Logbuch vom 12.3.2020

Detlef SoitzekMartin

Es ist Donnerstag, der 12. März 2020. Um 19 Uhr Bordzeit (22 Uhr UT) sind wir auf der Position 33°20‘N und 061°42‘W. Der Wind weht mit 2-3 Beaufort aus SSE, und wir laufen mit Maschinenunterstützung Kurs 070° und 5,5 Knoten. An Bord sind alle wohlauf.

Seit unserem Auslaufen aus Bermuda gestern um 15 Uhr Bordzeit genießen wir mit etwas gemischten Gefühlen das schöne Wetter. Zunächst einmal konnten wir das eher seltene Schauspiel eines springenden Buckelwals erleben, der unseren Kurs während der Zeit kreuzte, als zum Setzen aller Segel alle Crewmitglieder an Deck waren. Seitdem ist die See ruhig, nur eine sanfte Dünung bewegt das Schiff; es ist warm, der Himmel strahlend blau. Selbst nachts, bei hellem Mondschein, ist es angenehm. Kurz, das Wetter ist genauso, wie man sich das Azorenhoch vorstellt, und genau da kommen unsere gemischten Gefühle her. Ein stabiles Hoch über den Azoren, wie es sich jetzt etabliert, lässt wenig Hoffnung mit Blick auf günstigen Wind.

Gestern haben wir vor dem Auslaufen noch eine unserer regelmäßigen Sicherheitsübungen durchgeführt und einen Brand in der Last simuliert, bei dem wegen ebenfalls simulierter starker Rauchentwicklung die Atemschutzgeräte zum Einsatz kamen. Der „Brand“ konnte in kurzer Zeit gelöscht werden. Eine zweite Sicherheitsübung folgte am späten Nachmittag: wir warfen einen unserer Rettungsringe ins Wasser, um ein Person-über-Bord-Manöver zu üben, und hatten den Ring und die ebenfalls geworfene Markierungsboje mit dem eingesetzten Rescueboot in weniger als acht Minuten wieder an Bord. Bemerkenswert war, dass Bermuda Radio, in deren Radar- und AIS-Bereich wir uns noch befanden, sich sofort über Funk meldete, als sie die Kursänderung der Thor wahrnahmen. Mit einer solchen fürsorglichen Begleitung können wir für die restliche Strecke bis zu den Azoren nicht mehr rechnen.

Der Unterricht wird auf dieser Seestrecke morgen beginnen; bis zu den Azoren stehen neben den Pflichtfächern auch einige Referate, Vorträge und nicht zuletzt zwei Klausuren auf dem Programm. Wir sind in schulischer Hinsicht gut in unserem Plan und gehen davon aus, den regulären Unterricht planmäßig bis zum Einlaufen auf den Azoren abschließen zu können. Das Einlaufen in Horta ist für den 27. März geplant, vorausgesetzt, das Azorenhoch schickt uns keine allzu widrigen Winde.

Bis Horta sind es noch 1640 sm.

Dr. Martin Goerke, Projektleitung an Bord, und Detlef Soitzek, Kapitän

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