Datum: Sonntag, der 17.04.2015
Mittagsposition: 53° 31,9′ N; 005° 16,5′ E
Etmal: 128 sm
Wetter: Lufttemperatur: 8° C, Wassertemperatur: 8,5°C, Wind: NW 3-4
Autorin: Marie
Heute war mal wieder Sonntag auf der Thor, dass hieß: SONNTAGSFRÜHSTÜCK! Doch nicht nur das war besonders heute, denn es ist Schiffsübergabe und ich habe den Posten der Projektleitung. Zusammen mit Jonas darf ich den Bordalltag und den Abschlussabend organisieren und in Deutschland einklarieren. Es ist zwar viel zu tun und eine Herausforderung, aber es macht unglaublich viel Spaß und ist eine riesengroße Chance, um Erfahrungen zu sammeln. Heute stand für uns die tägliche Runde mit der Schiffsleitung auf dem Plan, in der wir die Route und das Programm für die nächsten 24 Stunden miteinander besprochen haben. Auch da war heute nicht alles normal, denn es gab eine unerwartete Planänderung. Weil wir zu schnell unterwegs waren, entschieden wir, die Schüler-Schiffsleitung, einen zweitägigen Zwischenstopp in Helgoland einzulegen, anstatt gleich nach Brunsbüttel zu fahren. Alle an Bord waren begeistert von diesem Plan. Für Jonas und mich hieß das, dass wir den ganzen Nachmittag lang die Einklarierung in Deutschland vorbereiteten und das Landprogramm ausarbeiteten. Am Abend bei einer Schiffsversammlung stellten wir dann das Landprogramm vor. Danach zerstreute Ruth, unsere „Bordmama“, die Ängste vor dem Ende der Reise mit Berichten von den letzten Jahrgängen. Denn bei vielen ist die größte Angst, einander nach der Reise nicht wiederzusehen. Die zerstreute Ruth, indem sie sagte, dass die eigentlichen Kosten erst nach der Rückkehr durch Zugfahrten entstehen. Zur Zeit sind alle nervös, wenn sie an die Heimkehr nach Deutschland und den Abschied von unserer KUS-Familie denken. Es ist viel passiert in diesem halben Jahr und es gibt viele Momente, die wir vermissen werden, darunter auch ganz alltägliche!
Eine Liste, der Dinge, die ich vermissen werde:
– (Seemanns-)Sonntagsfrühstück
Es gibt nichts Schöneres als morgens ganz gemütlich mit der Wache zu frühstücken.
– bei Sonnenaufgang ins Bett gehen
Zur Zeit bin ich in Wache 2 (Wachzeit 02-05 Uhr) und als wir heute Morgen nach der Wachübergabe ins Bett gegangen sind, konnten wir noch einen wunderschönen Sonnenaufgang bewundern.
– Segelmanöver
Man kann nicht ein halbes Jahr lang auf einem Segelschiff leben, ohne sich ins Segeln zu verlieben.
– in der Messe sitzen und Tee trinken
Gerade in den kalten Etappen ist die Messe oft voll mit Leuten, die gemeinsam Tee trinken, reden und Spiele spielen.
– Filmeabende
Filmeabende auf der Thor haben etwas Besonderes. Meistens haben alle zu viel zu tun, aber für die Filmeabende nimmt sich jeder Zeit und es ist eine so gemütliche Atmosphäre.
– jeden Tag etwas Neues erleben
Auf der Thor wird es NIEMALS langweilig! Es passiert jeden Tag etwas Neues und Unerwartetes. Schnell haben wir alle gemerkt, dass man Pläne auf der Thor zwar machen kann, aber sie sich spätestens bis zum Mittagessen mehrmals ändern.
– die KUS-Familie
Ich kann es gar nicht oft genug erwähnen und betonen, wie wichtig mir alle an Bord geworden sind! Es wird seltsam werden, wenn man zu Hause ist und die anderen in ganz Deutschland verstreut.
– Massagen
Komischerweise ist man hier immer verspannt, doch es gibt auch 49 Personen bei denen man um eine Massage betteln kann.
– zusammen Zähne putzen
Zu Hause steht man alleine im Badezimmer, hier stehen fünf Leute neben einem mit denen man sich mit Händen und Füßen unterhält.
– Diskussionen über deutsche Grammatik und Aussprache
„Wem ist das?“ „Wie wird es ausgesprochen: Chemie, Kemie oder Schemie?“
Das sind vollkommen normale, alltägliche und manchmal nervtötende Diskussionen. Ich, als Norddeutsche, werde das Bayerische vermissen und unsere Bordsprache, die man inzwischen nicht mehr Deutsch nennen kann.
– zusammen Musik machen
ich weiß gar nicht mehr, wie viele Abende ich schon in meiner Koje lag, als ich aus der Messe Musik hörte und mich dann gegen Schlafen und für einen gemütlichen, musikalischen Abend mit den anderen entschied.
– Backschaft
Manche hassen es, andere lieben es. Ich liebe es! Auch wenn es anstrengend ist, mag ich es, von morgens bis abends in der Kombüse zu stehen und für 50 Personen zu kochen.
– sich keine Gedanken über das Aussehen zu machen
Man kann hier herumlaufen, wie man möchte. Man muss sich keine Gedanken, um Schminken oder Flecken auf der Kleidung machen. Ich meine, wir sehen uns zu den verrücktesten Tages- und Nachtzeiten, haben so viel zusammen erlebt und durchgemacht, da kümmert es niemanden mehr, wie man aussieht.
Und das ist nur ein Bruchteil der Dinge, die ich vermissen werde. Doch auch die schönsten Abenteuer müssen irgendwann ein Ende haben und das Ankommen zu Hause wird ein Abenteuer der ganz anderen Art werden.