Sätze zum Schluss

Mathilda

Datum: Montag, der 16.04.2018
Mittagsposition: 53°37,4‘N, 005°48,7‘E
Wetter: Lufttemperatur: 10°C, Wasser: 7,5°C, Wind: SW 2-3
Etmal: 129 sm
Autorin: Tilli

Es gibt da so ein paar Sätze, die hört man hier immer wieder. Gerade jetzt zum Ende setzen sie
sich fest. Jeder an Bord ist ihnen schon mindestens einmal begegnet.

„Freust du dich auf zu Hause?“

Diese Frage ist die wohl am häufigsten gestellte Frage an Bord, und auch wenn ich sie oft ziemlich

nervig finde, ertappe ich mich selbst dabei, wie ich andere Leute danach frage. Es geht darum,
dass man nicht alleine ist mit den gespaltenen Gefühlen, die einen bei dieser Frage immer
überfallen.

Es ist nämlich tatsächlich nicht so einfach, darauf zu antworten.

Einerseits freut man sich natürlich Freunde und Familie wiederzusehen und auf ein paar andere
Dinge, die wir hier entbehren. Aber andererseits ist beinahe unvorstellbar, dass es jetzt auf das Ende zugeht. So viel Zeit verbringen wir jetzt schon hier, dass es wie eine halbe Ewigkeit
erscheint.

„10 Tage noch“

Ich muss zugeben, dass ich selbst immer eine von denen bin, die diese Zahlen ausrechnet, so
nervig und unnötig manche Leute es auch finden mögen. Ich finde, es beruhigt irgendwie zu
wissen, wie viele Tage noch zwischen uns und der Ankunft liegen. Es hilft dabei einen objektiven
Blick auf das Ganze zu bekommen, neben den ganzen Emotionen, die man hat. Trotzdem merkt
man, wie oft man darüber nachdenkt, ob man das, was man gerade macht, vielleicht zum letzten
Mal tut.

„Du hast dich verändert!“

Diesen Satz werden wir oft hören und wir werden immer lächeln und nicken und sagen: „Ja, ich
habe viel erlebt!“. Aber wird man das verstehen, dass wir das nicht in dem Moment fühlen können,
in dem man uns das sagt? Wir werden zwar lächeln und nicken und zustimmen, aber in Wahrheit
fühlen wir es nicht.

Es gibt da so auserwählte Momente, in denen wir es fühlen können. Die ganze Reise zieht an uns
vorbei und wir haben kaum Zeit, um zu realisieren, was wir hier erlebt haben und das wäre auch
mit viel Zeit kaum möglich. Doch wenn man dann mal Ruhe hat, sich einfach einmal aufs
Deckshaus legt, oder die Wanten bis zur Saling hochklettert, dann können wir es fühlen.
Manchmal stärker und manchmal schwächer fühlen wir wie uns das Schiff, die Leute und auch die
Orte, an denen wir waren, ans Herz gewachsen sind. Doch vor allem wird uns die Freiheit fehlen.
Diese Sätze kommen jetzt immer wieder, sie begleiten uns bei unseren Tätigkeiten an Bord, in der
Backschaft beim Abspülen oder in der Wache beim Rudergehen. Egal ob man will, die Gedanken
und die Gespräche wandern unaufhaltsam zum Ende der Reise. Und wir versuchen alles zu
genießen und wirklich alles mitzunehmen was geht.

Trotz allem wissen wir auch um das große Glück, dass wir das alles überhaupt erleben durften,
und das werden wir nie vergessen.

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