Datum: 11.04.2019
Autorin: Clara
Mitten in der Nacht, drei Menschen stehen dicht gedrängt um ein langes Seil. „Hol durch am Klaufall“, kommt es vom Achterdeck und umso mehr wird daran gezogen und gezerrt, was das Zeug hält. Aber was ist so ein Klaufall denn überhaupt?
Erst mal zum Namen: Klaufall. Mit Klauen hat es auf den ersten Blick nichts zu tun – und Fall? Dazu muss man die Segelsprache beherrschen, denn ein Fall ist das Seil, (fachsprachlich ein „Tampen“), das zum Setzen des Segels notwendig ist. Das Fall ist der Gegenspieler des Niederholers, der dafür da ist, das Segel wieder nach unten zu holen. Und „Fall“ hat tatsächlich noch eine Bedeutung, denn das Ziehen wird unter Seglern als „Durchholen“ und „Einfallen“ bezeichnet. Für diesen Prozess werden mehrere Menschen benötigt. Einer ist für das Sichern des Tampenendes zuständig und mindestens zwei zum Einfallen am Tampen selbst. Meist werden es im Laufe der Zeit aber immer mehr und besonders auf den letzten Metern werden meist acht kräftige Hände zum Ziehen gebraucht.
Das Klaufall besteht aus dickem, geschlagenen Tampen, der aus dichten Kunstfasern hergestellt wird. Das Klaufall des Besans zum Beispiel, ist ziemlich lang, was einem spätestens beim Kommando „klar Deck“ auffällt. So nennt man das Aufräumen, bei dem der Tampen im Uhrzeigersinn in Kreise gelegt wird. Denn dort muss dieser ca. 75 m lange Tampen möglichst gleichmäßig „aufgeschossen“ werden (fachsprachlich für das ordentliche Verstauen als aufgehängter Coil an der Nagelbank).
Die Klau selbst ist der gabelförmige Beschlag an der Gaffel. Sie verbindet die Gaffel so mit dem Mast, dass diese trotzdem noch schwenk- und verschiebungsfähig bleibt. Bildlich kann man sich die Klau am besten wie die kleine, gelbe Hand eines Legomännchens vorstellen. Wie ein U geht sie um den Mast herum und hebt und senkt an der Gaffel das passende Gaffelsegel. Dort ist auch das Klaufall angeschlagen. Direkt vorne an der Gaffel, sowie oben an der Saling, ist jeweils ein Block befestigt, durch den der Tampen verläuft. Wer das Prinzip des Flaschenzugs kennt, wird auch verstehen, warum das Klaufall eigentlich so lang ist. Denn durch diese zwei Blöcke geht es drei Mal hindurch, um die Kraft zu verteilen.
Trotzdem ist das Durchholen auch mit mehreren eine anstrengende Sache und besonders im Vergleich zum Piekfall braucht es doch ein wenig mehr, die Gaffel zu heben. Das Piekfall, das auf der Steuerbordseite auf der Nagelbank zu finden ist, ist zum Anheben der Piek da, das ist die Spitze der Gaffel. Aber aufgrund der unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade der Falle entsteht meist ein richtiges Battle der beiden Seiten beim Setzen des Segels. Für das Piekfall kommt meist die Ansage, etwas langsamer durchzuholen, während Pause für das Klaufall ein richtiges Lob ist. So macht das Segelsetzen gleich viel mehr Spaß und das anstrengende Durchholen geht schnell vorüber.
So ist es eigentlich mit vielen Dingen bei uns im Bordalltag. Auch Dinge, die auf den ersten Blick nicht so verlockend klingen, wie das tägliche Putzen oder das Abspülen von 50 Tellern per Hand, können mit der richtigen Herangehensweise viel besser werden als erwartet. Denn wenn man positiv an die Sache herangeht und sich freut, ein neues Segel zu setzen, dann klappt es viel einfacher als im Voraus über die Anstrengung zu jammern. Auch die Vorfreude auf sauberes Geschirr sowie gute Stimmung in der Backschaft lassen die Spülzeit viel schneller vergehen.
Das Klaufall ist eigentlich ein ständiger Begleiter bei uns an Bord. Denn da es gleich an drei Segeln vertreten ist, wird es oft bei der Wache in die Hand genommen. Aber auch generell kommt es bei der Arbeit mit Segeln oft zum Einsatz. Besonders bei starken Wind, wenn es zum Reffen des Segels kommt, muss auch das Klaufall besetzt werden. Somit gehört das Klaufall mit unseren anderen, über 100 Tampen zum täglichen Wachbetrieb und ist ein treuer Begleiter bei uns an Bord.