Praktikum-Erwartung vs. Realität

Clara

Datum: 14.11.18
Mittagsposition: 24° 20,9′ N; 020° 01,6′ W
Etmal: 108 nm
Wetter: Lufttemperatur: 22 °C, Wassertemperatur: 22 °C, Wind: NE3
Autorin: Clara

Mit dem Beginn des Unterrichts auf dem Atlantik fängt auch die Zeit der Praktika an. Eine Woche lang hat man die Möglichkeit, an Bord in einen Beruf hereinzuschnuppern. Die Wahl zwischen Bootsmann/-frau, Proviantmeister*in und Maschinist*in fiel den meisten schwer. Zum Glück haben wir die Möglichkeit, später ein weiteres Praktikum in einem anderen Bereich zu machen, sodass wir mehrere Berufe erleben können. An den unterrichtsfreien Tagen wird die Wache gegen das Praktikum getauscht. In meinem Fall verbringen Lucie und ich statt Wache eins unseren Tag mit Laurent, dem Bootsmann. Und seit Teneriffa fiebern die meisten auf ihr Praktikum hin. Dabei macht man sich manche Gedanken über die bevorstehende Woche. Doch wenn man meine Gedanken mit der Wirklichkeit vergleicht, wird schnell klar, dass dort gravierende Unterschiede herrschen.

Erwartung
Bis zum Abend vorher hatte ich richtig Sorge, so früh aufzustehen. Auch wenn ich es von den Wachen gewöhnt war, einen unregelmäßigen Schlafrhythmus zu haben, war ich im festen Glauben, von früh morgens bis spät abends durchzuarbeiten.

Realität
Um halb acht werde ich von Kasia aus der aktuellen Fahrwache geweckt. Entspannt laufe ich zum Frühstück, wo es heute sogar Kaiserschmarrn gibt (donnerstags ist Seemannssonntag, da gibt es zum Frühstück etwas Besonderes)! So viel wie in der letzten Nacht habe ich schon lange nicht mehr geschlafen, denn eine Nacht durchzuschlafen ist aufgrund der Wachen zu etwas Besonderem geworden. Ausgeschlafen habe ich Zeit, mir von Laurent die verschiedenen Tätigkeiten seines Berufes zeigen zu lassen. Das Praktikum läuft auch nur bis 17.30, sodass wir danach noch etwas Freizeit haben. Aber da mir der Tag so gut gefallen hat, könnte es von mir aus auch ruhig länger gehen!

Erwartung
Auch wenn ich sehr froh über meinen Praktikumsplatz bin, war ich mir vorher unsicher, was ich die ganze Zeit machen würde. Ich hatte nicht direkt an Langeweile gedacht, aber die Vorstellung, jeden Tag dasselbe zu machen, erschien mir recht blöd. Auch hatte ich erst Sorge, dass mir nichts zugetraut wird und ich einfach nur Laurent hinterherrennen würde.

Realität
Das Praktikum entspricht ganz und gar nicht meinen Erwartungen. Jeder Tag ist anders und es bleibt durchgehend spannend. Wir haben die ganze Zeit abwechslungsreiche Aufgaben und auch wir Praktikanten können uns selber einbringen. So haben Lucie, mit der ich gemeinsam das Praktikum habe, und ich ein Unterkojenaufhaltebrett geplant und dann auch selbständig gebaut. Dieses Gerät hilft beim mühsamen Öffnen der Unterkojen und besonders das Sägen und Schleifen hat mir gut gefallen. Insgesamt werden wir Schüler auch nicht unterschätzt und können richtig mitarbeiten.

Erwartung
Da das Praktikum eine ganze Woche lang geht, war ich mir unsicher, ob ich zu viel nebenher verpassen würde. Denn da wir auch sonst wenig Freizeit haben, fühlte ich mich von der bevorstehenden Woche sehr eingeschränkt. Würde ich trotzdem noch Möglichkeit haben, z.B. das Outdoorbike, das jetzt auf der Back steht und zum Sport genutzt werden kann, auszuprobieren oder ins Rigg zugehen?

Realität
Auch wenn durch das Praktikum meine Wache wegfiel, nahm ich trotzdem noch am normalen Bordalltag teil. Gemeinsame Mahlzeiten, Freiarbeit, sogar Zeit für ein wenig Sport blieb. Auch die letzte Frage erübrigte sich. Denn da auf dem Schonermast das Leder nachgefettet werden musste, hatte ich genügend Zeit, im Rigg die Aussicht zu genießen. Durch unseren Feierabend ab 17.30 hatte ich sogar fast mehr Freizeit als normalerweise!

Insgesamt hat mir die Woche richtig Spaß gemacht und ich habe extrem viel Neues gelernt. Vieles war ganz anders, als ich gedacht habe, was mich manchmal überrascht hat. So fand ich es zum Beispiel toll, das wir richtig mitmachen konnten und sogar selbstständig etwas bauen konnten. Ich freue mich auch jetzt schon auf mein nächstes Praktikum und bin gespannt, was mich dort erwartet.

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