Datum: Donnerstag, der 12.03.2020
Mittagsposition: 33° 02,2‘ N; 062° 28,5‘W
Etmal: 120 sm
Wetter: Lufttemperatur: 22° C; Wassertemperatur: 20°C; Wind: SSE 2
Autor: Jere
Dass „Klassenzimmer unter Segeln“ nicht das einzige Segelschulprojekt ist, wussten wir schon vor der Reise. Aber als wir in Teneriffa ankamen, am Ende der ersten Etappe, lagen mit uns im Hafen gleich zwei weitere Schulschiffe: die „Thalassa“ und die „Roald Amundsen“. Dies sind genau wie die Thor Traditionssegelschiffe. Für Außenstehende genügt vielleicht dieses eine Merkmal, um die Schiffe miteinander zu vergleichen, allerdings gibt es deutlich größere Unterschiede zwischen den verschiedenen Schiffstypen als Rigg und Besegelung. Die „Thalassa“ aus den Niederlanden (was die Kommunikation erschwerte) hat beispielsweise an einem Mast fünf Rahsegel übereinander, von denen wir die Namen natürlich nicht kannten. Die Roald fährt lediglich mit zwei Masten und im Gegensatz zur Thor mit einem Holzdeck, welches einige neidische Blicke erntete. Es war wirklich sehr interessant, als Traditionssegelanfänger zu sehen, was es alles noch so gibt, wobei man doch schon mit der Segelführung eines einzelnen Schiffes genug zum Lernen hatte.
Mindestens genauso interessant wie ein Vergleich der Schiffe ist ein Vergleich der Projekte. Man konnte lange über Regeln, Normalitäten und absolute No-Gos sprechen.
Doch in Teneriffa waren wir eher zurückhaltender und auch wenn ich damals mit ein paar Leuten von verschiedenen Schiffen essen war, ging es meist nicht über einen Schiffsbesuch hinaus, wenn überhaupt. Ich persönlich fand das sehr schade, da ich es spannend finde, vor allem da „High Seas High School“, das Projekt der Roald ebenfalls aus Deutschland stammt. Die Frage nach dem Unterschied stellt sich nun einmal … ähnlicher Reiseverlauf, Traditionssegler, gleichaltrige jugendliche Crew…
Doch obwohl vieles in Teneriffa nicht geklärt wurde, blieben die Fragen letztendlich nicht unbeantwortet, denn in St. George‘s, auf Bermuda, lagen eben diese zwei Schiffe wieder im selben Hafen wie wir. Eventuell war es sogar besser einige Fragen erst jetzt zu stellen und zu beantworten, wenn wir im Seglerischen deutlich erfahrener sind und viele ähnliche und auch ganz verschiedene Dinge erlebt haben, über die wir sprechen können.
Zusätzlich lag auch noch die „Pelican of London“ neben uns. Diese beherbergt ebenfalls ein Segelschulprojekt mit Schülern aus weitestgehend deutschsprachigem Raum, allerdings mit englischsprachiger Stammbesatzung.
Diesmal waren wir auch irgendwie offener und gingen an einem Abend mit den Leuten von „High Seas High School“ an einen Strand und saßen dort mehrere Stunden gemeinsam, hörten Musik und unterhielten uns über Zuhause, die Reise und viele andere Dinge. Überall hörte man Fragen wie: „Wie ist das bei euch?“, „Gibt es bei euch auch…?“ oder „Habt ihr auch…?“. Teilweise kannten sich auch Leute innerhalb verschiedener Projekte, oder kamen aus der gleichen Stadt und kannten dieselben Leute oder hatten gemeinsame Freunde. Das war bei mir auch der Fall. Ohne, dass ich es wusste, fuhr ein Mädchen aus meiner Stadt, Potsdam, auf der „Pelican“, bei Oceans College mit. Sie ist auf einer Schule, wo auch einige meiner Freunde sind.
Jeder vertrat natürlich das eigene Projekt, allerdings gab es auch immer wieder mal ein: „Das ist ja cool!“ oder „Boah, voll schön, warum haben wir das nicht?“. Das war sowieso noch so eine Sache. Wir hatten schon viel von Rivalitäten unter den Projekten gehört. Einmal soll es sogar mit einem Fitnessbike im Klüvernetz geendet haben. Ich hatte bei uns allerdings keineswegs das Gefühl man müsse Angst um den eigenen Großmast haben, sondern fühlte eher ein Miteinander und ein gemütliches Austauschen. Zum Beispiel tauschten wir T-Shirts und Handynummern und wer weiß, vielleicht hat man den ein oder anderen nicht zum letzten Mal gesehen.
So ganz ohne Streich hat es dann aber doch nicht funktioniert. Die „Thalassa“ hat eine barbusige Galionsfigur. Und sie wird, wie wir rausgefunden hatten, nachts nicht bewacht. Wir schenkten ihr also einen BH für die Galionsfigur, und da niemand an Bord unseren kleinen Spaß bemerkt hatte, war dieser beim Auslaufen noch an Steuerbord an der Flaggleine gehisst.