Was macht eigentlich der Segelstamm?

hennesDatum: Mittwoch, der 26.11.2014
Mittagsposition: 15°32,9′ N; 027°53,8′ W
Etmal: 117 sm
Wetter: Lufttemperatur: 26,5° C, Wassertemperatur: 26,5°C, Wind: ENE 5
Autor: Hennes

Nach einigen Berichten aus Sicht der Jugendlichen habe ich mir gedacht, es sei zur Abwechslung interessant, einen Tag aus Sicht eines Segelstammmitgliedes zu begleiten: „Guten Morgen, Hennes“, höre ich leise in meiner Hängematte auf dem Vorschiff schaukelnd, „es ist zwanzig vor zwei, Du hast gleich Wache. Ich muss Dir ja wohl nicht erzählen, welches Wetter wir draußen haben. Kannst Du bitte Deine Kojenlampe anmachen?“, werde ich provokant lächelnd gefragt. Etwas verwirrt, aber zumindest wach und mich über die Weckfrage freuend, komme ich zum Achterdeck.

Was machen wir „reinen Segler“ den ganzen Tag? Neben der Tag und Nachtwache und dem täglichen Reinschiff mit den Jugendlichen sind für uns noch zwei Stunden Schiffsarbeiten vorgesehen, damit der Rumpf nicht durchrostet, das Holz nicht verrottet und die Segel und das restliche Rigg in Stand gehalten werden. Zusätzlich zu den Werftzeiten und den Schiffsarbeiten während der Landaufenthalte klingt das viel, ist aber trotzdem nur das allernötigste. Zum Ende wird man mit den Instandhaltungsarbeiten wohl nie kommen. Riggarbeiten und Segelnähen in zwanzig Meter Höhe mitten auf dem Atlantik sind natürlich sehr beliebt, Bilgen und Maschinenraum entrosten und malen bei 30°C schwitzend natürlich weniger. Wir versuchen immer durchzutauschen, so dass jedes Mitglied des Segelstammes auf seine oder ihre Kosten kommen kann.

Während der Wache ist unsere besondere Aufgabe die sichere Führung des Schiffes, so dass alle anderen beruhigt schlafen, essen oder sonstiges machen können, ohne sich Gedanken um den Schiffsbetrieb machen zu müssen. So standen heute in der Nacht – ich bin in der Wache von 2 bis 5 Uhr – Kurskorrekturen wegen veränderten Wind- und Strömungsbedingungen an, wir mussten verschiedene Tampen durchsetzen und umlegen, damit bei Wind und Dünung möglichst nichts verschleißt. Ansonsten sind wir Segler dafür verantwortlich, dass alle Aufgaben verantwortungsvoll und korrekt ausgeführt werden und die Wachmitglieder motiviert bleiben und weiter nautisch ausgebildet werden. Die heutige Wache beispielsweise war sehr entspannt und endete nach einer langen und lustigen Wachnachbesprechung im Pool mit Wassermassagen aus dem Strahlrohr. Die Sonne ging dabei um ca. 6 Uhr auf und ich beschloss, meine Schiffsarbeiten direkt am Morgen fertig zu machen, ohne noch einmal ins Bett zu gehen. Für die Überfahrt mit achterlichen Winden hatten wir bereits die beiden Skysegel und ein altes Gaffelsegel im Lee der Breitfock angeschlagen, um (hoffentlich) ein paar Tage früher in der Karibik anzukommen. Als verspielter Bastler war mir das aber noch nicht genug und ich schlug mit Alex am Morgen noch ein altes Großtopsegel an, welches unter dem Baum des Schoners vom Schonermast bis zum Achterdeck gespannt wird. Das Segel steht sehr sauber und deutlich besser, als wir es uns vorgestellt hatten. Für einen Erstversuch ohne jegliche Vorerfahrung ein voller Erfolg, was bestimmt einen halben Tag schneller in der Karibik oder eine Nacht länger ohne Motor bei Flaute bedeutet.

Da die Stammmitglieder jeden Tag Wache gehen und so im Gegensatz zu den Schülern die astronomische Navigation nicht im normalen Unterricht mitmachen können, trafen wir uns an diesem Tag vormittags mit Ruth, die uns eine erste Einführung in die Grundlagen gab. Die Tagwache war wiederum sehr entspannt, wir konnten während der Wachzeit ein frisch genähtes Segel setzen, was bei dem wieder leicht querab einfallenden Wind wieder gut stand. Außerdem erledigten wir ein paar weitere Arbeiten im Rigg, worüber sich alle Jugendlichen immer sehr freuen. Auch die Tagwache musste traditionsgemäß mit einer Nachbesprechung im Pool enden. Den Abend verbringen wir häufig – so auch heute – beim Basteln in der Last. Auch der heutige Tag endete mit Quatschen in der Hängematte bis in den späten Abend hinein.

PS.: Alles Liebe und Gute zum Geburtstag, Papa! Ich hoffe, du hattest einen schönen Tag!

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