Unser Leben an Bord zwischen Entbehrungen und Luxus

Kira

Datum: Freitag, der 08.12.2017
Mittagsposition: 13°29,8‘N; 045°47,6‘W
Etmal: 129 sm
Wetter: Lufttemperatur: 28,5°C, Wassertemperatur: 27,5°C, Wind:NE5
Autorin: Kira

Essensrationierung, Wassersparen, Tage voller Arbeiten – man könnte meinen, unser Leben auf der Thor Heyerdahl sei voller Entbehrungen. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass es hier auch viel Luxus gibt, den man sich zu Hause nicht vorstellen kann und den wir nach der Reise wahrscheinlich so nie wieder haben werden.

Um 7.00 Uhr heißt es für alle aus der Unterrichtsgruppe A, alsoauch für mich, aufstehen. Das Frühstück fällt heute großzügig aus. Mit der Zeit lernt man an Bord gewisse Dinge zu schätzen, wie Nutella oder frisches Brot. Es gibt jedoch auch Leckereien, die man selbst zu Hause nicht bekommt, zum Beispiel einen Obstsalatam Morgen. Das geht aber nur, wenn die Proviantmeisterinnen das zulassen. Denn es gibt auch Tage, an denen es mal keinen Obstsaat gibt, da am Vortag zu viel davon verbraucht wurde.
Mit dem Proviant ist das so streng geregelt, da es erstens in der neuen Welt manche deutschen Produkte nicht zu kaufen gibt. Zweitens muss das Essen die komplette Atlantiküberfahrt reichen, denn wir wollen am Ende genauso gutes Essen haben wie am Anfang. In die Organisation des Proviants habe ich schon einen sehr guten Einblick bekommen, da ich unsere Proviantmeisterinnen Caro und Karina schon viel unterstützt habe. Deshalb kann ich sagen, dass es fast ein Ding der Unmöglichkeit ist, unserenAnsprüchen nach gutem und frischen Essen zu genügen. Und doch haben wir bisher immer das Unmögliche möglich gemacht.

Auch Schokolade und Gummibärchen sind mittlerweile mit dem Süßwasser die wertvollsten Güter an Bord (wobei wir mit unserer Osmoseanlage momentan genügend Wasser herstellen, dass wir nicht all zu sparsam sein müssen). Es gibt sogar schon Pläne von manchen, was für Süßigkeiten sie für welchen Preis am besten verkaufen können. Damit man mal eine Vorstellung von den Preisen an Bord bekommt, hier der Preis einer Gummibärchen-Packung 200g: Sie wird auf unserem Schwarzmarkt für sage und schreibe 4 Euro gehandelt!

Wir haben aber auf der anderen Seite auch viele Luxusgüter, die uns frei zur Verfügung stehen. Da wäre zum Beispiel der Pool mit frischem Atlantikwasser und der schönsten Aussicht auf das tiefblaue Meer. Der Pool wird besonders gerne für eine schnelle Abkühlung während der Unterrichtspausen genutzt. Außerdem haben wir unsere eigene Fitnessecke mit einem Trimmdichrad vorne am Bug, sodass man beimTrainieren fliegende Fische oder Seevögel beobachten kann.
Nach der Trainingseinheit kann man dann die Salzwasserdusche benutzen, die man so lange laufen lassen kann wie man möchte und das fast 28°C warme Atlantikwasser hat dabei genau die richtige Temperatur.
Für mich wären diese Luxusgüter auf einem Segelschiff vor der Reise unvorstellbar gewesen: Wie kann man es denn schaffen, auf diesem beengten Raum noch einen Pool unterzubringen? Ich weiß jedoch jetzt, dass hier nichts unmöglich ist.

Ja, im Vergleich zu unserem Leben zu Hause müssen wir hier viel entbehren und haben sonst als Selbstverständlichkeiten erachtete Alltags-Erleichterungen, wie den unbegrenzten Verbrauch von Süßwasser,zu jeder Zeit verfügbares Essen nach unserem Geschmack, Haushaltsgeräte wie Spülmaschinen etc., ganz neu zu schätzen gelernt.
Dennoch überwiegt das Gefühl, dass wir hier im Luxus leben und das liegt nicht nur am Pool, dem Trimmdichrad auf dem Bug über den Wellen, oder der Open-Air-Salzwasserdusche, sondern in erster Linie am schönsten Sternenhimmel bei Nacht, Frühstück im Sonnenschein mit Wellen, die die nackten Füße umspielen und dem Zusammenleben mit Freunden zu jeder Tages- und Nachtzeit.

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