Als Makler ist es nicht immer leicht

Matthias

Datum: 08.12.2018
Mittagsposition: 12°38,1‘ N, 061°23,9‘W
Ort: Tobago Cays
Wetter: Lufttemperatur: 30,5 °C, Wassertemperatur: 27 °C, Wind: E5
Autor: Matthias

Als Papageifisch hat man es nicht leicht. Ständig kommen die anderen Fische und fordern einen neuen Unterschlupf nach dem anderen. Bei dem Andrang habe ich kaum noch Zeit, um die saftigen, leckeren, aber auch gut geschützten Zooxanthellen zu essen, welche sich in den Zellen der Koralle aufhalten und diese mit Nahrung versorgen. Theoretisch ist das eine perfekte Symbiose, aber das Problem bin mal wieder ich: Mit meinem Heißhunger auf dieses Plankton muss ich leider die Korallen anknabbern und den unverdaulichen Kalk als feinen Sand ausscheiden.
Zu den anderen: Der Kugelfisch braucht eine große Höhle, um sich vor Feinden zu verstecken und, falls er sich mal wieder vor Schreck aufplustert, nicht an die Wände gequetscht zu werden. Die Putzerfische brauchen eine Waschstraße, in der sie den anderen Fische ihre Dienste anbieten können. Der Austausch erfolgt über ein Signal, das der Fisch, der geputzt werden möchte, aussendet. Daraufhin fressen die Putzerfische dem Fisch Hautfetzen und andere Unannehmlichkeiten von der Haut ab. Der Clownfisch braucht unbedingt seine Anemonen, um sich vor seinen Fressfeinden zu schützen, aber die Anemonen kommennicht so gerne ins Riff, da die Schmetterlingsfische ihre Tentakeln abfressen. Dabei müssten sie doch einfach nur verstehen, dass der Clownfisch die Schmetterlingsfische fressen wird.
Dann beschweren sich auch noch die großen Meeresschildkröten darüber, dass ihre Seegraswiesen zum Abgrasen viel zu klein seien für so viele Schildkröten. Nachdem die Rochen ihren Unterschlupf im von mir fabrizierten Sand finden und somit die anderen Meerestiere nicht mehr belästigen können, muss ich mich noch um die Fächerkorallen kümmern, die in einem Gebiet ohne viel Strömung stehen wollen. Das ist gar nicht so leicht, da hier am Horseshoereef eine sehr starke Strömung ist. Zum Glück hat die Steinkoralle nicht so viele Extrawünsche, kommt in so gut wie jedem Gebiet klar und meckert nicht viel rum. Sie kann sogar auf anderen toten Korallen wachsen, welche durch dünne Nadeln der abgestorbenen Fächerkorallen zusammengehalten werden. Das einzige, was sie benötigt, ist Licht und warmes Wasser, was in etwa 23,5 °C warm sein sollte. Die Muränen wollen enge dunkle Höhlen, in denen sie ungesehen auf ihre Beute warten können. Diese gibt es zum Glück zahlreich hier unten.
Dann kommen noch die großen Schwärme an Kofferfischen, welche natürlich alle zusammen unterkommen wollen. Zum Glück bin ich nicht der einzige meiner Art und die anderen greifen mir tatkräftig unter die Arme. Kaum hat man für einen Fisch den perfekten Unterschlupf gefunden, so kommen gleich sehr viele neue Kunden, welche auch hier im Riff untergebracht werden wollen. Leider ist das oftmals schwer, da durch den CO2-Ausstoß des Menschen die Korallen nicht mehr so viel und nicht mehr so guten Kalk produzieren können. Wenn das so weiter geht, löst sich der Kalk bald komplett und alle wunderbaren Tierarten, die hier leben, müssen sich eine neue Heimat suchen.
Heute kamen viele Beschwerden über eine Gruppe junger Menschen, welche es sich zur Aufgabe gemacht hatte, unter der Anleitung ihres Biologielehrers Jojo in jedes vorhandene Loch zu schauen und die darin befindlichen, meist sehr seltenen, Tierarten zu beobachten. Lukas war in dieser kleinen Expedition sehr erfolgreich, da er sehr tief tauchen kann und so auch die Löcher und Spalten von unten betrachten konnte. Zu Dokumentationszwecken hatte Koppi dies alles mit ihrer „Gopro“ aufgezeichnet.
Ab und an springen hier auch mal Menschen außer den Kusis ins Wasser, welche uns beobachten, fotografieren und filmen. Meistens sind sie harmlos und wollen nur mal schauen, was es so alles hier unter der Wasseroberfläche gibt, doch selten stoßen sie auch an Korallen und gefährden nicht nur sich, sondern auch das Leben der Koralle, die durch diese Berührung sterben kann. Wenn sie mal zu schnell ihre Flossen bewegen, wirbelt das den Sand auf und alle Tiere hier unten werden dadurch verwirrt. Der Barrakuda ist da schon am besten ausgestattet, da er mit seinem scharfen Gebiss den Menschen Angst einjagt und diese sich dann nicht mehr so weit nach unten trauen. Er benötigt auch kein Versteck und ich habe dadurch weniger Arbeit. Wenn es dunkel wird, wollen die Menschen nicht mehr baden und verlassen unser Unterwasserparadies. Es ist ihnen allerdings nicht bewusst, dass sie dadurch auch einer sehr angsteinflößenden Kreaturen ausweichen. Nachts, wenn es dunkel wird, kommen die Haie, um sich zu ernähren. Dann ist es auch an der Zeit, dass ich mich zu meiner Ruhestätte begebe und bis zum nächsten Morgen schlafe.

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