Datum: Donnerstag, der 07.12.2017
Wetter: Lufttemperatur: 29°, Wassertemperatur: 27°, Wind: NE 3
Mittagsposition: 13° 47,2‘ N, 043° 37,4‘ W
Etmal: 118 sm
Autorin: Paula
Immerfort weht der Passatwind und bringt diverse Segler über den Atlantik. Darauf hatten auch wir uns verlassen, jedoch lassen uns die Ströme der Luft dieses Jahr etwas im Stich. Immer wieder sind wir dazu gezwungen, unsere Maschine Olga zu starten, um den Atlantik wie im Zeitplan vorgesehen zu überqueren.
Der Wind hier auf See ist etwas Besonderes. Er hat die Fähigkeit, uns schnell in die Ferne zu tragen, oder uns langsam dahin gleiten zu lassen. Wir können ihn weder sehen noch riechen. Allerdings haben wir noch andere Sinne, mit denen wir ihn wahrnehmen können. Einerseits spüren wir ihn auf unserer Haut, und er ist eine willkommene Erfrischung bei den sonst so hohen Temperaturen an Deck. Er weht uns durch die Haare oder durch den Lindwurm ins PK. Das ist ein großer Belüftungsschlauch, der ins Innere des Raums führt, in dem ein Teil der Stammbesatzung schläft.
Im Vergleich zu dem hiesigen Passatwind wehte auf der rauen Nordsee ein ganz anderer Wind. Gerade ist es für uns kaum vorstellbar, wie kalt und nass es vor wenigen Wochen noch an Deck war. Bei dem Gedanken an die ewig vielen Schichten, die wir uns da immer alle anzogen, kann ich sagen, dass es so doch schon deutlich angenehmer ist und die meisten von uns lieber schwitzen anstatt zu frieren.
Den Wind können wir auch schmecken durch das Salz in der Luft, das bis in unsere Klamotten getragen wird und schicke Salzränder hinterlässt. Zuletzt können wir ihn noch hören wenn er durchs Rigg pfeift. Man sagt auf einem Segelschiff pfeift nur einer, und das ist der Wind… und eventuell noch der Kapitän. Ich jedoch bin der Meinung, dass es kein wirkliches Pfeifen ist, sondern, dass der Wind uns Geschichten erzählt.
Wie uns allen bekannt ist, hat der Wind auch seine bedrohlichen Seiten. Das können Hurrikans sein, die Verwüstung bringen und für die Menschen nichts Gutes bedeuten, oder aber auch nur leichtere Böeneinfälle. Diese bewirken, dass wir stärker ins Ruder greifen müssen und es ist ein großartiges Gefühl, die starken Kräfte so hautnah zu spüren. Das ist dasselbe, wie mit den Segeln, bei denen man auch genau spürt, wie viel mehr Kraft man aufwenden muss, um bei großen Windstärken an den Tampen zu ziehen, als bei geringeren. Wenn man nun zu Mehreren bei den Tampen einfallen muss, um zum Beispiel ein Segel zu setzen, kann der Wind also sogar zu einer Gemeinschaft aufrufen. Einige von uns freuen sich mehr über den Wind, andere weniger, denn mehr Wind bedeutet mehr Seegang und das wiederum bedeutet für einige von uns Seekrankheit, wo wir wieder bei der unangenehmen Seite wären. Alles in Allem freuen wir uns aber doch meist sehr über den Wind, denn wenn die Geschwindigkeitsanzeige wieder über fünf Knoten anzeigt, bleibt die Maschine sogar über Nacht aus und es wird angenehm ruhig.
Am schönsten ist der Wind jedoch wenn man sich ein ruhiges Plätzchen in der Sonne sucht und von dort aus einen Blick auf die Segel hat. Man sieht genau wie sich die Segel beim Einfall des Windes mit Luft füllen und dabei des Segeltuch ganz glatt wird. Wenn es dann auch noch in einem angenehmen Rhythmus unter einem schaukelt, ist das einer dieser Momente, die man so nur hier erleben kann. Die Ruhe beziehungsweise nur das Surren des Windes in den Wanten über einem sind entspannend und damit eine willkommene Seltenheit hier an Bord. Man kann so nun seine Gedanken schweifen lassen und sich überlegen, welche Geschichten der Wind einem erzählt.
Im Gegensatz zum Nordatlantik haben wir nun viel Sonne und tief blaues Meer, das uns stetig umfasst. Ungeachtet aller Schwierigkeiten schiebt sich die Thor durch die Wellen und bringt uns alle in die Neue Welt. Ob mit mehr oder weniger Passatwind spielt jetzt auch keine so große Rolle mehr, denn wir wissen, dass wir früher oder später ankommen werden.
P.S.: Van harte alles Liebe zum Geburtstag Mere