherlich noch vieles parat, weshalb auch noch nicht die Zeit gekommen ist, schon mit dem Genießen aufzuhören. Im Gegenteil!
„Weil jeder Tag zählt!“

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