Der Ärmelkanal und der Pudding

Philipp

Datum: Samstag, der 27.10.17
Mittagsposition: 50° 27,4’ N; 000° 41,7’ W
Etmal: 169 sm
Wetter: Lufttemperatur: 16,5°C, Wassertemperatur: 17,5°C, Wind: WNW 4
Autor: Philipp

Bevor ich diesen Blogeintrag beginne, schicke ich euch allen schöne Grüße aus der westlichen Hemisphäre.

Begonnen hat dieser Tag, über den ich heute schreibe, mal wieder mit einer Wache. Am Vortag war eine sehr eindrucksvolle Nachtwache, von 20-23 Uhr, da wir die Straße von Dover durchquerten. An Steuerbord (in Fahrtrichtung rechts) lag dann England, während die Lichter von Frankreich wie ein Sonnenaufgang an Backbord (in Fahrtrichtung links) strahlten. Hier war das Steuern extrem wichtig, da wir die „Schiffsautobahn“, also die Hauptverkehrslinie im Ärmelkanal verließen. Wir fuhren dann in einem Fischereigebiet von England und waren verpflichtet allen Fischern auszuweichen, wobei wir außerdem auf die schwer sichtbaren Bojen der Fischernetze achten mussten. Hier war der Ausguck besonders gefordert.

Die Morgenwache von 08.00-11.00 Uhr hatte auch so einiges zu bieten. Besonders war zum einen die Überquerung des Nullmeridians, dem nullten Längengrad, der durch Greenwich verläuft. Zum anderen durfte ich der sogenannte „Wachprinz“ sein. Das heißt, dass ich der Wachführer war, also die Besatzung meiner Wache in ihre Aufgaben einteilen durfte. Das war für mich besonders interessant, obwohl diese Aufgabe natürlich auch eine große Verantwortung bedeutete.

Den guten Vorsatz, nach der Wache zu schlafen, schaffte ich leider nicht. Zuerst stand Reinschiff an, wobei unsere Wache für das Putzen von der Last zuständig war, danach gab es das bereits heiß-ersehnte Mittagessen. Als ich mich endlich hinlegen wollte, sollte ich noch den Blog einer Mitschülerin Korrektur lesen, da ich, zusammen mit Lea, für diese Aufgabe bis Teneriffa der Beauftragte bin. Im Anschluss musste ich Julia aus meiner Wachgruppe in der Backschaft ersetzen und dann nach dem Schreiben eines Tagebucheintrags, beschloss ich, dass sich das Schlafen auch nicht mehr lohnt und stattete deswegen dem Hauptdeck einen Besuch ab. Nach mehreren grauen, kalten Tagen auf der Nordsee strahlte die Sonne auf das Deck. Überall entspannte und sonnte sich die Crew auf dem Deckshaus und auf dem Oberdeck. Da erfuhr ich von dem Problem in der Kombüse: auf dem Boden verteilt lag bei meinem Eintreten der langersehnte Pudding. Ein Gemisch aus Schoko- und Vanillepudding sowie Glasscherben bedeckten den Boden. Jetzt stellte sich natürlich die Frage, wie kommt das da hin? Das lag anscheinend an dem Kartoffelgratin. Die eifrigen Leser/innen unseres Blogs haben von diesem bestimmt schon gelesen, trotzdem erzähle ich noch mal davon.

Es war einmal vor langer Zeit auf der Nordsee, da lag mehr als die Hälfte der Schüler/innen und Crew des KUS-Jahrgangs 17/18 seekrank im Bett. Da kochte ein tüchtiges Backschaftsteam unter Laura einen Kartoffel-Brokkoli Auflauf, also so ein Gratin und davon drei riesige Bleche. Am Kochtag wurde dann letzten Endes nur ein Drittel von einem Blech gegessen. Seitdem gibt es zu jeder Mahlzeit zusätzlich Kartoffelgratin. In großen Blechen steht er in der Kombüse und wartet auf das nächste Essen. So kam es wie es kommen musste und ein Backschafter stolperte über die am Boden stehenden Bleche und die gesamte Box mit zwölf Schalen Pudding stürzte zu Boden. So nahm die Geschichte ihren Lauf und schließlich wurde der Nachmittagstee aufgrund unvorhersehbarer Umstände und einer Verkettung unglücklicher Zwischenfälle um eine Stunde verschoben, für die Stammcrew musste der Pudding gestrichen (dafür gab‘s guten Cappuccino) und im Laufe des Abends auch das Abendessen verschoben werden. Die Laune sank demnach ein wenig.

Danach gab es eine Vollversammlung auf dem Hauptdeck. Die Nachricht lautete: „Keine Übernachtung in Falmouth!“ Das bedeutete für uns, dass wir nach dem Tanken von Öl und Wasser, im Fachchargon „bunkern“ genannt, sofort auslaufen sollten. Dies war das Fazit, das unser Kapitän Detlef aus den Wetterberichten zog, da bald für uns äußerst günstige Ostwinde kommen werden, mit denen das Segeln nach Teneriffa perfekt wäre. Letzten Endes stellte sich dann doch heraus, dass wir eine Nacht in dem Land der grünen Wiesen und der Burgen bleiben können.

Während der Nachtwache gab es dann wieder Sternenkunde von Ferdi, das große Himmels-W, Kassiopeia, der Adler und Pegasus sind bei der Wache 4 mittlerweile gut bekannt. Außerdem wurde eine neue Königin gekrönt. Maura übernahm nämlich den Job als Schüler-Wachführerin, den sie ziemlich gut erledigt hat.

Nun will ich meinen Blog so beenden, wie wir uns auf Plattdeutsch bei der Nachtwache ablösen: „Verfangen Roder und Utkiek,“ und „Weg die Wach“.

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