It‘s back, back again

Simon

Datum: 06.03.2019
Mittagsposition: 32° 23,7‘N ; 061° 37,3‘W
Etmal: 143 sm
Wetter: Lufttemperatur: 22,5 °C, Wassertemperatur: 20,0 °C, Wind: SW 7
Autor: Simon

Ein Geräusch, das Erbrechen ähnelt. Daraufhin lauter Applaus. Was verbirgt sich hinter diesem Geheimnis?

„Die Flaschenpost“, 06.03.2019

Ein langes Typhon, der Adenauer wird eingeholt und dann sind sie weg. Am frühen Vormittag des vergangenen Dienstags, dem 05.03.2019, verließ die „Thor Heyerdahl“ den schützenden Hafen von St. George‘s, Bermuda. Die Crew macht sich jetzt auf eine der schwierigsten Reiseetappen: Den stürmischen Nordatlantik, berühmt für Wind und Welle in unvorstellbaren Maßen, welchen sie nun überqueren müssen, wenn sie bei der nächsten Landsichtung „Azoren in Sicht!“ rufen wollen. Da „Die Flaschenpost“ fast unbegrenzten Zugang zum Bordleben der Thor Heyerdahl genießt, bekamen wir einige Zitate der motivierten Crewmitglieder in ihren Wachtreffen mit. „Ich hoffe auf Bedingungen, ähnlich wie in der Biscaya. Mir soll ruhig salzige Luft durchs Gesicht peitschen“, sagt Emilia, 15 Jahre alt. Anderswo betont Philip, 15: „Ich freue mich schon auf’s Schaukeln. Es wird eine sehr spannende Überfahrt.“ Schon bald bewahrheitete sich diese Prognose und die Jugendlichen bekamen Besuch von einer alten Freundin, mit der nur die wenigsten gerechnet hatten: Der Seekrankheit.

In vollem Ausmaß genießt sie wieder Präsenz unter der Schülerschaft. Ein Beispiel hierfür: Das vorn angedeutete Jubeln, das während einer Wachübergabe auf dem Achterdeck ertönte. Denis, möglicherweise der bekannteste Patient der Seekrankheit, erreichte in der vergangenen Wachzeit die „magische 50“. Das von ihm selbst gesetzte und ein wenig amüsante Ziel entstand dadurch, dass Denis, der sich seiner Anfälligkeit für die Seekrankheit bewusst war, seine eigene Tassennummer (Nr. 50) in der Anzahl des sich Übergebens erreichen wollte. Es wäre zu weit gegangen zu sagen, dass alle ihn dabei unterstützten, aber es sorgte für viele freundliche Scherze und heiteres Mitfiebern. Zur Feier des Tages bekam Denis das versprochene Stück Kuchen, welches leider prompt die Nummer 51 wurde.

Auf der Suche nach Kommentaren zum Thema Seekrankheit durchstreifte ich heute die Thor, jedoch waren mir bis zum Abend noch keine Aussagen zu Ohren gekommen. Der Hauptgrund hierfür: Die physische Unfähigkeit zur Kommunikation. Ein paar versuchten es, aber leider brach das Interview oft nach wenigen Sätzen ab, da die Involvierten an Deck spurteten …

Während des Unterrichts in der Messe war eine deutliche Verringerung der Teilnehmenden zu beobachten. Verfolgte man die plötzlichen Verschwindenden, so wurden sie nach kurzer Zeit in ihren Kojen aufgefunden – oft mit etwas gequälten Gesichtsausdrücken und einer Spucktüte in Reichweite. Offenbar fanden sie die einzige Milderung ihrer chronischen Übelkeit in der Waagerechten. Andauernd stolperten grünliche Gesichter die Gänge entlang und folgten dem Ruf der frischen Luft an die Oberfläche. Diejenigen, die verschont geblieben waren, hatten alle Hände voll zu tun, um die Erkrankten zu versorgen. Da das Verhältnis zwischen den Gesunden und den Seekranken dennoch günstig ausfiel (nur 10 bis 15 Crewmitglieder fielen dem Übel zum Opfer), konnte immer gut für die Pechvögel gesorgt werden.

Es war für die Reporter der „Flaschenpost“ kein besonders gelungener Arbeitstag, und man kann nur Mitleid mit den armen Betroffenen haben. Aber vielleicht ist ja alles nur halb so schlimm: Wenn man die Erfahrungen der vorherigen Seeetappen zugrunde legt, so wird es innerhalb der folgenden zwei Tage zur vollständigen Genesung der Crew kommen. Seekrankheit ist nur ein kurz anhaltendes Phänomen, welches glücklicherweise kaum negative Auswirkungen auf die Atmosphäre an Bord hinterlässt!
Da es also sicher bald zur guten Besserung kommt, bleibt der Mannschaft nur noch eine erfolgreiche und erlebnisreiche Überfahrt zu wünschen!

[Anmerkung: Dieser Text ist ein wenig satirisch überhöht und sollte nicht allzu wörtlich genommen werden.]

Menu