Die Backbilge

Titus

Datum: 20.11.2018
Mittagsposition: 20° 08,1´ N 032° 28,9´ W
Etmal: 113 nm
Wetter: Lufttemperatur: 27 °C, Wassertemperatur: 26 °C, NE3
Autor: Titus

Überall Wasser – und jeden Tag wird es wärmer. Trotz des weiten Atlantiks besteht keine Möglichkeit zu baden. In der stündlichen Wetterrunde misst die Fahrwache nicht nur die stetig steigende Luft-, sondern auch die mittlerweile angenehm gewordene Wassertemperatur. Mit der Salzwasserdusche wurde der erste Schritt gegangen. Doch ganz klar: Wir brauchen mehr Erfrischung, einen Pool!

Wir sind bei weitem nicht der erste Jahrgang mit diesem Konstrukt und schon beim Lesen der Blogeinträge vergangenen Jahres fragte ich mich: Wo und wie soll auf die Thor ein Pool passen? Auch als ich im letzten Monat mein jetziges Zuhause zum ersten Mal betrat, blieb ich ratlos. Doch tatsächlich finden sich auf dem Vordeck neben Trimm-Dich-Fahrrad und Ankerspill noch ungefähr zwei Quadratmeter für unsere Rettung vor den heißen Sonnenstrahlen.

Das Becken entstand schon am Sonntagmorgen, als unser Bootsmann Laurent und seine freiwillige Helferin Emilia sich an den Aufbau machten. Um 7.30 wurden aus unseren Vorleinen der Boden und Sitzbänke an den Rändern. Fünf Paletten, wie so vieles auf der Thor mit einem Spanngurt festgemacht, bilden die Wände. Mit einer Plane bedeckt war der Pool schon fast badebereit, es fehlte nur noch das Wasser.

Am Montag war es dann soweit: Beim Mittagessen wurde die große Pooleröffnung zum Nachmittagskaffee angekündigt. Bis dahin musste natürlich noch ein Name gefunden werden. Auf dem Hauptdeck wurde ein Whiteboard für Namensvorschläge platziert und direkt daneben die Wahlurne in Form eines leeren Marmeladenglases. Bis kurz vor drei Uhr hatte jeder die Möglichkeit, sich für seinen Favoriten zu entscheiden. Pünktlich um 15 Uhr servierte die Backschaft einen super-leckeren Schoko-Bananen-Kuchen, danach kamen alle zum Pool, um seiner Taufe beizuwohnen. Zeitgleich füllten die täglichen Poolbeauftragten, an diesem Montag waren es Katharina (Kasia) und ich, das Becken mit Seewasser.
Allerdings ist das Wasser nicht so schön blau wie um uns herum, sondern lediglich klar – aber der Pool ist natürlich auch längst nicht so tief wie der Atlantik.

Als alle auf dem Vordeck versammelt waren, begann die Einweihung mit der Verkündung des Wahlergebnisses. Von den endgültigen circa zehn Namensvorschlägen, welche hauptsächlich aus Wortwitzen und Insidern bestanden, bekamen die folgenden die meisten Stimmen: Viel Zustimmung fand der Name „Schwappi“, welcher für ein Wasserbehältnis auf einem ständig schwankenden Grund natürlich sehr passend ist. Besonders beliebt war auch die Idee „Grünlichtmilieu“. Der Name spielt keineswegs auf schmutzige Geschäfte oder schmutziges Wasser an, sondern auf die nächtliche Beleuchtung an unserer Steuerbordseite. Mit einer Lampe am Heck und dem an Backbordseite brennenden roten Licht kann unsere Fahrtrichtung von anderen Schiffen auch bei Nacht nachvollzogen werden. Gesiegt hat allerdings der liebevolle Name „Backbilge“. „Back“ ist ein anderer Name fürs Vordeck und „Bilge“ bezeichnet eigentlich den Kielraum zwischen Boden und Schiffsrumpf. Dieser muss bei der stündlichen „Sicherheitsronde“ an mehren Stellen im Schiff auf Leckwasser geprüft werden. Bei dem Volumen an Wasser in der „Backbilge“ kann man wohl auf ein ziemlich großes Leck schließen. Nach einer kurzen Einweisung in die „Baderegeln“ – springen vom Beckenrand ist auch hier leider verboten – wurde der Badebetrieb eröffnet.

Es gab sofort mehrere Freiwillige und ein Fassungsvermögen von zehn Badegästen auf einmal konnte schon verzeichnet werden. Aber bei der Beliebtheit, die ich in den letzten Tagen sowohl bei uns Schülern als auch beim Stamm bemerken konnte, kann bei den weiter steigenden Temperaturen auf unserer fortschreitenden Reise auch bestimmt die Benutzerkapazität um einiges gesteigert werden.
Baden AUF dem Atlantik IN einem Atlantik(wasser)pool. Klingt vielleicht im ersten Moment etwas komisch, doch bekommt von uns auf jeden Fall fünf Sterne.

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