Datum: 18.10.2019
Mittagsposition: Kiel
Etmal: 8sm
Wetter: Bewölkt
Autor: Jeremias und Valentin
Stimmung: sehr gut – sehr sehr gut
Liebe Leserinnen und Leser unseres Blogs,
wir (34 Schülerinnen und Schüler des Projekts Klassenzimmer unter Segeln, kurz ,,KUSis“) möchten euch mitnehmen auf unsere Reise, die uns das kommende halbe Jahr mit unserem Dreimasttoppsegelschoner „Thor Heyerdahl“ um die halbe Welt führen wird. Leider haben wir an Bord allerdings nur eine begrenzte Platzanzahl und daher freuen wir uns darauf, euch hier in diesem Blog einen Eindruck in unser neues Leben beim Klassenzimmer unter Segeln geben zu dürfen.
Auf See können wir nur von Zeit zu Zeit unsere Blogbeiträge aktualisieren – aber keine Sorge, wir werden über jeden unserer spannenden Tage berichten und dementsprechend an manchen Tagen mehrere Beiträge hochladen.
Begonnen hat unsere Reise nicht einfach damit, dass wir uns an Bord begaben und losgesegelt sind. Nein, wir sind ein paar Tage vorher nach Kiel gereist und haben unsere „Thor“ in einer Werftzeit zusammen mit vielen vielen ehrenamtlichen Helfern des Vereins „Thor Heyerdahl e.V.“ hochseeklar gemacht. Da kamen unfassbar viele aufregende Aufgaben auf uns zu, die man nicht wirklich sieht, wenn man das Deck betritt, die aber für unsere Reise unabdinglich sind.
Hier ein kurzer Einblick in unsere Werftzeit:
Mit einem einfachen und verschlafenen ,,Morgen“ wurde man um 7 Uhr in der Früh, beim Früh-stück in der Jugendherberge in Kiel, in der wir unsere ersten zwei Nächte verbrachten, da unser Schiff noch vorbereitet wurde und nicht bewohnbar war, von den nicht weniger müden „KUSis“ begrüßt und da man einen langen und anstrengenden Tag, voller Vorbereitungsarbeiten für un-sere Reise, vor sich hat, tankt man Kraft für diesen und isst vielleicht eine Brotscheibe über den Hunger hinaus. Frisch gestärkt ging es mit den Fahrrädern, die wir erst selbst wieder zusammen-schrauben mussten, da sie für den Transport nach Kiel auseinander gebaut worden waren, zur Werft, wo wir endlich unser neues Zuhause für die nächsten sechseinhalb Monate sehen konnten, die Thor Heyerdahl.
Die anfallenden Arbeiten vor der Reise, wie Malern, Proviant organisieren, unsere Fahrräder für die Fahrradtour auf Kuba wieder auseinander bauen, Bücher sortieren, und vieles vieles mehr wurden in verschiedenen Teams von Neu- und ExKUSis der letzten Jahrgänge erledigt. Dabei konnten wir schon am eigenen Leib erfahren, wie viel mehr Ahnung wir in einem Jahr, wenn wir an dieser Stelle stehen, haben werden. Natürlich wurden den ExKUSis die ein oder anderen Tipps und Tricks aus der Nase gezogen, während wir intensiv verschiedenste Arbeiten auf, an, neben, über, unter oder in der Nähe der Thor erledigen durften. Als wir nach einem langen Arbeitstag müde und hungrig zurück in die Jugendherberge fuhren, kam das Abendessen sehr gelegen, um den Magen zu füllen. Jedoch war dann natürlich noch nicht gleich Schlafenszeit, denn es mussten ja noch die von uns selbst ausgesuchten Musikstücke geübt wer-den, die beim Empfangsabend der Eltern und Freunde, wie auch beim Auslaufen gespielt wer-den wollten.
Neben der körperlichen Arbeit stand nun also auch noch die geistige an. Wer singt oder spielt mit wem wann was? Und bei 34 Meinungen wird da schon auch mal diskutiert, mit welchem Ohrenschmaus wir unsere Zuhörer vereinnahmen wollten. Und natürlich musste das Ganze auch erst noch zu einem Ohrenschmaus werden. Gar nicht so einfach, wenn man noch nie wirklich zusammen musiziert hat und erstmal noch die Noten und Stimmen verteilen muss. Spät abends fielen wir alle dann völlig erschöpft und dennoch glücklich in unsere Betten. Realisieren, dass dies unsere letzte Nacht in einem Bett auf festem Untergrund werden würde, konnte man das allerdings noch nicht, ehrlich gesagt hatte man auch gar keine Zeit dafür – immerhin wollten wir uns ja auch mit unseren Zimmernachbarn noch austauschen, wer heute welche neue Aufgabe gemeistert – oder eben nicht – hat.
