Der Atlantik zeigt sich von seiner besten Seite

Paul

Datum: 21. November 2017
Mittagsposition: 26° 52,9` N 017° 33,8` W
Etmal: 120 sm
Wetter: Lufttemperatur: 24°C, Wassertemperatur:23°C, Wind: S 4
Autor: Paul

Teneriffa ist längst am Horizont verschwunden. Über uns der blaue, wolkenlose Himmel und um uns der ungewöhnlich ruhige Ozean. Am ersten vollen Tag der Atlantiküberquerung sehe ich nur Wasser. Dies ist ungewohnt nach sieben Tagen an Land auf Teneriffa und der Bordalltag auf hoher See ist wieder neu für mich. Vor allem das sanfte Schaukeln und der strahlende Sonnenschein machen uns glücklich.

Ich durfte heute bis um 9.00 Uhr schlafen, etwas das der pure Luxus hier an Bord ist. Als ich noch verschlafen an Deck taumel, um zum Frühstück zu gehen, strömt mir angenehm warme Luft entgegen und ich bemerke, dass ich definitiv zu warm angezogen bin. Fast alle Frühstückenden sitzen im T-Shirt an den Tischen und die Stimmung ist super. Die Backschaft hat mal wieder alles gegeben und ich kann mein Frühstück in vollen Zügen genießen.
Auf der ersten Etappe war ich Mitglied der Wache IV, die jeden Tag von 8.00 bis 11.00 Uhr und von 20.00 bis 23.00 Uhr Wache hat. Für die Atlantiküberquerung habe ich die Wache I gewählt, in der ich immer von 11.00 bis 14.00 Uhr und von 23.00 bis 02.00 Uhr Wache am nächsten Tag habe. Unser Tag startet für die jetzige Etappe um 23.00 Uhr, denn wenn der Tagesbeginn ganz normal angesetzt wäre würde das in der Wache I für Verwirrung sorgen.
Um 13.08 Uhr bescherte der Atlantik uns einen atemberaubenden Moment. Auf Steuerbordseite meldete der Ausguck plötzlich Wale. Innerhalb von Minuten war die ganze Besatzung an Deck, um sich die Schule, bestehend aus ca. 15 bis 20 Tieren, anzusehen. Am Vorschiff drängelten sich ein Dutzend KuSis nach ganz vorne durch, um die in der Bugwelle spielenden Meeressäuger zu beobachten.
An manchen Tagen der ersten Etappe durften wir schon Delphine bewundern, aber Wale sind für uns alle neu. Der ausschlaggebende Unterschied zwischen Delphinen und Walen ist jetzt deutlich geworden. Die Delphine der ersten Etappe schossen pfeilschnell durchs Wasser, wohingegen die Wale in einer beeindruckend ausgeglichenen und entspannten Geschwindigkeit durchs Wasser gleiten. Später sichtete ich vom Achterdeck aus an Backbordseite in beträchtlichem Abstand zum Schiff noch einmal die Gruppe der Wale. Das Einzigartige daran war, dass vier Tiere genau im gleichen Moment auf- und wieder abtauchten. Ich habe im Nachhinein mit Martin, dem stellvertretenden Projektleiter, gesprochen und er konnte mir genau sagen welche Walart wir dort sehen konnten. Der charakteristisch runde Kopf und die gebogene Finne sowie die Körpergröße ließen eindeutig auf Grindwale schließen.
Ein weiterer Höhepunkt des Tages ereignete sich nach der Walsichtung. Für die Etappe Teneriffa-Grenada wählte jeder von uns Schüler/innen ein Wahlpflichtfach. Zur Auswahl standen Astronavigation, Meeresbiologie, spanische Konversation und ein Debattierclub auf Englisch. Ich habe Astronavigation bei Detlef gewählt. Heute Mittag durften wir mit ihm die drei Sextanten ausprobieren, welche wir hier an Bord haben. Detlef ließ sie vor der Werftzeit einmal von einem Spezialisten überprüfen und so konnten wir exakte Messungen vornehmen. Ein Sextant ist ein wichtiges nautisches Werkzeug für die astronomische Navigation und wird zur Messung des Winkels zwischen der Sonne und dem Horizont gebraucht. Das astronomische Navigieren wäre ohne einen Sextanten nicht möglich. Im Unterricht werden wir dann morgen den Breitengrad errechnen können, auf dem wir uns heute Mittag befanden.

Der heutige Tag bescherte uns ein einmaliges Erlebnis beim Segeln über den Atlantik, vor allem in Bezug auf die Tierwelt des Ozeans. Für mich war die Walsichtung einer der fesselndsten Momente der bisherigen Reise, vor allem weil ich zum Thema Wale ein Referat auf den Azoren halten werde.

P.S.: Unser Bordarzt Christian schickt liebe Geburtstagsgrüße an seine liebe Frau (IDA).

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