Datum: Montag, der 27.11.17
Mittagsposition: Sal, Kapverden, 16° 44,9‘ N; 022° 59,8‘ W
Etmal: 82 sm
Wetter: Lufttemperatur 26°C, Wassertemperatur: 26°C, Wind: NOE 3
Autorin: Maura
Lachend klatschen Paul und ich uns ab. Zwei euphorische Gestalten auf der neuen Pier des Fischerortes Palmeira, die sich bereit machen, die Leinen ihres Schiffes anzunehmen. Der Grund für unsere Freude ist nicht, dass wir nach einer Woche das erste Mal Land betreten, sondern dass wir unserer Reise soeben einen neuen Kontinent hinzugefügt haben.
Wir befinden uns auf Sal, einer der kapverdischen Inseln. Weder die Thor noch ihr Kapitän haben diesen Teil Afrikas je gesehen. Eigentlich hatten wir das auch nicht vor, doch wir wollen unsere Tanks wieder auffüllen, bevor es nach Westen geht. Bis jetzt gab es keinen Kontakt zu einheimischen Behörden und somit weder eine Erlaubnis für diesen Liegeplatz noch die Zusage dafür, dass wir Diesel bunkern können. Vor allem die fehlende Erlaubnis stellt sich als problematisch heraus, denn die Pier ist sehr neu und mit einem hohen Sicherheitsstandard gebaut. Erst letzte Woche war die Einweihung und bisher hat noch kein Schiff hier gelegen. Dennoch bekommt es Detlef dank unseres KUS-Flyers und netter Worte hin, uns einzuklarieren und wir können die Insel erkunden.
Dass wir nicht viel über die Insel wissen, zeigt sich schon darin, dass unsere einzige Karte ein von der elektronischen Seekarte abgezeichneter Umriss ist, in dem die markantesten Punkte markiert sind. Gestern Abend hatten wir vier Expeditionsgruppen gelost, die je einen Sektor der 30 mal 15 km großen Insel zugeteilt bekamen und jetzt auf eigene Faust aufbrechen. Die Stammmitglieder überlassen den Schüler/innen die Regie für diesen Tag. Wir sind hier auch in dem Auftrag, für die Thor Infos über die Insel Sal zu sammeln. Ein bisschen sollen wir uns fühlen wie die früheren Entdecker, die ihre Füße auf einen neuen Kontinent setzten.
Hier unterwegs zu sein fühlt sich anders an als noch auf Teneriffa. Die Straßen werden von kleinen, bunt gestrichenen ein- bis zweistöckigen Häusern gesäumt, die jeden Zustand zwischen neumodern und ruinenartig haben. Außerhalb der Orte finden sich hin und wieder auch Wellblechhütten und bewohnte Schiffscontainer. Obst wird hier an jeder zweiten Straßenecke aus einer Schubkarre heraus verkauft. Im krassen Gegensatz zu Teneriffa steht außerdem der (Plastik)Müll, der vor allem in der Landschaft, jedoch auch auf den Straßen Palmeiras liegt.
Die Haupteinnahmequelle für Sal ist der Tourismus, der deutlich erkennbar seine Spuren hinterlässt. Der Unterschied zwischen Einheimischen und uns Touristen wird schon auf den ersten Blick sichtbar. Klar, wir befinden uns dieses Mal in einem Dorf und nicht in der Fußgängerzone einer Stadt, aber dennoch. Es ist nicht nur die Hautfarbe, sondern vielmehr das Auftreten der Touristen, die immer in Gruppen durch den Ort geschleust werden und ihre Blicke über den Alltag der Bewohner schweifen lassen. Heute gehören auch wir dazu.
Schnell stellen wir fest, dass es hier keinen durch einen Fahrplan geregelten Nahverkehr gibt, wie wir es von Zuhause gewohnt sind. Das darf allerdings nicht damit verwechselt werden, dass es schwer ist, ohne eigenes Auto von einem Ende der Insel zum anderen zu kommen. Die beiden häufigsten Transportmittel sind die Ladeflächen von Pick Ups, die vermutlich für Touristen zum Sitzen ausgebaut sind, und kleine Busse für ca. 15 Personen. Meine Gruppe, die den Nahbereich um Palmeira erkundet, wird den ganzen Tag von Sandro, einem 19jährigen einheimischen Jungen herumgeführt, den Kira anfangs lediglich nach dem Weg zu einem Markt gefragt hatte und der uns anschließend ohne eine Bezahlung zu erwarten die Umgebung zeigt. Wir können uns mit ihm auf Französisch und Englisch unterhalten, denn die beiden Sprachen lernen die Bewohner Sals durch die Touristen. Durch ihn kommen wir schnell und einfach an einen Bus, der uns für 50cent pro Person zum nächsten Ort fährt. Andere Gruppen machen weniger günstige Erfahrungen, aber da wir mit Sandro unterwegs sind, bekommen wir einen besseren Preis. Unser Weg führt uns durch eine nahezu unbewachsene, grau wirkende Gegend. Von den anderen Gruppen werden wir am Abend erfahren, dass die Landschaft auf der gesamten Insel gleich bleibt. An den Küsten gibt es allerdings einiges Sehenswertes, das andere Expeditionsgruppen entdecken. Dazu gehören kleine Haie, eine Bucht, in die die Wellen gerade hineinrollen und in einem Halbkreis auf den Strand treffen, Badestrände und kleine bis zu 400m hohe „Berge“, die die ansonsten flache Insel überragen.
Von den landschaftlichen Besonderheiten sieht meine Gruppe allerdings kaum etwas, unser Fokus liegt eher auf der Verpflegung. Am Ende des Tages werden wir im Supermarkt, bei mehreren Straßenverkäufern für Obst, in einem Restaurant, in dem wir ein traditionelles Gericht essen, und sogar in einem Großhandel für Früchte gewesen sein.
Wir verlassen Sal schon am Abend mit einer Reihe neuer Eindrücke wieder. Es war unser erster Stopp außerhalb Europas und unser letzter, bevor es jetzt endgültig in die Karibik geht. Die Ergebnisse des Tages tragen wir auf dem Hauptdeck zusammen, indem wir mit dem Beamer die Fotos auf das Großsegel projizieren. Jede Gruppe ist mit ihrem Tag sehr zufrieden, auch wenn niemand gerne auf Sal leben würde.
P.S.: Für den unwahrscheinlichen Fall, dass du das hier liest: Herzlichen Glückwunsch nachträglich Aylin.