„Mann über Bord!“

schueler.emiliaDatum: Dienstag, der 22.12.2015
Mittagsposition: 12° 06,2′ N; 061° 50,6′ W
Etmal: 0 sm
Wetter: Lufttemperatur: 28,5° C, Wassertemperatur: 27,5°C, Wind: E4
Autorin: Emilia

Heute sind wir aus Grenada ausgelaufen und steuern mit Kurs 290° die Küste von Panama an.
Der Tag begann mit dem ‚allgemeinen Wecken‘ um 7 Uhr, da vor dem an Bord nehmen des Lotsen noch einiges zu erledigen war. Wie vor jedem Ablegemanöver stand, vor dem Verlassen des Hafens, ‚Großreinschiff‘ und das damit verbundene Aufräumen der eigenen Kammer an. Anschließend bekamen wir noch ein Referat über „English as world language“ von Stefan vorgetragen und nun wurde das Ablegemanöver besprochen. Neben dem Setzen der Segel und dem Seeklar machen des Schiffes sollte nach dem Mittagessen auf See das sogenannte ‚POB-Manöver‘ gefahren werden.
Das Person-over-Board-Manöver muss natürlich gut strukturiert sein, da im Ernstfall schnell und überlegt gehandelt werden muss. Damit jeder weiß was zu tun ist und wo er anpacken muss, wurde das Ganze heute trainiert. Zuerst sind wir die Vorgehensweise durchgegangen und haben in einer einstündigen Besprechung die Planung des Manövers vorgenommen.

Der Ablaufplan eine über Bord gegangene Person zu bergen ist wie folgt. Als erstes müssen ein oder mehrere Rettungsringe und die sogenannte ‚POB-Boje‘ (Person-over-Board-Boje) über Bord gegeben und der im Wasser treibende im Auge behalten werden. Anschließend folgt der Generalalarm und das Aussetzen des Rescueboates um die zu rettende Person mit dessen Hilfe zu bergen und zurück ans Schiff zu bringen. Falls dies jedoch nicht möglich ist, weil zum Beispiel der Wellengang zu extrem ist oder das Rescueboat nicht zügig genug einsatzbereit ist, kommt der ‚Springer‘ zum Einsatz. Der Springer ist eine geübte Person und Rettungsschwimmer vom Stamm, der im Ernstfall – mit Überlebensanzug und ABC-Schnorchelausrüstung ausgestattet, angeleint ins Wasser geht um die über Bord gegangene Person zu bergen.
Für unsere Übung hatte Michael sich bereit erklärt diese Aufgabe zu übernehmen. Natürlich durfte zum Vervollständigen des Manövers auch nicht die ‚Person über Bord‘ fehlen. Durch eine Verlosung wurde ein Interessierter für diesen Posten ausgewählt.
Im folgenden Interview berichtet er von diesem außergewöhnlichen Erlebnis und erzählt wie es für ihn war.

Warum hast du dich freiwillig dafür gemeldet der ‚Mann über Bord‘ im POB-Manöver zu sein?
Ich fand es interessant die Möglichkeit zu bekommen, mich in die Situation eines Überbordgegangenen zu versetzten, außerdem bin ich als Rettungsschwimmer tätig und habe mich deshalb in der Lage gesehen diese Aufgabe zu bewältigen.
Wie sah die Vorbereitung zum über Bord gehen für dich aus?
Große Vorbereitungen gab es nicht. Ich musste nur den neonorangen Überlebensanzug überziehen, welchen man im Ernstfall natürlich nicht trägt.
Hattest du Angst, es könnte etwas schief gehen?
Zu Beginn habe ich mir schon Gedanken gemacht es könnte etwas passieren, aber letztendlich hatte ich vollstes Vertrauen in unser Team.
Wie ist das Manöver bis zum Aussetzten aus deiner Sicht abgelaufen?
Nachdem ich den schon erwähnten Überlebensanzug angezogen hatte, sollte ich auch schon sofort in das bereits ausgesetzte Rescueboat einsteigen, was durch den Seegang erheblich erschwert wurde. Anschließend sind wir mit dem Boot rausgefahren und als der Befehl von der Brücke kam, bin ich in Schiffsnähe ins Wasser gesprungen.
Wie wurdest du von unserem ‚Springer‘ ‚gerettet‘ und anschließend von dem Rest der Mannschaft an Bord geholt?
Kurz nachdem ich ausgesetzt wurde, kam der Springer auch schon angeschwommen, der mich zunächst fragte, ob es mir gut ginge und mir erklärte wie das weitere Bergen ablaufen würde.
Er legte mir einen Gurt um, mit welchem ich dann wieder an Bord gezogen wurde.
Insgesamt verlief das Bergungsmanöver nahezu reibungslos und war eine einmalige Erfahrung.
Warst du erleichtert, als du wieder an Bord der Thor warst?
Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass es für mich hätte langer dauern dürfen, trotzdem war es schön aus der Position des zu Rettenden wieder raus zu sein. Es hat mir echt Spaß gemacht.

Auch ich kann sagen, dass der Geborgene eine guter ‚Person über Bord‘ war und wir, dank der Übung nun gewappnet für den – hoffentlich nicht eintretenden – Ernstfall sind.

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