Von Katamaranen und sonderbaren Winden

Benedict

Datum: Samstag den 25.11.17
Mittagsposition: 19° 55,7’N, 022° 47,4’W
Etmal: 123sm
Wetter: Lufttemperatur: 25°C, Wassertemperatur: 25,5°C, Wind: SW 3-4
Autor: Benedict

Heute erwachte ich bei Morgengrauen auf der Ladeluke und konnte den Sonnenaufgang durch ein paar Wolken am Horizont beobachten, was seine Schönheit nicht im geringsten schmälerte. Mittlerweile finde ich es angenehmer draußen zu schlafen als in der Kammer, da die Temperaturen drinnen, vor allem wenn die Oberlichter geschlossen sind, tropisch anmuten. In sternenklaren Nächten kann man dann wunderbar die zahllosen Sternschnuppen beobachten, die in unterschiedlicher Helligkeit und Farbe über das tiefschwarze Himmelszelt ziehen.

Das Frühstück nahmen wir bei einer angenehmen Brise, welche leider aus der falschen Richtung kommt, um zu segeln, an Deck ein. Generell scheint der Wind uns im Moment nicht allzu wohlgesonnen zu sein, zwar ist er nicht so stark, dass jemand seekrank wird, aber der Nordostpassat, der die Atlantiküberquerung zu dieser Jahreszeit eigentlich sehr gut möglich macht, ist dieses Jahr ungewöhnlich schwach und lässt auf sich warten. Das ist nicht nur für uns ein Problem, die wir die ganze Zeit unter Maschine fahren müssen und Unmengen an Diesel verbrauchen. Nein! Auch andere Segler, die ebenfalls in die Karibik wollen, macht der für diese Zeit ungewöhnlich unbeständige Wind zu schaffen. So bat uns heute Vormittag ein französischer Katamaran per Funk um Hilfe, dem, da er nicht wie geplant segeln konnte und unter Motor fahren musste, der Diesel ausgegangen war. Als dieser längsseits neben uns kam, wurde der Mathematikunterricht über rechtwinklige Dreiecke unterbrochen, damit wir mithelfen konnten, das Rescue-Boot auszusetzen. Dieses machte dann an dem Katamaran fest, um der Mannschaft 120 Liter Diesel zu übergeben. Wir hoffen, dass die Segler es mit dieser Hilfestellung schaffen, die Kapverden zu erreichen, und wir müssen, wenn der Wind sich nicht verbessert, selbst darüber nachdenken, einen kurzen Zwischenstop auf den Kapverden einzulegen, um unsere eigenen Dieselvorräte aufzufüllen. Das wäre, wie schon Madeira, ein völlig neues Ziel, welches noch nie von einem KUS-Jahrgang vor uns angefahren worden ist.

Nach dieser “Hilfsaktion” ging der Unterricht wie geplant weiter bis zum Mittagessen. Es folgte eine Schiffsversammlung auf dem Achterdeck, bei der das Wetter und die Planung für die nächsten Tage vorgestellt wurden. Auch wurde über unseren Wasserverbrauch gesprochen, der in den letzten Tagen zu hoch war, und beschlossen, dass wir nun natürlich umso sparsamer mit unserer wichtigsten Resource umgehen werden. Des Weiteren stellten wir unsere Uhren um eine Stunde zurück und gewannen so mehr Zeit für das Großreinschiff. Jetzt wurde auf allen Stationen geputzt was das Zeug hielt. Als dann um 14:45 Uhr der Schiffsrat tagte und anschließend das Schiff auf seine Sauberkeit überprüfte, musste nur an wenigen Stellen nachgebessert werden.
Kurz darauf trafen wir uns alle auf dem Achterdeck zum Samstag-Nachmittag-Programm. Zuerst gab es die Versteigerung des Inhalts in der Lost&Found-Kiste. Diesmal kamen einige spannende Objekte zu sehr guten Preisen unter den Hammer. Neben einem MP3-Player, einem grünen Badeanzug und einigen einsamen Socken wurde auch ein Strandhandtuch aus feinster Baumwolle, nachdem es von den Auktionatoren kräftig angepriesen worden war, für stolze 7,50 € verkauft. Der Erlös dieser Auktion geht übrigens an die Gesellschaft zur Rettung von Schiffbrüchigen und da allein heute 24 € eingenommen wurden, wird bis zum Ende der Reise wahrscheinlich einiges zusammengekommen sein. Weiter ging es mit einem Lied vom Chor und einigen interessanten Informationen über Roald Amundsen, den norwegischen Polarforscher, der als erster überhaupt mit seinem Team den Südpol erreichte. Dann erzählte uns Martin eine Geschichte über das Besondere am Segeln und die Grenzenlosigkeit des Meeres, die sehr zum Nachdenken anregte. Nach einer kurzen Schülerversammlung hatten wir dann Freizeit und konnten anfangen, unser Wochenende zu genießen.

Als es schon dunkel war und sich alle auf den Filmabend mit “Schiffbruch mit Tiger” freuten, wurden dann noch Delfine am Bug gesichtet. Es war wunderschön, dieses Schauspiel zu betrachten, man sah die Tiere zwar kaum, aber dafür zogen sie mystisch glänzende Spuren von Meeresleuchten hinter sich her. Und so endete dieser Tag genauso schön wie er begonnen hatte, unter freiem Himmel, gefüllt mit spannenden Ereignissen, Arbeit und einer Menge Spaß.

Übrigens alles Gute zum Geburtstag, lieber Opa, ich denke fest an Dich und hoffe es gibt bei euch genau so gutes Essen wie hier.

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