Datum: 18.04.2019
Autor: Bene
Tritt man durch das Schott unserer Kombüse, können einem viele interessante Dinge auffallen. Eine Sache, welche einem aber meistens nicht auffällt, vor allem, wenn man sich schon einige Zeit an Bord aufhält, ist die sogenannte Wühlkiste, deren organisierte Unordentlichkeit sie einerseits tarnt und andererseits durchaus interessant macht.
Eigentlich ist die Wühlkiste nichts weiter als eine rote Kiste, vierzig mal sechzig mal zwanzig Zentimeter groß und aus Hartplastik, wie wir sie an Bord für den Proviant in Massen besitzen. Eine Besonderheit an dieser Kiste ist jedoch, dass sie sich, anders als ihre Verwandten, welche sehr häufig den Lagerplatz wechseln, immer an ihrem Stammplatz befindet. Dieser ist, wenn man in die Kombüse kommt, direkt hinter der Tür auf der rechten Seite; ein Ablageplatz gebildet durch die Kühlaggregate unseres Kombüsenkühlschranks.
Nun müsste an dieser Stelle wahrscheinlich beschrieben werden, was sich in der Wühlkiste befindet. Doch das ist nie wirklich hervorzusagen. Bei jedem genaueren Blick in die Kiste wird der Beobachter überrascht sein, was er dort findet. Ein paar Dinge haben jedoch schon eine relativ hohe Aufenthaltswahrscheinlichkeit. So sind zum Beispiel sehr unterschiedliche MP3-Player aller möglichen Schüler in der Kiste, egal ob die Schüler in der aktuellen Backschaft sind oder die letzte Backschaft vor über einer Woche hatten und ihren MP3-Player seitdem nicht vermisst haben. Gerade solche „Überraschungs“-MP3-Player können in der Kombüse durch musikalische Abwechslung die Stimmung deutlich heben. Auch oft anzutreffen sind verschiedenste Flaschen mit Öl, Essig oder anderen, teils nicht mehr definierbaren Substanzen, die zwar eigentlich einen eigenen Platz haben, aber im Stress in die Wühlkiste geraten. Termporär anzufinden ist daneben, immer die ersten Tage auf See, eine Packung Zwieback für Seekranke, eine Kakao-Packung für Getränke während Schülerversammlungen und manchmal sogar noch angefangene Snack-Tüten, Herkunft und Zweck unbekannt. Das waren zwar nur ein paar zufällig ausgewählte Beispiele, aber ich denke, sie beschreiben ganz gut das breite Spektrum an Dingen, die in der Wühlkiste zusammenleben. Zum Glück gibt es einmal die Woche für die Backschaft die Spezialaufgabe, die Wühlkiste aufzuräumen und Dinge, die eigentlich an anderen Orten lagern sollten, an den entsprechenden Ort zu bringen.
Fast genau so schwierig, wie den Inhalt der Wühlkiste zu erklären, ist es, die Bedeutung dieser speziellen Backschaftshilfe für Menschen zu erklären, die sie nicht kennen. Eigentlich nur als zwischenzeitliche Ablage konzipiert, könnte man meinen, es sei auch nicht weiter schwierig, sie wegzulassen. Manch einer wird denken, die Wühlkiste sei vernachlässigbar, vielleicht sogar eine Platzverschwendung. Tatsächlich wird einem, während man im Arbeitsrhythmus in der Kombüse hin- und herläuft, wahrscheinlich nur selten bewusst, wie sehr man an die Wühlkiste gebunden ist. Um über die Beziehung Backschaftler – Wühlkiste etwas mehr herauszufinden, folgen hier einige interessante Antworten von Helen über verschiedene Aspekte der Wühlkiste.
Frage: Was ist deine erste Assoziation, wenn du an unsere Wühlkiste denkst?
Helen: Ich denke zuerst an einen Olivenölkanister, den ich in meiner letzten Backschaft sehr häufig beim Anbraten von Tofu gebraucht habe und zu diesem Zweck einige Male aus der Kiste herausgeholt habe.
Frage: Bist du der Meinung, die Wühlkiste hat eine wichtige Rolle?
Helen: Ich glaube, sie ist auf jeden Fall wichtiger, als man denkt, weil sie alle Standard-Zutaten, die man zum Kochen benötigt, an einem Ort vereint.
Frage: Was ist der absurdeste Gegenstand, den du je in der Wühlkiste gefunden hast?
Helen: Einmal habe ich einen Rest Plätzchen-Teig vom Vortag gefunden, den wir in der Backschaft in einer Pause geteilt und gegessen haben. Das war sehr lecker, aber doch auch sehr überraschend.
Ich denke, diese Antworten verdeutlichen noch einmal die gleichzeitige Absurdität und Genialität einer Erfindung, welche der Backschaft das Leben um einiges erleichtert. Die Wühlkiste ist eine Einrichtung, die bei genauerer Betrachtung gut aufzeigt, wie es ist, mit so vielen Menschen auf engem Raum zu leben. Wenn jeder auch nur eine Sache hineinlegt, ist die Kiste sehr schnell überfüllt und die Masse an unterschiedlichen Dingen, die „nur mal kurz abgelegt“ werden, sorgen für eine sehr große Vielfältigkeit, die zwar interessant ist, aber trotzdem regelmäßig bearbeitet werden sollte,