Am heutigen Donnerstag, den 7. März 2019, stehen wir um 16:00 Uhr Bordzeit (20:00 UT) auf der Position 32°42.3’N und 058°41.2’W. Der Wind weht seit gestern aus nordwestlicher Richtung und heute mit etwa 4-5 Beaufort. An Bord sind alle wohlauf, lediglich Wachführerin Vera hat sich gestern bei den starken Schiffsbewegungen durch eine zufallende KaLogbuch vom 07.03.2019mmertür einen Finger geklemmt.
Bis gestern nachmittag liefen wir bei bis zu 7 Beaufort Wind aus SW mit unserer Starkwindbesegelung. Kurz vor dem Nachmittagskaffee drehte der Wind in einer Kaltfront rasch auf NW und flaute dabei ab. Wir waren auf diesen Winddreher vorbereitet und änderten entsprechend den Kurs, bis uns die Kaltfront passiert hatte. Jeder, der sich zu dieser Zeit an Deck aufhielt, kann nun mit dem Begriff „Kaltfront“ etwas verbinden; die Lufttemperatur fiel schlagartig und spürbar, und der folgende Regen drückte die Wellen flacher und beseitigte die Schaumkronen. Auch Blitz und Donner waren mit von der Partie. Nach dem Passieren der Front (und nach dem Ende der gerade stattfindenden Schulstunde) fuhren wir eine Halse, um wieder unseren vorherigen Kurs laufen zu können. Danach wurden durch die Decks- und Freiwachen die beiden oberen Rahsegel ausgepackt und gesetzt. Heute vormittag haben wir das Großsegel ausgerefft und zusätzlich Großtoppsegel, Großstengestagsegel und Außenklüver gesetzt. Wir rechnen bis morgen früh mit guten Segelbedingungen. Danach werden wir aller Voraussicht nach zwei Tage lang mit Maschinenunterstützung fahren müssen. Dabei werden wir versuchen, uns in eine gute Ausgangsposition zu bringen, um trotz des sich bildenden kräftigen Azorenhochs später wieder segeln zu können.
Der Schulbetrieb an Bord läuft seit gestern wieder planmäßig, wobei uns zugute kommt, dass wir einige der ersten Stunden von Mittwoch und Donnerstag auf unseren zusätzlichen Liegetag in St. George’s vorgezogen hatten. Heute hält Katie ihr Referat über Osmose und Umkehrosmose – ein Thema, das durch unsere Frischwasserversorgung direkten Bezug zu unserem Bordleben hat. Die ersten Wahlpflichtstunden sind gelaufen, und in eigens eingerichten Stunden (dem sogenannten Additum) bereiten sich die Schüler in Lerngruppen auf den Unterricht in ihren Heimatschulen auch in den Fächern vor, die wir hier an Bord nicht unterrichten können.
Bis nach Horta sind es noch ca. 1600 sm. Die genaue Distanz ist allerdings abhängig davon, ob wir den direkten Weg nehmen können oder aufgrund der Wetterlage Umwege segeln müssen. Für ein Segelschiff wie die Thor Heyerdahl ist ja der kürzeste Weg nicht unbedingt der schnellste.
Johannes Schiller, Kapitän, und Dr. Martin Goerke, Projektleiter an Bord