Zurück auf dem Meer

Freya

Datum: 27.12.2019
Mittagsposition: 12° 08,4‘ N 062° 55,0‘ W
Wetter: Lufttemperatur: 28° C, Wassertemperatur: 27,5°C, Wind: SE 1
Autorin: Freya

Man sagt, die Farbe des Meeres sei Blau. Doch ich finde, das stimmt nicht. Jeder, der das Meer einmal genau betrachtet hat, weiß, dass es nicht einfach nur BLAU ist. Es ist nicht ein Farbton, es sind viele Abstufungen. Die See kann so friedlich sein. Ein helles, leuchtendes Türkis, untermalt von weißem Sandstrand und Palmen. Dieses Bild taucht vor meinem inneren Auge auf. Ein kräftiges, sattes Aquamarinblau, das in unendliche Tiefen zu führen scheint. Spiegelglatte See, in der sich die Wolken spiegeln, sodass man das Gefühl bekommen kann, sich selbst im Himmel zu befinden. Ein dunkles Graublau, wenn ein Wolkenschatten auf die Wasseroberfläche fällt. Das sanfte Orange und Rot eines Sonnenuntergangs, der sein Spiegelbild auf die Wasseroberfläche wirft. Die glühenden Stückchen Leuchtplankton bei Nacht, die neben dem Schiffsrumpf aufleuchten und hinter uns wieder verlöschen.

Aber das Meer kann auch anders sein. Kann uns zeigen, wie unbedeutend und klein wir im Vergleich zu dieser mächtigen Naturgewalt sind. Ich denke an die dunkle Farbe des Wassers und die schneeweißen Schaumkronen, wenn das Meer brüllend zum Leben erwacht und sich gewaltige Wellenberge zusammenschieben. Wenn der Wind in die Segel drückt, die Dünung das Schiff von einer Seite auf die andere wirft. Wenn der Wind über das Wasser peitscht und die gewaltigen Wellenberge die Thor viele Meter in die Höhe katapultieren und dann wieder fallen lassen. Aber vor allem vermittelt mir die See das Gefühl der unendlichen Weite und Grenzenlosigkeit, das Gefühl von Freiheit und Ruhe. Weit fort von der Hektik des Alltags zu sein. Eins mit den Wellen. Der Schiffsrumpf, der sich sanft unter meinen Füßen wiegt. Wir sind zurück auf dem Meer.

Heute ist der 26.12. Nach dem gestrigen Weihnachtsfest sind alle ziemlich verschlafen und nach dem üppigen Weihnachtsmenü teilweise immer noch satt. Gleich nach dem Frühstück haben wir dann die Anker gelichtet, die Segel gesetzt und uns jetzt auf den Weg zu unserem neuen Reiseziel gemacht: Die San Blas-Inseln vor Panama, wo wir die Kuna-Indianer besuchen und kennenlernen möchten. Doch zuvor steht heute erst einmal noch ein sehr wichtiges Rettungsmanöver, das PoB- (Person over Bord) Manöver, an. Nach einer Einweisung von Detlef auf dem Hauptdeck, wo jeder einer Station zugeteilt wird, zerstreuen sich alle wieder, nur die Fahrwache bleibt auf ihrem Platz auf dem Achterdeck. Doch schon wenige Minuten später schallt der erwartete Ruf: „Person über Bord“, gefolgt von einem Generalalarm (7 Mal kurz und einmal lang, das absolute Notsignal in der Seefahrt) über Deck. Hektische Betriebsamkeit herrscht, während jeder zügig nach unten geht, um sich seine Rettungsweste zu schnappen und sich an Deck wachweise aufzustellen. Das Ganze geht in weniger als zwei Minuten von statten. Trotzdem ist unser „Mann“, ein ganz gewöhnlicher Rettungsring, schon ein ganzes Stück abgetrieben.

Nun folgt ein Befehl auf den Anderen, das Rescue-Boot wird ins Wasser gelassen, und die Rettungscrew, mit Funkgeräten ausgerüstet, macht sich auf den Weg, das „Opfer“ zu bergen. Diese ganze Aktion spielt sich in wenigen Minuten ab. Beim Rettungsring lässt sich Emma, mit Überlebensanzug und Schwimmweste ausgerüstet, ins Wasser, damit das Rettungsteam üben kann, einen echten Menschen an Bord zu ziehen und zur Thor zu transportieren. Als sich alle wieder auf dem Schiff befinden, wird noch Plan B einer Rettungsmission ausprobiert. Paul, ebenfalls mit Überlebensanzug und Schwimmweste ausgerüstet, lässt sich von Bord ins Wasser gleiten. Diesmal kommt der so genannte „Springer“ ins Spiel, dessen Rolle Gero übernimmt. Mit Flossen, Schnorchel, Taucherbrille und Sicherungsseil ausgerüstet schwimmt er zu Paul. Die beiden erreichen ebenfalls sicher die Thor. Anschließend wird das ganze Manöver natürlich noch ausgewertet. Vom Moment an, wo der Rettungsring ins Wasser fiel, bis zu dem Moment, wo sich Emma wieder an Bord der Thor befand, hat es nur 11 Minuten gedauert. Eine gute Bilanz.

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