Countdown zur Halse

schueler-jan-kopieDatum: Montag, der 14.11.2016
Mittagsposition: 26°44.0’N 017°04.5’W
Etmal = 118 sm
Wetter: Lufttemperatur: 22,5°C, Wassertemperatur: 23,0°C
Autor: Jan

An diesem Morgen fühlte ich mich brillant. Dank meiner neuen Wachzeit hatte ich insgesamt neun Stunden geschlafen! Es war ca. halb elf, als mir gesagt wurde, dass um fünf nach elf Signal K kommen würde. Signal K ist das „all hands on deck“-Signal, d.h. alle werden an Deck für ein bestimmtes Manöver gebraucht. In diesem Fall war es eine Halse, um unseren Kurs zu korrigieren. Wir trafen uns auf dem Achterdeck, wo uns Detlef den genauen Ablauf einer Halse erklärte. Dies versuche ich nun auch, aber ich weiß nicht, ob ich genauso gut erklären kann wie Detlef …

Nehmen wir mal an, die Thor segelt auf Raumschotkurs mit Wind von Steuerbord.
Raumschotkurs ist ein Kurs, bei dem man fast vor dem Wind segelt. Um es sich besser vorstellen zu können, stellt euch mal vor, ihr sitzt vor einer Pizza. Diese Pizza wurde in 8 gleiche Teile geteilt. Die Thor segelt nun vom Rand des untersten linken Pizzastückes zum Mittelpunkt der Pizza. Der Wind halbiert die Pizza von unten nach oben. Die Gaffel- und Rahsegel sind so eingestellt, dass der Wind genau senkrecht auf sie trifft, also nach Backbord ausgebaumt bzw. gebrasst.
Es folgen die Kommandos: „Klar zur Halse! Rahen vierkant brassen! Gaffelsegel dicht holen!“. Schoner, Groß und Besan werden so dicht geholt, dass sie genau in der Mitte vom Schiff stehen. Gleichzeitig fällt die Thor auf Vorwindkurs ab. Dann heißt es: „Rund achtern!“. Die Thor dreht nun von Vorwindkurs weiter auf Raumschotkurs, nun aber mit Wind von Backbord. Währenddessen werden die Gaffel- und Rahsegel kontrolliert geführt, sodass der Wind möglichst immer senkrecht zu den Segeln steht.

Das war die Theorie, dann folgte die Praxis. Wir hatten fünf Minuten Zeit, um uns auf unseren neuen Stationen zurechtzufinden. Dann ging es los, meine Wache hatte auf dem Vorschiff ziemlich wenig zu tun. Wir mussten nur die Vorsegel auf die andere Seite holen. Danach gab es die Nachbesprechung auf dem Achterdeck. Die Rückmeldung von Detlef war, dass die Lose in die Gaffelsegel nicht kontrolliert reingegeben wurde, was aber wichtig sei, weil sonst die Bäume anfangen würden zu schlagen. Unsere zweite Chance folgte auf dem Fuße, nur dass wir dieses Mal nur zwei Minuten Vorbereitungszeit hatten. Diese Halse verlief sehr gut! Die Gaffelsegel wurden nun richtig kontrolliert, Rahsegel genau gebrasst und unsere Vorsegel hatten wir auch relativ gut herumbekommen. Das Problem war, dass die Knoten von der Mittelklüverschot zu groß waren und wir unsere Mühe und Not hatten, das Segel ums Innenklüverstag (= Drahtseil, an dem das Segel vorne festgemacht ist) herumzuführen. Ich sagte mir: „Jetzt sieht’s doch gut aus!“ Wir wollten schon alle Tampen aufräumen, als Detlef nochmal rief: „Klar zur Halse!“. Ich dachte mir: „Waaaasss??“ Nach kurzem Nachdenken verstand ich aber, dass wir die dritte Halse brauchten, um den bereits nach der ersten Halse eingeschlagenen neuen Kurs wieder aufzunehmen. Auch diesmal lief alles gut und wie am Schnürchen, Signal K wurde aufgehoben.
Kurz vor dem Abendessen hätten wir dann fast noch ein Signal gehört: Ein Regenschauer näherte sich, und es sah nach einem Böeneinfall aus. Das Signal „Böeneinfall“ wäre vergleichbar mit dem K-Signal, jedoch müssen dabei nur die, die das Signal gerade hören, so schnell wie möglich an Deck kommen, um beim Bergen der Segeln zu helfen. So wurden wir zwar ordentlich nass, die Böen blieben aber zum Glück aus!

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