Nach erneut frühem Aufstehen wurden wir sofort körperlich aktiv, da wir unser schweres Gepäck aus den Zimmern rausholten. „Batz Junge!“, rief jemand, als der letzte schwere Seesack endlich auf dem Haufen landete. Kurz darauf fuhren wir auch schon, ein Teil mit dem Bus, der andere auf dem Rad, zur Werft, um die restlichen Arbeiten in Angriff zu nehmen. Wieder hieß es mit Rosthammer, Pinsel oder vielen uns bis dahin unbekannten Werkzeugen zu Werk zu gehen und unsere Thor seeklar zu machen. Mittags aßen wir dann Dank der Backschaft, die zum ersten Mal von neuen KUSis besetzt wurde, auf dem nun schon fast glänzenden Deck auf der Thor. Die Gemüsepfanne mit Kartoffeln sättigte all die hungrigen Helfer.
Nachdem die Teller bis zum letzten Rest leergegessen waren, kamen die unangenehmen, aber nicht minder wichtigen Aufgaben des Kochens auf die Backschaft zu, zu der auch ich (Jere) zählte. Das dreckige Geschirr von mehr als 70 Personen musste gespült und abgetrocknet werden (Nein, es gibt keine Spülmaschine auf der Thor!), die dreckige Kombüse wollte geputzt und gleichzeitig schon der Himbeerquark für die bevorstehende Kaffeepause vorbereitet werden. Doch auch diese kulinarische Herausforderung haben wir in unserem Backschaftsteam gemeistert!
Währenddessen liefen außerhalb der Kombüse die Arbeiten weiter, die am Nachmittag neben Putzen, auch aus Lebensmittel vakuumieren, Spenden für Kuba sortieren und vielen anderen bestand. Von der Organisation im Hintergrund vom Büro aus, haben nur wenige etwas mitbekommen und doch kamen immer wieder neue Aufgaben und Betätigungsfelder auf uns zu. Wirklich jede Hand wurde gebraucht! Nebenher haben wir nun unsere Gepäckstücke aufgeladen, damit wir während der Testfahrt, die abends stattfinden sollte, endlich mit unseren jetzt fest-stehenden Kammerkollegen bis Teneriffa in die Kajüten einziehen konnten.
Nachdem die Zimmereinteilung abgeschlossen war, gingen wir sehr aufgeregt in unsere Koje und packten aus. Als die neuen Zimmer mehr oder weniger schön eingerichtet waren, genossen wir mit Staunen und Vorfreude an Deck unsere erste Fahrt auf der Thor. Den Fahrtwind im Nacken und die Arme we-gen der Kälte vor der Brust verschränkt, fühlten wir uns so langsam wie richtige KUSis und begannen zu realisieren, dass das bald schon unser Alltag sein würde.
Kurz darauf gab es dann „Schichtabendessen“. Wenn man satt war, wurde man direkt von jemand Hungrigem abgelöst, der den Platz in der viel zu kleinen Messe einnahm. „Bei Reisestart wird genug Platz für alle 50 Besatzungsmitglieder und ein gemeinsames Abendessen möglich sein“, beruhigte uns unser Kapitän Detlef dann aber. Die kommende Nacht war eine ganz besondere, denn es war die erste, die wir auf der Thor verbrachten. Und auch wenn die Kojen mit rund 70 Zentimeter Breite deutlich schmaler als unsere Betten zu Hause sind, war es wirklich gemütlich in unseren Kammern geworden und wir schliefen mit den Gedanken schon an den bevorstehenden Tag der Abreise ein, wo unter anderem die Eltern ankommen würden.
Die Werftzeit war für uns neue KUSis einerseits anstrengend aber auch aufschlussreich, da wir von ExKUSis Tipps bekamen, aber auch schon beim Einladen mithelfen konnten, sodass wir uns später auf unserer Reise dann schon etwas besser zurechtfinden können. Obwohl so unfassbar viel Arbeit anstand, haben wir es mit Hilfe der Vereinsmitglieder der „Thor Heyerdahl“ und der ExKUSis geschafft, unser neues Zuhause vorzubereiten und einzurichten und können jetzt unser halbes Jahr auf See starten. In diesem Sinne: „Leinen Los“, oder wie es bei uns heißt, „Klar vorn und achtern!“