Unser Leben bei den Naso – Eine andere Welt

KatharinaPaul

Autoren: Paul und Katharina

Mitten im Urwald von Panama, an der Grenze zu Costa Rica, leben um die 1800 Ureinwohner mit dem Stammesnamen „Naso“. Durch tausende Quadratkilometer Wald getrennt vom Rest der Welt siedeln sie an dem Fluss Teribe, der sich entlang der Dörfer durch Mittelamerika seinen Weg gebahnt hat. Diese Einheimischen haben wir KUSis besucht und davon, was wir gesehen haben und wie sie leben, werden Kathi und ich, Paul, euch nun berichten.

Als wir mit dem Bus zu dem Dorf Bonyic der Naso in der Region Bocas del Toro fuhren, wurde die Straße immer bröckeliger und war teilweise gar nicht mehr vorhanden. Links und rechts war der Weg vom panamaischen Urwald gesäumt. Kurz vor El Silencio, dem letzten Fleck Zivilisation vor den Naso, wurde dann eine riesige Chiquita Bananenplantage sichtbar, für die vermutlich Hektarweise Regenwald gerodet worden ist. In El Silencio selbst gibt es einen Supermarkt, ein Krankenhaus und ein paar kleine Häuser. Von dort aus ging es weiter mit dem Bus in den Urwald, an einer weiteren Bananenplantage vorbei, zu unserem Zielort, dem Dorf der Naso. Nachdem wir endlich angekommen waren, sah alles aus wie von einem anderen Planeten. Die Mischung aus auf Holzpfählen stehenden Hütten mit Blätterdach und festen Häusern mit Böden aus weißen Fliesen und mit Fernseher ausgestattet sowie ein Fußballplatz, bei dem man Angst davor haben muss, auf eine sieben Meter lange Boa Constrictor zu treffen, der aber dennoch Tore aus Stahl hat, sieht aus wie in einem Film, in dem zwei Welten miteinander vermischt worden sind. Aber genau dieses Bild ist in vielen Dörfern der Fall, da dort alte Traditionen auf europäische Kolonialisten und auf amerikanische Investitionen gestoßen sind.

Generell muss man über die Naso-Indianer wissen, dass sie von drei Königen regiert werden, welche aus dem Geschlecht der Santana-Familie stammen. Sie leben alle in einem Dorf, das wir auch besucht haben, und sind eine riesige Großfamilie, weshalb es kein Problem für sie ist, immer, wenn ein neuer König benötigt wird, fünf Kandidaten für die Wahl des Königs zu stellen. Dass die Naso ihren König wählen, liegt daran, dass der König aus dem Jahre 2008 beschlossen hatte, einem Staudamm-Projekt am Teribe hinter dem Rücken des Stammes zuzustimmen. Danach wurden mehrere Hektar Land mit Urwald und Dörfern geflutet, weshalb viele Naso unzufrieden waren und sie beschlossen, ihren König nun durch Wahl zu bestimmen. Doch das Wasserkraftwerk brachte nicht nur Probleme, sondern auch 8 Jahre Arbeit für die Naso und eine Straße zu dem Dorf, das wir besucht haben. Andernfalls wären wir nur mit Einbäumen zu dem Dorf gekommen und nicht mit dem Bus. Durch das Projekt sind die Ureinwohner aber auch mit der modernen Welt in Kontakt getreten und können nun mit dem Tourismus Geld verdienen, um damit ihre alten Traditionen am Leben zu erhalten. Strom können oder dürfen die Indianer jedoch nicht von dem Kraftwerk beziehen, das einige ihrer Dörfer zerstört hat.

Die Kombüse ist ein traditionelles Holzhaus und auf Stelzen gebaut. In der Mitte des Raumes lodert auf einem Podest ein Feuer, über dem ein Topf befestigt ist, in dem unser Abendessen in Form von Yucca und Fischköpfen gebrodelt hat. Auch sonst gab es eher außergewöhnliches Essen, da jeden Tag entweder Yucca oder Linsen auf den Essenstisch kamen. Für ein paar KUSis war es experimentell, aber auch lecker und für die anderen einen Tick zu gewöhnungsbedürftig. Mir, Paul, persönlich war zumindest die Flut von Yucca am Morgen, Mittag und Abend einfach zu viel. Serviert wurde das Essen in ausgehöhlten Kalebassen (nicht essbaren Kürbissen) und die Getränke, oftmals eine nicht definierbare flüssige Masse, wurden in abgesägte Bambusstücke gefüllt, die als Becher fungierten. Satt wurden wir trotzdem alle, und wenn es an den Keksen lag, die man abends vernascht hat.

Wo ihr jetzt ja schon Einiges über die Geschichte und Besonderheiten der Naso Indianer wisst, möchte ich euch noch einen kleinen virtuellen Rundgang durch das Dorf, in dem wir gewohnt haben, geben: Ein schmaler holperiger Feldweg, auf welchen gerade so ein Bus passt, führt zu dem Dorf mitten im Regenwald. Der Weg wirkt auf den ersten Blick zivilisiert, doch sobald man weiß, dass er nur aufgrund des naheliegenden Wasserkraftwerks gebaut wurde, ändert sich diese Meinung. Das erste Haus, welches man sieht, ist ein auf Pfählen stehendes Holzhaus mit einem Strohdach. Innendrin ist eine geräumige, offene Gemeinschaftsküche mit einem Holzfeuer als „Herd“ in der Mitte. Direkt nebenan ist ein türkises Häuschen, welches mit einer langen Tafel als Esszimmer dient. Ein schmaler geteerter Fußweg führt weiter bergauf zu den Familienhäusern der Nasos. Wir waren aufgeteilt in die unterschiedlichsten Häuser und schliefen meist in der oberen Etage in Doppelzimmern. Der Großteil der Häuser erinnert an die Pfahlbauten in Uhldingen-Mühlhofen. Das heißt, es sind minimalistische Holzhütten auf Stelzen mit einem flachen Wellblechdach als Schutz vor dem häufigen Regen. Überall hingen Hängematten und sonst bewohnten wir normale Betten. Selbst wenn viele Tiere, wie Kakerlaken, Holzwürmer und Skorpione in Schlafnähe lauerten, schlief es sich mit frischem Holzgeruch in der Nase und zischendem Wind in den Ohren erstaunlich gut.

Neben Schlafen und Essen müssen aber auch andere menschliche Bedürfnisse erfüllt werden. Jede Toilette war anders, aber viele befanden sich in kleinen dunklen Holzhütten und sehen aus wie Kinderplastiktoiletten aus dem Kindergarten. Selbst wenn Wassereimer als Spülung dienen, fühlten wir uns nicht unwohl. Ein weiteres Bedürfnis der KUSis war es, sich endlich wieder zu bewegen. Es passte super, dass das Dorf eine riesige Wiese mit Fußballtoren hatte. So musste man sich nur noch entscheiden, ob man auf die Stahltore oder die selbstgebauten Bambustore zielte. Am letzten Abend hatten wir die Möglichkeit, unsere Fußballbegeisterung zu beweisen und spielten auf dem vom Regen aufgewühlten Fußballfeld ein Match gegen die Nasos, jeweils Jungs gegen Jungs und Mädchen gegen Mädchen. Nur die KUS Mädchen haben gewonnen, doch beide Teams hatten einen Höllen Spaß und tobten sich zuletzt bei der Schlammschlacht noch komplett aus.

PS: Ich wünsche meiner Schwester Amelie alles erdenklich Gute zum Geburtstag. Hab einen wunderschönen Tag, ich denke ganz fest an dich!

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